Einsatzfahrzeuge stehen auf einer Landstraße.

Nach dem tagelangen Austritt großer Mengen Propangas in einem Chemiebetrieb in Hadamar haben Einsatzkräfte das beschädigte Ventil geschlossen. Die betroffenen Anwohner im Sperrbereich können dennoch vorerst nicht in ihre Häuser zurück.

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Vorerst kein Gasautritt in Hadamar mehr

hs 28.02.2024
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Die Situation rund um das Gasleck in einem Chemie-Unternehmen in Hadamar (Limburg-Weilburg) entspannt sich etwas: Wie die Stadt am Mittwochnachmittag mitteilte, konnten die Einsatzkräfte das Austrittsventil an dem Tank schließen. Nun werde der Tank auf mögliche weitere undichte Stellen geprüft.

Zudem entlüfte man die Kanalisation. Dort hatte sich nach Angaben der Stadt das Propangas gesammelt, da es schwerer als Luft ist. Erst dann könnten auch die Häuser der Anwohner im Sperrgebiet überprüft und wieder freigegeben werden. Die rund 740 betroffenen Menschen können eine weitere Nacht nicht zurückkehren.

Ventil zunächst vereist

Schon am Mittwochmorgen war bei einer Besichtigung kein Gasaustritt mehr zu beobachten, teilte der Sprecher des Kreises Limburg-Weilburg, Jan Kieserg, mit. Die Austrittsstelle sei durch das minus 40 Grad kalte Gas komplett vereist gewesen. Die Einsatzkräfte mussten demnach den Schacht mit warmem Wasser vom Eis befreien, um das Ventil schließlich abzudichten.

Seit Montagvormittag war das hochentzündliche Flüssiggas aus dem mit ursprünglich 150 Tonnen Gas gefüllten unterirdischen Tank ausgetreten.

Häuser sollen am Donnerstag überprüft werden

Sofern alles nach Plan läuft, sollen am Donnerstag bei Tagesanbruch die Hausbegehungen beginnen. 12 Messtrupps werden demnach in 200 Häusern überprüfen, ob sich dort gefährliche Mengen an Propangas angesammelt haben. Hadamars Bürgermeister Michael Ruoff (CDU) erklärte, man wolle so schnell wie möglich erreichen, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zurück in ihre Häuser können.

Die Stadt Hadamar stellte online Telefonnummern bereit, bei denen Betroffene sich für die Messung in ihren Häusern melden können. Das Fachpersonal brauche dafür für jedes Haus einen Ansprechpartner sowie den Schlüssel, um Zugang etwa zu Kellern zu bekommen. Die Häuser sollen dann Straße für Straße auf Gas kontrolliert werden - "dass nicht mehr so etwas Schlimmes passiert wie vorletzte Nacht", so Ruoff.

Wohnhaus in Trümmern

In der Nacht zum Dienstag war ein Anwohner unerlaubt in sein Haus in der Sperrzone zurückgekehrt. Dabei kam es zu einer Verpuffung, das Gebäude wurde durch die Explosion vollständig zerstört. Daraufhin weiteten die Einsatzkräfte den Radius des Evakuierungsgebiets von 300 auf 400 Meter aus. Insgesamt 740 Menschen sind davon dem Bürgermeister zufolge betroffen. Die meisten kamen bei Verwandten oder Bekannten unter.

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Gasleck in Hadamar: Die Sperrzone aus der Vogelperspektive

Luftaufnahme des Gashandelsunternehmens in Hadamar-Niederzeuzheim, bei dem es zu einem Austritt von Propangas kommt.
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Zwar habe es während der Evakuierung vereinzelt Diskussionen gegeben, doch insgesamt habe die Bevölkerung "gut mitgespielt", sagte ein Polizeisprecher. Spätestens die Explosion des Hauses in der Nacht habe den Menschen vor Augen geführt, wie gefährlich das austretende Gas werden kann.

Am Montag hatten Sicherheitsingenieure mehrfach versucht, das Leck zu schließen - ohne Erfolg. Einen vergleichbaren Fall habe es bisher nicht gegeben, erklärte Ralf Konermann von der Tyczka Group, einem Anbieter von Flüssig- und Industriegas sowie Wasserstoff, zu dem das betroffene Werk in Hadamar-Niederzeuzheim gehört.

Notunterkunft eingerichtet, Haustiere versorgt

Die Gemeinde habe eine Notunterkunft in einem Dorfgemeinschaftshaus eingerichtet. Zuletzt nahmen aber nur 21 Personen das Angebot in Anspruch, wie Bürgermeister Ruoff am Dienstag sagte.

Viele Anwohner hatten sich um die Versorgung ihrer im Sperrgebiet zurückgebliebenen Haustiere gesorgt. Die Feuerwehr habe die Tiere inzwischen nach Absprache mit den Besitzern versorgt, berichtete Ruoff.

Minister Poseck und Feuerwehrleute stehen neben einem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr.

Am Dienstag hatte Innenminister Roman Poseck (CDU) den Einsatzort besucht und den rund 200 Einsatzkräften seinen Dank ausgesprochen. "Sie sorgen für die bestmögliche Sicherheit und Versorgung der Bevölkerung. Besonders hervorheben möchte ich, dass die meisten Einsatzkräfte Freiwillige sind", sagte Poseck. Dieses Engagement verdiene "ganz besondere Anerkennung".

Ermittlungen müssen warten

Auch die Kriminalpolizei müsse weiter warten, bis sie das Sperrgebiet betreten könne, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Solange könne es auch keine Ermittlungen dazu geben, wie genau es in der Nacht zur Verpuffung in dem Wohnhaus kam, in das ein Anwohner unerlaubt zurückgekehrt war.

"Alles, was einen Funkenschlag auslösen kann", komme als Ursache dafür in Frage. Der Strom sei zu dem Zeitpunkt aber im gesamten Sperrgebiet bereits abgeschaltet gewesen, das bloße Betätigen eines Lichtschalters könne es nicht gewesen sein.

Der Mann hatte sich selbst aus den Trümmern des Gebäudes befreit und kam mit Verletzungen ins Krankenhaus. Drohnenaufnahmen zeigten, dass nur noch ein Schutthaufen von dem Haus übrig blieb, dass rund 120 Meter von der betroffenen Firma entfernt stand.

Jüngste Untersuchung ohne Auffälligkeiten

Auch die Zuständigen der Tyczka Group, auf deren Gelände sich der Vorfall ereignete, können noch nicht auf ihr Betriebsgelände zurück, um die Ursache des Gasaustritts zu klären.

Mutmaßlich habe das "Versagen einer Armatur" zu dem Leck geführt, sagte ein Unternehmenssprecher. Ein Element der Tankkonstruktion, ein sogenannter Flansch, war abgerissen.

Wie es dazu kommen konnte, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Eine technische Überprüfung des Tanks vor gut einem halben Jahr habe keine Mängel offenbart, sagte der technische Leiter des Unternehmens, Ralf Konermann.

Nach Angaben des Regierungspräsidiums Gießen, das als Kontrollaufsicht fungiert, gab es in rund 50 Jahren keine nennenswerten Vorfälle bei dem Unternehmen.

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