Auf einem Fabrikgelände hören viele Demonstranten mit Fahnen einer Rednerin zu.

Mehr als 550 Arbeitsplätze sollen beim Reifenhersteller Goodyear in Fulda wegfallen. Die Gespräche dazu zwischen Unternehmen, Betriebsrat und Gewerkschaft sind ergebnislos abgebrochen worden. Nun soll eine Schlichtung helfen.

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Job-Abbau bei Reifenhersteller in Fulda

Auf einem Fabrikgelände hören viele Demonstranten mit Fahnen einer Rednerin zu.
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Rund drei Monate nach der Ankündigung des Reifenherstellers Goodyear zu großen Stellenverlusten im Fuldaer Werk gibt es Ärger bei den Verhandlungen zum Ausmaß von Job-Abbau, Sparprogramm und der Zukunft für die Betroffenen.

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) und der Betriebsrat von Goodyear teilten am Freitag mit, dass der Verhandlungsführer von Goodyear die Gespräche über einen Interessensausgleich und Sozialplan einseitig für gescheitert erklärt und die Verhandlungen abgebrochen habe.

"Tritt in den Hintern"

IGBCE und Betriebsrat bewerteten das Vorgehen in einer Mitteilung als "skrupellos". Sie seien entsetzt darüber, wie rücksichtslos das US-Unternehmen mit seinen Mitarbeitern umgehe. "Wir können das nicht nachvollziehen", sagte Betriebsratsvorsitzende Ines Sauer. Allen Beschäftigten in Fulda werde damit ein "Tritt in den Hintern" verpasst.

Gewerkschaft und Betriebsrat kündigten für Montagmittag eine Betriebsversammlung bei Goodyear in Fulda an. Dabei soll das weitere Vorgehen diskutiert werden.

Nun soll ein Schlichtungsprozess helfen

Goodyear bestätigte in einer Stellungnahme, dass es bei den Verhandlungen zu "keinem einvernehmlichen Ergebnis" gekommen sei. "Der Weg über eine Schlichtungsstelle ist nunmehr unumgänglich", erklärte das Unternehmen. Goodyear hoffe, dass der Schlichtungsprozess schneller zu einer Einigung führen werde.

Trotz des Scheiterns bleibe das Unternehmen gesprächsbereit: "Wir werden parallel alle Möglichkeiten der Kommunikation mit den Sozialpartnern in Fulda offenhalten, sollte der Wunsch zum Dialog bestehen", so Goodyear. Man sehe sich weiter einem fairen und verantwortungsvollen Umgang mit den Mitarbeitenden verpflichtet.

557 Stellen sollen wegfallen

Goodyear hatte Anfang Juni mitgeteilt, sich in Fulda von der Hälfte der mehr als 1.100 Köpfe starken Belegschaft trennen zu wollen. Die Gewerkschaft sprach am Freitag konkret von 557 Stellen, die wegfallen sollen. Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, machten die Beschäftigten ihrem Ärger Anfang Juli bei einer großen Demo am Werksgelände Luft.

Als Grund für die geplante Stellenstreichung hatte ein Goodyear-Sprecher genannt: "Wir müssen unsere Strukturkosten senken, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen." Beigetragen zur Entwicklung hätten die schwächelnde Wirtschaft, eine nachlassende Nachfrage der Kundschaft und die Folgen der Inflation. Eine Verkleinerung des Werks in Fulda ermögliche, die Auslastung anderer Werke zu verbessern.

"Konditionen schlechter als 2019"

Es ist nicht die erste Schrumpfkur bei Goodyear in Hessen: Bereits im Jahr 2019 wurden 450 Stellen in Fulda und 600 Stellen in Hanau gestrichen. Mit einem vergleichenden Blick darauf sagte die IGBCE: "Die Konditionen, die das Unternehmen nun dem Betriebsrat für einen Sozialplan vorgeschlagen hat, sind deutlich schlechter als die des Sozialplans im Jahr 2019. Für den Betriebsrat ist das nicht haltbar. Er hat einen Vorschlag gemacht, der deutlich bessere Konditionen vorsieht."

Die Gewerkschaft erklärte, dass vor dem Abbruch der Verhandlungen bereits Vorschläge ausgetauscht worden seien. Das Angebot des Unternehmens sei aus Sicht von Betriebsrat und IGBCE aber "nicht akzeptabel" gewesen. Auf der anderen Seite sagte Goodyear zu der beim Unternehmen eingegangenen Offerte: Es weiche wesentlich vom in der Industrie üblichen Standard ab. Details wurden nicht bekannt.

"So etwas habe ich noch nie erlebt"

"Die Verhandlungen jetzt abzubrechen, ohne über die Vorschläge zu sprechen, ist eine unglaubliche Frechheit", sagte Anne Weinschenk, Betriebsbetreuerin bei Goodyear und Leiterin des Bezirks Mittelhessen der IGBCE. "So etwas habe ich noch nie erlebt."

Angesichts der Differenzen zeigte sich die Gewerkschaft kämpferisch. Die IGBCE und der Betriebsrat wollen sich das Verhalten von Goodyear laut Mitteilung nicht bieten lassen. "Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen", betonte Weinschenk. Betriebsrätin Sauer sagte, man sei trotz großer Enttäuschung weiterhin zu fairen Verhandlungen bereit.

Weitere Informationen

Der Reifenhersteller Goodyear

Goodyear Dunlop ist nach eigenen Angaben einer der größten Reifenhersteller Deutschlands und beschäftigt über 5.000 Menschen. Die Standorte des Unternehmens liegen neben Fulda und Hanau auch in Köln (NRW), Fürstenwalde (Brandenburg), Riesa (Sachsen), Philippsburg (Baden-Württemberg) und Wittlich (Rheinland-Pfalz). Weltweit gibt es 72.000 Mitarbeitende an 55 Standorten in 23 Ländern. Zu den Marken des Unternehmens gehören unter anderem Goodyear, Dunlop und Fulda-Reifen.

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