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Kulturbetrieb spürt Auswirkungen der Inflation

Das Bild zeigt einen leeren Saal und die Leinwand des Butzbacher Filmtheaters.

Die Inflation befindet sich auf Rekordniveau. Das hat auch Auswirkungen auf die Kulturbranche. Veranstalter sehen sich gezwungen, Ticketpreise zu erhöhen und blicken wegen der steigenden Energiekosten angespannt Richtung Winter. 

Eigentlich sind Franziska Schneider und ihr Mann Sascha begeisterte "World Club Dome"-Gänger. Vor fünf Jahren waren sie zum ersten Mal bei dem Elektro-Festival, um DJ-Größen wie David Guetta und Steve Aoki im Frankfurter Waldstadion zu erleben. Seitdem sind sie jeden Sommer im "größten Club der Welt" dabei gewesen, auch beim Corona-Comeback in diesem Jahr.  

Ob sie auch 2023 mitfeiern können, ist unklar: Für die nächsten Festivals hat der Veranstalter die Preise angezogen. Im Frühbucher-Tarif kosteten drei Tage Abfeiern in Frankfurt nun rund 55 Euro - und damit gut zehn Euro mehr als zuletzt - pro Tag.

"Das ist uns zu viel", sagt die Rechtsanwaltsfachangestellte aus Butzbach. Neben den Ticketpreisen müsse schließlich auch immer noch die Verpflegung vor Ort bezahlt werden. "Da muss man sich zu zweit dann fast schon zwischen Festivalbesuch und Sommerurlaub entscheiden."  

"Wir spüren massive Auswirkungen" 

Steigende Energie- und Stromkosten und nicht zuletzt die Nachwirkungen der Corona-Pandemie zwingen derzeit viele Kulturveranstalter dazu, ihre Ticketpreise anzuheben. Auch Jo Megow und seine Mit-Organisatoren vom "Sound of the Forest" mussten das in diesem Jahr tun. Seit 2009 findet das Indie-Festival am idyllischen Marbach-Stausee bei Oberzent (Odenwald) statt, wegen Corona musste es zuletzt aussetzen. Nun sind die Veranstalter heiß darauf, wieder loszulegen - trotz der herrschenden Krise.  

Das Bild ist eine Nachtaufnahme des Sound of the Forest Festivals 2019 und zeigt eine beleuchtete Bühne sowie eine Menschenmenge davor.

Die Inflation habe aber massive Auswirkungen auf das Festival, berichtet Megow. 50 Prozent mehr hätten sie im Vergleich zur letzten Ausgabe 2019 für Personalkosten ausgeben müssen, gut 30 Prozent teurer seien ihre Elektronik-Ausgaben, etwa für Lichttechnik und Nebelmaschinen.

"Wir sind froh, überhaupt eine Bühne hinstellen zu können", sagt Megow. Bauzäune, Traversen, Gerüste - alles sei schwerer zu bekommen und durch die gestiegenen Aluminium- und Stahlpreise auch um einiges teurer. Die naheliegende Lösung für die Organisatoren: die Ticketpreise zu erhöhen - auch wenn das vielleicht nicht jeder Besuchende mitgehen kann. 

Mit dickem Pullover und Kohle-Briketts ins Kino? 

Zumindest müssen sich die Festival-Organisatoren keine Sorgen um gestiegene Heizkosten machen: Der Wetterbericht verspricht warme Temperaturen für das erste August-Wochenende, an dem das Corona-Comeback geplant ist.

Vom sommerlichen Wetter profitiert auch Kino-Betreiber Ralf Bartel: Aktuell zeigt sein Filmtheater in Butzbach (Wetterau) die neuesten Blockbuster draußen. Wer "open air" abends friert, bringt einfach einen Pullover mit.

Wenn es nach Bartel geht, soll man auch beim Indoor-Kinobesuch im Winter nicht mehr als den benötigen. "Ich habe schon überlegt, eine Spendenbox für die Heizkosten aufzustellen", sagt er mit dem Galgenhumor eines krisenerprobten Kino-Betreibers. "Oder die Leute bringen wie in Kriegsjahren ihre Briketts zum Heizen mit." 

Das Bild zeigt einen Mann mit gelbem T-Shirt und grauem Zopf, der vor einer Open-Air-Kinoleinwand in einem Burginnenhof steht. Hinter dem Mann sind mehrere Reihen weißer Plastikstühle aufgebaut.

Bevor seine Gäste beim Filmschauen frieren, überdenkt Bartel lieber seine Öffnungszeiten. In einem Ort von der Größe Butzbachs müsse man sich gut überlegen, ob man an den Wochentagen "für doch überschaubare Besucherzahlen so einen großen Kasten aufheizt". Sein Kino nur am Wochenende zu bespielen, sei zwar schade - vielleicht aber die einzige Möglichkeit, über den Winter zu kommen.   

Frankfurter Museen haben Öffnungszeiten bereits reduziert  

An dieser Stellschraube haben die städtischen Kultureinrichtungen in Frankfurt bereits im April dieses Jahres gedreht und ihre Öffnungszeiten um bis zu neun Stunden in der Woche - das kommt einem zusätzlichen Schließtag gleich - gekürzt.

So soll einerseits auf die wegen der Pandemie angespannte Haushaltslage reagiert werden, andererseits möchte man damit Energiekosten einsparen. Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) sprach von einer "sehr schmerzhaften", aber vorübergehenden Maßnahme.

Zu einem ähnlichen Schritt sah sich kürzlich auch die Stadt Darmstadt gezwungen: Um den erhöhten Energiepreisen entgegenzutreten, hat sie beispielsweise dem Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe nachts die Außenbeleuchtung ausgeknipst.  

Das Ziel: Kultur für alle möglich machen

Das Licht wird den Besuchern und Besucherinnen beim "Sound of the Forest"-Festival nicht vorzeitig ausgeschaltet werden. Als eingetragener Verein haben die Veranstalter ohnehin weniger Druck, gewinnbringend zu wirtschaften. Zudem könne man auf langjährige, freundschaftliche Verbindungen zu Dienstleistern auf der Region setzen, so Megow.

Um "auch denjenigen Kultur zur Verfügung zu stellen, die sich die Tickets nicht mehr leisten können", haben sich die Festival-Organisatoren außerdem etwas überlegt: Wer sich die Preissteigerung bei den Tickets nicht leisten kann oder möchte, kann zum Helfen vorbeizukommen - mit der Entlohnung, kostenfrei mitfeiern zu dürfen.

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