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RP Darmstadt: Biblis-Bauschutt muss nach Büttelborn

Mehrere Menschen halten ein Transparent hoch mit der Aufschrift "Bleibt mit dem Dreck weg".

Im Streit um schwach radioaktiven Bauschutt vom Rückbau des stillgelegten Atomkraftwerks Biblis hat das Regierungspräsidium Darmstadt die Deponie Büttelborn zur Lagerung verpflichtet - aber nicht sofort. Nun wird der Konflikt wohl die Gerichte beschäftigen.

Das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt verpflichtet die Deponie Büttelborn (Groß-Gerau) dazu, bis zu 3.200 Tonnen ehemals radioaktiven und inzwischen freigemessenen Bauschutt aus dem Abriss-AKW Biblis (Bergstraße) anzunehmen.

Weil der zuständige Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße keine eigene Deponie für mineralische Abfälle habe, habe er beim Regierungspräsidium Darmstadt die Mitbenutzung einer Deponie beantragt, heißt es in einer Mitteilung des RP vom Donnerstag.

Dem Antrag werde stattgegeben, nachdem alle Alternativen und die Einwände sorgfältig geprüft worden seien und keine Zweifel an der Ungefährlichkeit der freigemessenen Abfälle bestünden. Trotzdem dürfte das Thema damit nicht erledigt sein.

RP: "Rechtsweg steht allen Beteiligten offen"

Der Bauschutt-Konflikt dürfte nun die Gerichte beschäftigen. Denn die Verpflichtung, den Abfall aufzunehmen, gilt nicht sofort. Wie das RP Darmstadt am Donnerstag mitteilte, werde "eine sofortige Vollziehung" des Beschlusses nicht angeordnet. "Jetzt steht der Rechtsweg allen Beteiligten offen", sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.

Die Bürgerinitiative Büttelborn21 feiert das als Erfolg. "Büttelborn hat Grund zu feiern", teilte sie am Freitag mit. Würden Betreiber und Grundstückseigentümer der Deponie sich durch alle Instanzen klagen, könne dies die Aufnahme des Biblis-Schutts über Jahre verzögern - möglicherweise bis zum Laufzeitende der Deponie Büttelborn im Jahr 2030.

RWE als ehemaliger Betreiber des Kraftwerks Biblis begrüßte zwar die Entscheidung des RP, teilte aber auch mit: "Im Fall der öffentlich angekündigten Klage des Deponiebetreibers würde die erteilte Mitbenutzungsanordnung bis zur abschließenden gerichtlichen Entscheidung nicht vollzogen werden können."

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Was sind freigemessene Abfälle?

Abfälle gelten dann als freigemessen, wenn von ihnen eine Belastung von maximal 10 Mikrosievert im Kalenderjahr pro Einzelperson in der Bevölkerung ausgeht. Laut dem Bundesministerium für Umwelt liegt die durchschnittliche Strahlenbelastung in Deutschland durchschnittlich bei 2.400 Mikrosievert im Jahr. Ein Nordatlantikflug wird mit rund 100 Mikrosievert angegeben, eine Röntgenaufnahme mit rund 100 bis 1.000 Mikrosievert. 

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Bei den Abfällen, die die Büttelborner Deponie aufnehmen soll, handelt es sich vor allem um Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik. Entstanden ist der Bauschutt beim Rückbau des AKW in Biblis. Er stammt aus dem Inneren des stillgelegten Kraftwerks und ist soweit gereinigt worden, dass seine Strahlungswerte laut dem RP niedrig sind. 

Im Zuge des Atomausstiegs Deutschlands nach der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 war auch das Kraftwerk Biblis stillgelegt worden. Seit 2017 wird die Anlage abgerissen.

Stadt und Kreis lehnen Lagerung ab

Bundesweit war nach einer Deponie für den Bauschutt aus Biblis gesucht worden, doch keine der 200 Deponien in Deutschland wollte ihn annehmen.

Im November hatten das hessische Umweltministerium und das RP Darmstadt dem Betreiber der Büttelborner Deponie mitgeteilt, dass der Schutt dort gelagert werden solle. Dieser hatte daraufhin seine Einwände an die Behörde geschickt.

Stadt und Kreis lehnen ebenfalls eine Lagerung strikt ab. Der Landrat des Kreises Groß-Gerau, Thomas Will (SPD), hatte im November angekündigt, sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen zu wollen: Man wolle bis zur höchsten Instanz klagen. 

Proteste vor und im Landtag

Mitglieder der Bürgerinitiative Büttelborn 21 demonstrierten im Dezember vor dem Landtag in Wiesbaden gegen die Pläne, kurz bevor es im Umweltausschuss zu heftigem Streit darüber kam.

Die Oppositionsfraktionen SPD und Linke griffen dabei die verantwortliche Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) an. Während SPD und Linksfraktion Zweifel an der sicheren Lagerung des Biblis-Bauschutts äußerten, versuchte das Umweltministerium zu beschwichtigen: Die Deponie-Lösung sei "sachlich unbedenklich", sagte damals Staatssekretär Oliver Conz.

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