Der Landesverband der AfD hat Ministerpräsident Rhein abgemahnt, weil er mit negativen Äußerungen über sie seine Neutralitätspflicht verletzt habe. Der denkt nicht an einen Rückzieher. Geht es ihm wie Ex-Kanzlerin Merkel?

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AfD und Rhein im Clinch

Ministerpräsident Boris Rhein bei einer Pressekonferenz
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Als er noch Landtagspräsident war, bemühte sich Boris Rhein im Parlament erkennbar um einen peinlich korrekten Umgang mit allen Fraktionen - auch mit der AfD. Das machte den CDU-Politiker Ende Mai als Ministerpräsidenten offenbar auch für den einen oder anderen gemäßigteren AfD-Politiker wählbar, wie das Abstimmungsergebnis vermuten ließ. Nun liegen beide Seiten heftig im Clinch.

Die hessische AfD wirft Rhein vor, ihr gegenüber als Ministerpräsident die gebotene parteipolitische Neutralität nicht gewahrt zu haben. Sie hat ihm eine Abmahnung in die Staatskanzlei schicken lassen, wie die Co-Landesvorsitzenden Robert Lambrou und Andreas Lichert am Freitag mitteilten.

Der CDU-Politiker soll in einer Unterlassungserklärung festhalten, dass er in seiner Funktion als Regierungschef nicht noch einmal die AfD als "im Kern radikal und gefährlich" bezeichnen werde. Rhein hat nicht vor, einen Rückzieher zu machen, wie er gegenüber dem hr klarmachte.

Verfassungsschutz beobachtet die Partei

Der Regierungschef hatte sich bei einem Treffen mit seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder (CSU) am 7. September im fränkischen Alzenau entsprechend geäußert. Es ging darum, dass nach dem Bundesamt für Verfassungsschutz auch die Landesämter in Bayern und Hessen erklärt hatten, die AfD als rechtextremistischen Verdachtsfall in ihren Bundesländern nachrichtendienstlich beobachten zu lassen.

Rhein begrüßte das in Alzenau als die "richtige Entscheidung". Er hätte sich in der Ausübung des Amts als Regierungschef über die AfD nach Meinung von deren Landeschef Robert Lambrou nicht so kritisch äußern dürfen. "Äußert er sich in amtlicher Funktion, darf er sich nicht beschädigend über parteipolitische Mitbewerber auslassen." Gerade ein Ministerpräsident müsse sich an Recht und Gesetz halten.

Unterzeichne Rhein die Unterlassenerklärung binnen einer Woche nicht, werde die AfD vor Gericht ziehen, kündigte Lambrou an. Gegenüber dem hr gab sich der Ministerpräsident am Freitag gelassen. "Ich lasse mir generell nicht den Mund verbieten und schon gar nicht von der AfD", sagte er.

Den Vorwurf erhob die AfD schon mal

Wie so oft greife die AfD zu Klagen und halte sich ein "bürgerliches Feigenblatt" vor, sagte Rhein. Es handele sich bei der Überwachung durch den Verfassungsschutz um keine politische Entscheidung. Fachleute hätten sie aufgrund von Gesetzen getroffen. Er dürfe dies aber begrüßen.

Inhaltlich hatte sich Rhein auch in seiner Amtszeit als Landtagspräsident stets strikt von der rechten Partei abgrenzt. Das brachte ihm schon mal den Vorwurf mangelnder Neutralität durch die AfD-Fraktion ein. Rhein hatte Teile der AfD 2020 als "offen rechtsradikal" bezeichnet - allerdings bei einer eindeutig parteipolitischen Veranstaltung: dem Politischen Aschermittwoch der CDU in Frankfurt.

Merkel nachträglich zurückgepfiffen

Die AfD hatte schon mehr als einmal Erfolg damit, Amtsinhabern negative Äußerungen über sich untersagen zu lassen. Bekanntestes Beispiel ist die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sagte im Februar 2020 bei einem Staatsbesuch in Südafrika zur von der AfD gestützten Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmrich zum Ministerpräsidenten von Thüringen: Das sei ein "schlechter Tag für die Demokratie".

Im Juni entschied das Bundesverfassungsgericht: In ihrer Funktion als Kanzlerin stand Merkel die negative Äußerung nicht zu. Sie habe damit die AfD "in ihrem Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb verletzt". Die Karlsruher Richter monierten auch, dass das Bundeskanzleramt die Äußerung auf seiner Internetseite veröffentlichte.

Rechtsextremer Verdachtsfall

Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Wiesbaden kündigte vor kurzem an, die AfD mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu überwachen. Seit einem Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts darf die Partei als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet werden. Auch der Landesverband in Hessen wehrt sich dagegen juristisch.

Nach eigenen Angaben hat die AfD Hessen auch das hessische Innenministerium abgemahnt, weil es auf seiner Internetseite die dazugehörige Pressemitteilung des Verfassungsschutzes veröffentlicht habe. Zuvor mahnte sie schon das Landesamt ab, weil sowohl Beobachtung als auch deren öffentliche Ankündigung nicht rechtmäßig seien.

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