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Rücktritt des Vorsitzenden des Landeselternbeirats

Ein Mädchen meldet sich im Schulunterricht.

Der zurückgetretene Vorsitzende des Landeselternbeirats hat für seine Kritik am hessischen Kultusministerium Unterstützung erhalten. Die Lehrergewerkschaft GEW und die Landesschulsprecherin berichteten von teils ähnlichen frustrierenden Erfahrungen.

Seit Juni 2021 stand Volkmar Heitmann dem hessischen Landeselternbeirat (LEB) vor, am Mittwoch (1. November) trat er von seinem Amt zurück und verließ das Gremium.

Anfangs motiviert, kam alsbald die Ernüchterung. Heitmann hatte den Eindruck gewonnen, der LEB habe kaum Einfluss. Das Gremium solle auch nicht wirksam sein, warf er dem hessischen Kultusministerium vor. Dieses packe dringende Themen im Bildungsbereich "wenn überhaupt nur halbherzig" an.

"Aufwand in keinem Verhältnis zu Effekten"

Die Reißleine zog Heitmann, weil "der Aufwand als LEB-Vorsitzender in keinem Verhältnis zu irgendwelchen Effekten steht". Er habe knapp 20 Stunden die Woche in das Ehrenamt investiert. Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung, Fragen zum Lehrerausfall, Ideen zur Bildungsgerechtigkeit würden ignoriert, erklärte er.

Bei seinem Herzensprojekt, einem E-Mail-Verteiler an landesweit alle Elternvertreter, habe ihn das Ministerium ausgebremst. Effektive Elternmitwirkung sei jedoch ohne Kommunikationsmittel kaum möglich. Das Kultusministerium hatte die Vorwürfe am Mittwoch in einer ersten Reaktion "abstrus" genannt.

Vize-Vorsitzender: Gründe für Rücktritt nicht überraschend

Heitmanns bisheriger Stellvertreter im LEB-Vorstand, Ingo Radermacher, sprang dem ehemaligen Vorsitzenden nun zur Seite. "Viele seiner Punkte kann ich unterschreiben", sagte Radermacher am Freitag. Der Rücktritt habe auch ihn überrascht, die Gründe nicht.

Wie Heitmann vermisst auch Radermacher beim Kultusministerium den Willen zur echten Zusammenarbeit. "Wir arbeiten nicht gegen das Ministerium." Kultusminister Alexander Lorz (CDU) habe sich bei den wenigen Treffen zwar interessiert gezeigt, auf der Referenten-Ebene darunter sei die Mitwirkung dann versandet.

Landesschulsprecherin: "keine echte Mitbestimmung"

Eine Erfahrung, die auch Landesschulsprecherin Pia Rosenberg machte: Seit 2020 spricht sie für die rund 840.000 Schülerinnen und Schüler in Hessen. Man stecke viele ehrenamtliche Stunden in das Amt "für nur kleine punktuelle Ergebnisse", berichtete sie am Freitag. Andere Schülervertreter hätten ihr Engagement sein lassen, als ihnen die geringe Gestaltungsmöglichkeit deutlich wurde.

Rosenberg sieht grundsätzliche Probleme bei der "Bildungspartizipation". Es gebe keine echte Mitbestimmung, obwohl diese sogar gesetzlich geregelt ist.

Sie verwies auf Artikel 56 der Hessischen Verfassung, in dem es unter anderem heißt, dass Erziehungsberechtigte das Recht haben, die Gestaltung des Unterrichtswesens mitzubestimmen.

Das Ministerium höre sich bestenfalls die Haltung der Schülerlobby an, selten würde es die Vorschläge dann auch umsetzen.

Lehrergewerkschaft: Verständnis für Frust

Mehrere Verbände vertreten die Lehrkräfte, darunter die hessische Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ihr Vorsitzender Thilo Hartmann wird für das Amt bezahlt. Er bekomme aber mit, wie das Kultusministerium auf die ehrenamtlichen Interessenvertreter reagiert. Dort nehme man "sogar konstruktive Kritik nicht ernst", sagte Hartmann am Freitag.

Er äußerte Verständnis für den Frust Ehrenamtlicher. Die Kritik am früheren Elternbeirat Heitmann aus dem Kultusministerium kritisierte Hartmann. So verkenne man systemische Probleme der Mitbestimmung. "Solange das Kultusministerium die Vorwürfe des zurückgetretenen Elternbeirats als 'abstrus' bezeichnet, wird sich dort nichts bessern."

Ministerium: "Elternbeirat ist wichtiger Partner"

Das Kultusministerium wies nach dem Rücktritt des LEB-Vorsitzenden dessen Vorwürfe am Freitag noch einmal zurück. "Der Landeselternbeirat ist ein wichtiger Partner", sagte ein Sprecher auf hr-Anfrage. Gespräche seien stets von Wertschätzung geprägt. Der LEB sei beispielsweise Teil einer Projektgruppe, die eine Plattform entwickeln soll, um Unterrichtsausfall zu erfassen.

Dass beim neuen Schulgesetz über 90 Vorschläge der Elternvertreter nicht berücksichtigt wurden, erklärte das Ministerium damit, dass der Landtag das Gesetz mit seiner schwarz-grünen Mehrheit beschlossen hatte.

Zuletzt wies das Ministerium den Vorwurf zurück, man würde sich nicht ausreichend um die Probleme in der Bildung kümmern. "Der Vorwurf fehlenden Engagements ist völlig abwegig", hieß es. Hessen investiere Rekordsummen in die Schulsozialarbeit. So wurde auf Wunsch der Schülervertretung eine schulpsychologische Online-Sprechstunde eingeführt.

Und auch am Herzensprojekt Heitmanns - dem E-Mail-Verteiler - arbeite man. "Zurzeit wird die - durchaus komplexe - Umsetzung geprüft." Ein Knackpunkt sei, wer die Kosten dafür trage.

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