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Kein Gender-Verbot an Goethe Universität in Frankfurt

Das Hauptportal der Goethe Uni in Frankfurt. Über den Säulen steht in großen Lettern "Johann Wolfgang Goethe-Universität".

Die Goethe-Uni will ihren Mitarbeitenden und Studierenden das Gendern weiterhin erlauben. Ein Verbot wie an Schulen wäre ein massiver Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit. Unterstützung gibt es von den übrigen hessischen Hochschulen.

Die Goethe-Universität in Frankfurt scheint nicht viel von den Genderverbots-Plänen der Landesregierung zu halten. CDU und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag ursprünglich die Absicht formuliert, das Gendern mit Sonderzeichen an öffentlich-rechtlichen Institutionen – und damit auch an Hochschulen – zu verbieten. Die Uni lehnt das ab.

In einem Schreiben vom Montag an alle Studierenden, Mitarbeitenden und "Wissenschaftler*innen", wie es darin heißt, empfiehlt das Präsidium der Universität weiterhin "geschlechterinklusiv und diversitätssensibel zu kommunizieren". Dies teile man mit, um möglichen Verunsicherungen entgegenzutreten.

Weder Verbot noch Pflicht zu gendern - anders als an Schulen

Im Unterschied zu den Schulen in Hessen gebe es derzeit keine Regelung der Landesregierung, die den Sprachgebrauch an der Goethe-Universität betrifft. Es gelte also wie gehabt weder eine Pflicht noch ein Verbot zu gendern.

Zuletzt hatte das Kultusministerium bekanntgegeben, dass Abiturienten, Real- und Hauptschülerinnen und -schüler in den Abschlussprüfungen keine Genderzeichen wie Doppelpunkt, Sternchen oder Unterstrich mehr benutzen dürfen. Sie gelten als Fehler und können zu einer schlechteren Benotung führen.

Verbote passten nicht zur Forschungsfreiheit

Die hessischen Universitäten würden sich als vielfältige und inklusive Orte verstehen, heißt es in dem Schreiben der Goethe-Uni. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, Personen aller Geschlechtsidentitäten in der Ansprache einbeziehen zu können.

Uni-Präsident Enrico Schleiff schreibt in dem Brief: "Ein Eingriff der Landesregierung in die Sprache (...) wäre eine massive Einschränkung der im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung garantierten Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre". Hochschulen seien Orte des freien Denkens - Verbote stünden dem diametral gegenüber.

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Keine Sternstunde! Der Kampf für und gegen Genderzeichen

Ein Zettel auf dem Sternchen INNEN steht
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Im hr-Podcast "Der Tag" erklärte Sabine Andresen, die den Brief als Vizepräsidentin der Goethe-Uni ebenfalls unterzeichnet hat, dass das Genderverbot ein Versuch sei, eine komplexe, vielfältige Realität über ein Sprachverbot auszublenden. "Ich habe gedacht, wir seien alle schon weiter", sagte Andresen am Dienstag.

Wissenschaftsminister: Unis mit höchster Autonomie

Die Uni stützt sich in ihrem Schreiben auf eine Aussage von Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD). In einem Interviews mit dem hr und der Frankfurter Rundschau hatte dieser präzisiert, dass sich die Richtlinie des Ministerpräsidenten auf die Verwaltungssprache beschränke.

Man habe mit der TU Darmstadt und der Goethe-Universität Hochschulen mit höchster Autonomie, denen man nichts vorgeben könne, sagte Gremmels. Sollte die Landesregierung entgegen diesen Aussagen handeln, schreibt das Uni-Präsidium, wolle man den Beschluss rechtlich prüfen lassen.

Uni-Konferenz bestärkt Frankfurter Hochschule

Unterstützung erfährt die Goethe-Uni von der Konferenz Hessischer Universitätspräsidien (KHU). Diese schrieb: "Die hessischen Hochschulen verstehen sich als vielfältige und inklusive Orte, die sich die Verwirklichung von Gleichstellung, Diversität und Antidiskriminierung zum Ziel gesetzt haben. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Personen aller Geschlechtsidentitäten in der Ansprache einbeziehen zu können." Man verwehre sich gegen jegliche Vorschriften zum Gebrauch geschlechtersensibler Sprache.

Geschlechtergerechte Sprache "ausdrücklich vorgesehen"

Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums teilte dem hr am Donnerstag mit, dass die Kritik und die Befürchtungen grundsätzlich zwar nachvollziehbar seien, jedoch fußten sie auf einer falschen Annahme der Ausgestaltung der Regelungen, die sich noch in Erarbeitung befänden.

"Eine geschlechtergerechte Sprache (...) ist ausdrücklich in den geplanten Regelungen vorgesehen", heißt es in der Mitteilung. Die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit blieben zudem unberührt. Von einer massiven Einschränkung der im Grundgesetz garantierten Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre könne nicht die Rede sein.

Koalition ruderte zurück

Nach der Landtagswahl im vergangenen Herbst hatten CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, den Verzicht auf das Gendern mit Sonderzeichen an staatlichen und öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wie Schulen, Unis und dem Rundfunk festzuschreiben. Nach heftiger Kritik von Opposition, Wissenschaft und Öffentlichkeit ruderte die Koalition jedoch zurück.

Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) erklärte im Februar vor dem Landtag, dass er keinen "Kulturkampf" bezüglich des Genderns führen wolle, sondern sicherstellen wolle, dass Studierende nicht aufgrund ihres Nicht-Genderns schlechter benotet würden. In den Ministerien des Landes ist Gendern seit März verboten - nach einer Anweisung des Ministerpräsidenten.

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