Eine Kitamitarbeiterin liest Kindern aus einem Buch vor.

Die Zahl der beschäftigten Geflüchteten in Hessen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Verschiedene Projekte helfen Eingewanderten gezielt beim Weg in den Job. Das zeigen zwei Beispiele.

Arbeit gilt als Schlüssel zur Integration – der Weg zum Job ist für Migrantinnen und Migranten allerdings oft nicht leicht. "Ein großes Problem ist neben der Sprachbarriere die Anerkennung von Abschlüssen", sagt Angelika Funk vom Beratungsnetzwerk "Bleib dabei", das vom Mittelhessischen Bildungsverband in Marburg koordiniert und durch das Bundesarbeitsministerium und den Europäischen Sozialfonds gefördert wird.

Die Mitarbeitenden des Netzwerks beraten und unterstützen Zugewanderte bei ihrer Integration in den Arbeitsmarkt. Von 2016 bis 2022 habe das Netzwerk über 3.400 Menschen beraten, erläutert Funk. Allein 30 Prozent der Ratsuchenden hätten in Arbeit vermittelt werden können, elf Prozent in eine Ausbildung.

Mehr beschäftigte Geflüchtete

Diese Entwicklung zeigt sich auch in anderen Teilen Hessens: Landesweit ist die Zahl von Beschäftigten mit Fluchthintergrund in den vergangenen Jahren gestiegen. "In der zeitlichen Entwicklung beobachten wir seit 2016 einen sukzessiven Anstieg in den Beschäftigtenzahlen der Personengruppe", erklärt eine Sprecherin der Regionaldirektion der Arbeitsagentur.

Zum Stichtag 31. März waren in Hessen demnach knapp 37.000 Geflüchtete sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das sei ein Zuwachs von rund 10.000 Beschäftigten (plus 37 Prozent) im Vergleich zu März 2020 mit rund 27.000 Menschen. Die Zahl der ausschließlich geringfügig beschäftigten Flüchtlinge stieg demzufolge im gleichen Zeitraum von 4.900 auf rund 7.500 (plus 53 Prozent).

"Bei denjenigen Menschen, die im Zeitraum 2013 bis 2016 aus humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen eingereist sind, lag der Schwerpunkt in den Jahren 2017 bis 2019 in der sprachlichen und beruflichen Qualifizierung der Personengruppe, um sie an den deutschen Arbeitsmarkt heranzuführen", erläutert die Sprecherin. Und das zahlte sich aus: Einem großen Teil von ihnen sei in Hessen der Eintritt in den Arbeitsmarkt gelungen.

Schwerpunkt Migranten mit Behinderung

Das Netzwerk "Bleib dabei" unterstützt auch Zugewanderte mit höheren Abschlüssen. "Zu uns kommen oft Akademiker mit Migrationshintergrund, die mit ihrem Uni-Abschluss nichts anfangen können. Das ist für sie sehr frustrierend", schildert Funk. Gleichzeitig verfügten viele auch über eine geringe Bildung. "Sie sind in ihren Heimatländern nur wenige Jahre zur Schule gegangen und müssen erst mal den Hauptschulabschluss nachholen."

Ein neuer Schwerpunkt des Netzwerkes liege auf Zugewanderten mit Behinderungen. Für diese sehr unterschiedlichen Ausgangslagen brauche es unterschiedliche Unterstützungsmethoden.

Ziel des Projektes sei es, Menschen mit Migrationshintergrund mit individueller Beratung in Schule, Ausbildung und Arbeit zu vermitteln. "Arbeit bedeutet Teilhabe an der Gesellschaft", sagt Funk. Zudem stärke sie Selbstbewusstsein und Zufriedenheit. "Die Menschen fühlen dann wieder, dass sie wichtig sind, etwas leisten können." Sie wünsche sich deshalb mehr Chancen für Migrantinnen und Migranten. "Wir würden sie sehr viel schneller in Arbeit bringen wollen."

Frauen für Sozialberufe fit machen

Auch das Projekt "Sozialwirtschaft integriert" der Stadt Kassel will bei der beruflichen Integration helfen. Die Initiative unterstützt Frauen mit Migrationshintergrund aus der Stadt und dem Landkreis Kassel bei dem gesamten Weg von der Ausbildung bis zur Arbeitsaufnahme mit einem individuellen Coaching. "Wir wollen das Potenzial der Frauen mehr in den Fokus rücken", sagt Bürgermeisterin Ilona Friedrich (SPD), die auch Ideengeberin und Initiatorin des Ausbildungsprojektes ist.

Dabei sollen die Frauen sich vor allem für Berufe in der Sozialwirtschaft qualifizieren und sich so eine Perspektive für einen Job in der Pflege, Erziehung oder Hauswirtschaft eröffnen. "Damit wirken wir gleichzeitig dem Fachkräftemangel entgegen, der in diesem Bereich besonders hoch ist", erklärt Friedrich. Dazu stellt das Projekt jeder Frau eine eigene Coachin beiseite, die ihr hilft, die individuellen Hürden zu meistern.

Männer deutlich schneller in Arbeit

Das sei besonders oft die Kinderbetreuung, sagt Projektleiterin Terhas Andezion. "Frauen brauchen mehr Unterstützung als Männer, die deutlich schneller in Arbeit integriert werden. Sie möchten auch Teil der Gesellschaft sein, einen Mehrwert darstellen und sichtbar sein."

Dass der Weg in den Job für Migrantinnen länger dauert, bestätigt auch Maria Metzing vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung in Berlin. "Nach sechs Jahren sind etwa 70 Prozent der zugewanderten Männer in Arbeit, aber nur 24 Prozent der Frauen", berichtet sie. Auch Metzing plädiert dafür, sie früher in Arbeit zu bringen. "Arbeit ist eine sehr wichtige Säule von Integration." Sie ermögliche Kontakte, den Aufbau eines Netzwerkes, soziale Teilhabe und finanzielle Unabhängigkeit.

Auch deshalb sind Projekte wie "Sozialwirtschaft integriert" eine wichtige Stütze für Frauen aus der Stadt und dem Landkreis Kassel. Es wird noch bis 2025 Sozialministerium in Wiesbaden finanziert. "Die Stadtverordnetenversammlung hat aber schon beschlossen, es nach Ende der Förderung zu verstetigen und es ohne Geld aus Wiesbaden fortzuführen", berichtet Friedrich.

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Gut 16.100 neue Asylsuchende in Hessen

Hessen hat nach Angaben des Sozialministeriums im laufenden Jahr bis Ende September 16.177 Asylsuchende registriert, inklusive Menschen aus der Ukraine. Im vergangenen Jahr hatte Hessen demnach 17.900 Geflüchtete aufgenommen. Der historische Höchststand war 2015 im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise erreicht worden mit 79.788 Asylsuchenden in Hessen.

Vor allem aus diesen Ländern kamen Asylsuchende in 2023 (2022):

  • Afghanistan 5.212 (5.765)
  • Türkei 4.236 (3.706)
  • Syrien 2.777 (3.256)
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