Collage aus verschiedenen Elementen: ein Foto mit einem Fahrrad und einem Auto, die nebeneinander auf einem Radweg stehen, ein Stapel mit Aktenordnern, auf denen "Ausländerbehörde Darmstadt" geschrieben steht - alles arrangiert um einen Kreisausschnitt auf dunkelblauer Fläche. Auf dem Bild eine kleine Grafik mit einer blau eingefärbten Fläche (Umriss der Stadt), dem Wappen der Stadt Darmstadt und einem Wahlkreuz.

In Darmstadt ist am Sonntag Oberbürgermeister-Wahl. Ein Überblick über die wichtigsten Themen und die Positionen der Kandidatinnen und Kandidaten.

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OB-Wahl in Darmstadt: Die wichtigen Themen

hs17.03.2023
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Die über Jahre prägende Figur Jochen Partsch (Grüne) verlässt die politische Bühne, am Sonntag wählt Darmstadt die Nachfolgerin oder den Nachfolger des scheidenden Oberbürgermeisters. Die große Frage: Wem trauen es die Menschen am ehesten zu, die Lücke zu füllen, die der charismatische und sehr selbstbewusste Grünen-Politiker hinterlässt?

Auch wenn diese Frage über allem zu schweben scheint, waren es doch hauptsächlich die Inhalte und lokalen Themen, die den Darmstädter Wahlkampf geprägt haben. Die wichtigsten haben wir hier zusammengefasst und überprüft, wie sich die Kandidatinnen und Kandidaten laut ihren Wahlprogrammen dazu positionieren.

Mobilitätswende in der Durchgangsstadt

Radfahrer stehend neben Auto.

Eines der großen Themen, das die Darmstädter Bürgerinnen und Bürger derzeit beschäftigt, ist das Verkehrskonzept. Die Stadt ist, wie viele andere auch, nach dem Zweiten Weltkrieg als autogerechte Stadt wieder aufgebaut worden.

Zudem ist Darmstadt eine Pendler- und Durchgangsstadt. Wer von der einen Seite auf die andere möchte, muss mitten hindurch fahren, eine Umgehung gibt es nicht. Das sorgt für verstopfte Straßen nicht nur auf den Hauptverkehrsadern. Auch in den Wohnvierteln herrscht mitunter dichter Autoverkehr.

In den letzten Jahren wurden viele Fahrradwege gebaut, allerdings meist dort, wo ehemals Autos unterwegs waren. Die Stimmung auf Darmstadts Straßen ist angespannt.

Michael Kolmer (Grüne) macht sich, wie schon sein Parteifreund und bisheriger Oberbürgermeister Partsch, für die Mobilitätswende und mehr Flächengerechtigkeit stark. Vor dem Hintergrund einer in seinen Augen lange hauptsächlich auf das Auto ausgerichteten Stadtplanung will er sowohl Rad als auch Fußverkehr und den ÖPNV stärken.

Das Wort "Mobilitätswende" nimmt Hanno Benz (SPD) dagegen nicht in den Mund. Er stehe für eine Mobilitätspolitik, von der alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gleichermaßen profitieren. Die Debatte müsse "entideologisiert" und sozialverträgliche Lösungen gefunden werden. Gleichzeitig will er Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV motivieren.

Paul-Georg Wandrey (CDU) begreift Mobilität und den Wandel von Mobilität als Gemeinschaftsaufgabe aller Teilnehmenden. Er propagiert den "Mobilitätsfrieden" und will verhindern, dass sich die einzelnen Lager noch weiter voneinander entfernen. Radverkehr müsse gleichberechtigt sein, ohne dem motorisierten Verkehr aber zu viel Raum zu nehmen.

Kerstin Lau (Uffbasse) hingegen ist der Meinung, Darmstadt müsse eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Stadt werden. Sie will das Radwegenetz ausbauen, kurze Wege schaffen und verdichtete Stadtteile verkehrsberuhigen. Lebens- statt Parkraum ist einer ihrer Leitsätze. Entscheidend sei auch der Ausbau des ÖPNV, insbesondere durch eine Straßenbahnverbindung in das östliche Stadtgebiet.

FDP-Kandidatin Gerburg Hesse-Hanbuch nennt Darmstadts Radwegenetz einen "Flickenteppich" und fordert Nachbesserung und Ausbau. Allerdings dürften bei der Verkehrsplanung keine bestimmten Verkehrsteilnehmer bevorzugt werden. Für Handel und Gewerbe müsse es weiterhin ausreichend Parkflächen für Autos geben.

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Auswahl der Stellungnahmen

Die Aussagen und Haltungen der einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten sind ihren jeweiligen Wahlprogrammen entnommen. Dazu bilden wir in erster Linie die Positionen der vier aussichtsreichsten Bewerberinnen und Bewerber ab: Das sind Michael Kolmer (Grüne), Hanno Benz (SPD), Paul-Georg Wandrey (CDU) und Kerstin Lau (Uffbasse). Zudem kommen auch die Kandidatinnen und Kandidaten vor, die auf das jeweilige Thema einen Schwerpunkt gesetzt haben.

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Chaos in der Verwaltung

Menschen warten früh morgens vor der Ausländerbehörde auf Einlass.

Ein Thema, das besonders in Darmstadt zuletzt große Wellen geschlagen hat, ist der Zustand der städtischen Ämter. Die Wartezeiten sind fast durchweg immens - sei es bei der Kfz-Zulassung oder auf der Passstelle.

Besonders die Ausländerbehörde hat für negative Schlagzeilen gesorgt. Viele OB-Kandidaten und -Kandidatinnen haben der Problematik dementsprechend Raum in ihrem Wahlkampf gegeben.

Als Ordnungsdezernent ist Wandrey (CDU) seit vergangenem Sommer für die städtischen Ämter zuständig. Kritik am jetzigen Zustand ist von ihm nicht zu vernehmen, höchstens indirekt: Wandrey will die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die städtischen Angestellten effektiv und "mit einem guten Gefühl" arbeiten können. Dazu gehöre eine Überprüfung der Aufgabenverteilung im Magistrat.

Lau (Uffbasse) plant eine Reform der Verwaltung. In erster Linie müssten städtische Dienstleistungen digitalisiert und Prozesse für die Bürgerinnen und Bürger transparenter gemacht werden. Das würde auch die Arbeit für die Mitarbeitenden in den Ämtern vereinfachen. Zudem soll es regelmäßig Weiterbildungen für alle Mitarbeitenden geben.

Benz (SPD) will die Verwaltung unterdessen wieder näher an die Menschen bringen. In allen Stadtteilen möchte er neue Bürgerbüros eröffnen oder einst geschlossene wiederbeleben. Dadurch würden den Bürgerinnen und Bürgern kürzere Wege und kürzere Wartezeiten entstehen.

Holger Klötzner (Volt), derzeit Digitaldezernent, hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2028 alle Prozesse in der Stadtverwaltung digitalisiert zu haben. Bereits im laufenden Jahr will er allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang digital anbieten. Er verspricht: Maximal 14 Tage dürfen zwischen Terminbuchung und Termin liegen.

Grünen-Kandidat Kolmer erwähnt die Verwaltung nicht explizit in seinem Wahlprogramm.

Wohnen wird immer teurer

Wohnungsbauprojekt in der Darmstädter Lincoln-Siedlung

Darmstadt ist eine wachsende Stadt. Hier sitzen große internationale Unternehmen, hier sind die Jobs, und auch die Universität zieht immer mehr Studierende an.

Auf der anderen Seite ist der Wohnraum knapp und wird immer teurer. Was also tun? Mietpreisbremse? Neue Stadtteile bauen? Weiter verdichten? Die Ansätze der Kandidatinnen und Kandidaten sind sehr unterschiedlich.

CDU-Kandidat Wandrey spricht von einer "außerordentlichen Anziehungskraft", die Darmstadt habe. Dem Druck auf den Wohnungsmarkt will er mit Schaffung von mehr Wohnraum begegnen. Dazu will er Anreize schaffen, die Baukosten senken und somit niedrige Kaufpreise und Mieten möglich machen.

Grünen-Kandidat Kolmer setzt auf eine Fortführung der bisherigen Politik und führt die eingeführte Sozialquote an. Neue Quartiere, wie sie nach Kolmers Vorstellung etwa im Darmstädter Westen angedacht sind, sollen nach dem Motto "sozial und klimnautral" errichtet werden.

Auch Benz (SPD) setzt auf eine Ausweitung des Wohnraum-Angebots. Möglichkeiten sieht er unter anderem in der Aufstockung von Bestandsgebäuden, in weiterer Verdichtung, in der Bekämpfung des Leerstands oder etwa in der Umwandlung stillgelegter Gewerbeflächen in Wohnraum. Zudem will er konsequent Vorkaufsrechte der Stadt nutzen.

Wohnraum muss bezahlbar sein, ist auch das Motto von Lau (Uffbasse). Ihre Mittel sind Mietpreisbremse, genossenschaftlicher Wohnungsbau, Nutzung des städtischen Vorkaufsrechts und Aufstockung des Bestands. Gleichzeitig ist Lau gegen weitere Flächenversiegelungen im Stadtgebiet. Darmstadt könne nicht unbegrenzt wachsen.

Ulrich Franke (Linke) fordert angesichts der schnell steigenden Mieten eine Quote von mindestens 45 Prozent gefördertem Wohnraum bei allen Neubauprojekten sowie die Einführung von Milieuschutz-Satzungen, die Investoren etwa Vorschriften bezüglich Miethöhe und Sanierungskosten machen.

Hesse-Hanbuch (FDP) will weitere Neubaugebiete erschließen und Wohneigentum vor allem für mittlere Einkommen stärker fördern.

Klimaschutz

Hunderte Teilnehmer bei Demonstration von Fridays for Future Darmstadt

Bis 2035 will Darmstadt klimaneutral werden. Das hat die Stadt bereits beschlossen und im sogenannten "Klimaschutzplan 2035" niedergeschrieben. Daran muss sich auch das künftige Stadtoberhaupt messen lassen.

Kolmer (Grüne) ist der amtierende Klimaschutz-Dezernent. Der Klimaschutz habe für ihn höchste Priorität. Wenig überraschend sieht er den Klimaschutzplan als Handlungsleitlinie. Die Kernpunkte: Wo es möglich ist, sollen Solaranlagen entstehen, und alle städtischen Gebäude sollen mit erneuerbaren Energien beheizt werden. Als Schlüssel für nachhaltigen Klimaschutz sieht er auch die Mobilitätswende hin zu Fahrrad und ÖPNV. Die Darmstädter Wälder sind für ihn er in erster Linie Lebensraum und nicht Wirtschaftsfaktor.

Für Lau (Uffbasse) hat der Erhalt der zahlreichen Darmstädter Wälder oberste Priorität. Dazu gehöre auch die Entwicklung neuer Waldkonzepte mit klimaresistenten Pflanzen. Zudem sei eine Durchgrünung der innerstädischen Flächen - etwa mit Bäumen oder Wildblumenwiesen- notwendig, um das Mikroklima in der Stadt zu verbessern.

Das Stichwort bei Benz (SPD) lautet: Akzeptanz. Ohne die Akzeptanz der Menschen sei Klimaschutz nicht machbar, auch nicht, ohne Soziales und Wirtschaft mitzudenken. Die Bezahlbarkeit sei Basis aller Maßnahmen. Eine dieser Maßnahmen auf den Weg zur Klimaneutralität soll der Solarausbau sein, hier habe Darmstadt großen Nachholbedarf.

Wandrey (CDU) setzt als gelernter Ingenieur auf Reduzierung des Energieverbrauchs durch Innovation - wie etwa Wärmepumpen in Neubauten, Solaranlagen oder Geothermie. Ein intelligentes Wassermangement sei ebenso wichtig, wie der Schutz von Wäldern und Grünflächen.

Bürgerbeteiligung

Darmstadt hat ein digitales Portal für Bürgerbeteiligung.

Seit über zehn Jahren können sich Menschen in Darmstadt bereits digital einbringen, doch vielen geht die Bürgerbeteiligung noch nicht weit genug. Nicht zuletzt deswegen hat dieses Thema in den Wahlprogrammen der Kandidatinnen und Kandidaten teilweise großen Raum eingenommen.

Der Gedanke der Partizipation schwebe über allem, sagt Lau (Uffbasse). Die Menschen, die in Darmstadt wohnen, sollen ihr Leben in allen Bereichen mitgestalten können. Sie möchte eine Stadtgesellschaft, die keine Verlierer produziert und von Wertschätzung, Respekt und Verantwortung füreinander geprägt ist und Teilhabe ermöglicht. Junge Menschen, die noch nicht wählen dürfen, will sie durch Beteiligungsformate einbeziehen.

Benz (SPD) will eine "Beteiligungskultur" in der Stadt etablieren. Die Menschen sollen bestimmen, über welche Themen geredet wird, nicht die Stadt. Auch hier ist für Benz wieder die Bürgernähe in den Stadtteilen der Schlüssel zum Dialog. "Wir müssen dahin, wo die Menschen sind."

In den Wahlprogrammen der Kandidaten Wandrey (CDU) und Kolmer (Grüne) findet Bürgerbeteiligung keine explizite Erwähnung. Die Stadt hat allerdings bereits eine digitale Plattform für Bürgerbeteiligung eingeführt, über die sich Darmstädter und Darmstädterinnen auch an Projekten beteiligen können, die in das jeweilige Ressort der beiden Dezernenten fallen.

Klötzner (Volt) widmet dem Thema Bürgerbeteiligung in seinem Programm ein eigenes Kapitel. Er will den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Ideen einfließen zu lassen und die Stadt mitzugestalten. "Kollektive Intelligenz" nennt er das Prinzip. Dazu soll es eine wie auch immer geartete digitale Plattform geben, über die sich die Menschen einbringen können.

Kandidat Uhl (FW) setzt ebenfalls explizit auf Bürgerbeteiligung. Er verspricht eine transparente Politik und Verwaltung. Zudem will er einen Bürgerrat etablieren und Ortsbeiräte einführen. "Mitmachen statt Verdruss" ist Uhls Motto.

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