Katholische Kirche in Rotenburg-Lispenhausen zu verkaufen

Nur noch eine Frau aus Rotenburg-Lispenhausen nutzt die dortige katholische Kirche. Weil das Gotteshaus mehr Kosten verursacht als Glauben spendet, soll es verkauft werden. Der Pfarrer nimmt das Projekt selbst in die Hand.

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Kirchenhaus in Rotenburg-Lispenhausen steht zum Verkauf

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Wie verkauft man eigentlich eine Kirche? Pfarrer Andreas Schweimer mag es unkompliziert und zügig. Ohne Umwege über einen Makler, der eh nur Geld kostet. Deshalb ging Schweimer ins Internet: "Text schreiben, Bilder hinzufügen, online stellen – und schauen, was passiert", fasst der Geistliche der katholischen Pfarrei St. Franziskus Bebra-Rotenburg sein mit dem Bistum Fulda abgestimmtes Vorgehen zusammen.

Und seither, genauer gesagt seit dem 9. Februar, steht nun eine Annonce beim Online-Verkaufsportal kleinanzeigen (früher Ebay). Dort verkaufen die meisten Menschen eher kleinere Dinge als Kirchen. Die Pfarrei versucht es nun aber trotzdem. "Kirche mit Pfarrhaus und Kloster in Lispenhausen" lautet der Titel des Inserats. Als Preis ist angegeben: 395.000 Euro VB (Verhandlungsbasis).

Auswahl aus drei Angeboten

Mehr als 5.600 Mal wurde die Annonce von Neugierigen oder wahrhaftigen Interessenten bereits aufgerufen. Rund 20 ernsthafte Anfragen seien bisher eingegangen, daraus resultierten mehr als zehn konkrete Angebote. "Und nun hat es sich auf drei Angebote verdichtet, die realistisch erscheinen", sagt Schweimer.

Wer die Interessenten sind und was sie mit dem Kirchen-Ensemble anstellen wollen – das bleibt vorerst ein Geheimnis. "Der Verwaltungsrat der Kirchengemeinde muss darüber befinden, da kann ich nicht vorgreifen", begründet Schweimer sein Schweigen. Aber bis Ende April soll der Deal über die Bühne gehen, wie der Pfarrer verrät.

Nur eine Frau aus Lispenhausen kam zum Gottesdienst

Ganz wohl ist Schweimer beim Kirchenverkauf nicht. "Es ist sehr schmerzhaft, eine Kirche aufgeben zu müssen." Aber der Schritt sei alternativlos. Denn die Kirche wurde zu wenig genutzt und verursacht vor allem Kosten. "Etwa 14.000 Euro Unterhalt im Jahr an Fixkosten", erklärt Schweimer.

Die geringe Nutzung zeigt sich an den leeren Kirchenbänken. Aus Lispenhausen besuche nur eine einzige Frau den alle vier Wochen stattfindenden Gottesdienst in der für 70 Gläubige ausgelegten Kirche. Der Rest der insgesamt 155 Katholiken aus Lispenhausen komme sonntags nicht in die Kirche.

Zuweilen besuchten Menschen aus anderen Ortsteilen in Rotenburg und Bebra das Gotteshaus in Lispenhausen. Aber für sie gebe es ja eigentlich andere Kirchen, die sie besuchen könnten, gibt Pfarrer Schweimer zu bedenken.

Pfarrer traurig: "Sie war die kleinste, aber schönste Kirche"

Schweimer hält im Wechsel in vier verschiedenen Kirchen Gottesdienste in Rotenburg und Bebra. Doch um die Kirche in Lispenhausen mit dem Namen "Zur Schmerzhaften Mutter Gottes" tut es Schweimer besonders leid. "Sie war die kleinste, aber dafür die schönste Kirche, in der ich predige."

Vielleicht wird sie aber auch weiter als Kirche genutzt – von einer anderen Glaubensgemeinschaft etwa. "Mir wäre am liebsten, wenn die Kirche eine Kirche bleibt. Wenn dort eine orthodoxe Kirche daraus wird, könnten wir vielleicht trotzdem einmal im Monat rein für Gottesdienste", hofft Pfarrer Schweimer.

Wohnraum, Schule oder ein Fitness-Center?

Vielleicht wird die Kirche aber auch umgenutzt. Potenzielle Käufer erklärten, die Kirche als Wohnfläche nutzen zu wollen. Andere wollten mit einer Schule rein. Oder ein Fitness-Center oder eine Kletterhalle daraus machen. "Vieles ist denkbar", sagt Schweimer.

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Kirche in Rotenburg-Lispenhausen wird versteigert

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Ausgeschlossen sei es aber, daraus eine Spielhalle oder ein Bordell zu machen, wie der Pfarrer erklärt. Bei der Folgenutzung müsse Sorge getragen werden, dass dort zum Beispiel nicht Gewalt verherrlicht, die Kirche verunglimpft werde oder Religionsgemeinschaften reinkommen, die mit dem Weltbild der katholischen Kirche nicht harmonieren.

Wenn eine Kirche zum Kletterparadies wird

Wegen des Rückgangs der Mitgliederzahlen in der evangelischen und katholischen Kirche kommt es immer wieder vor, dass Kirchen in Hessen nicht mehr gebraucht und umgenutzt werden. Mitunter sind sie auch baufällig geworden und werden deshalb vom Immobilien-Management abgestoßen. In Bad Orb (Main-Kinzig) entsteht deshalb derzeit aus der St. Michael Kirche eine Kletterhalle – dort heißt es dann bald: bouldern statt beten.

Gegen die Boulder-Kirche hat das Bistum Fulda nichts einzuwenden, wie ein Sprecher sagte. Mit Blick auf die anschließende Nutzung sei wichtig: Die Würde des Ortes angemessen berücksichtigen. So würden umgewidmete Kirchen im Bistum mittlerweile gern für karitative Zwecke genutzt, in Frielendorf (Schwalm-Eder) etwa als Jugendhilfezentrum des Wohlfahrtsverbands Caritas. An anderen Orten seien Pflegeheime oder neuer Wohnraum entstanden, berichtete das Bistum exemplarisch.  

In Knüllwald-Remsfeld (Schwalm-Eder) wurde aus der katholischen Kirche ein besonderer Ort für Veranstaltungen. Ein Unternehmer-Ehepaar hat sie gekauft, umgebaut und bietet verschiedene Veranstaltungen an. Private Feste oder Firmen-Feiern sind in der "St. Elisabeth special event location" möglich.

"Keine Denkverbote"

Viel möglich ist auch in Lispenhausen mit der zum Verkauf stehenden Kirche, für die es keine "Denkverbote" geben soll, wie Pfarrer Schweimer sagt. Es geht nicht nur um die 1963 erbaute, 752 Quadratmeter große Kirche, sondern um ein großes Gebäude-Ensemble. Es gibt auch ein kleines Kloster mit "acht Klosterzellen mit zwei gemeinschaftlichen Nasszellen", wie es in der Annonce heißt.

Zudem gibt es einen Verbindungstrakt von der Kirche zum Pfarrhaus. Es besteht aus sechs Zimmern, Küche, Bad und Keller. Es liegt auf einem Hügel in der Ortsmitte. Das Anwesen mit seinen insgesamt knapp 1.700 Quadratmetern biete zudem "einen wunderbaren Blick auf das Fuldatal", schwärmt Pfarrer Schweimer.

Er hat ein gutes Gefühl, dass der angestrebte Verkauf über das Online-Portal gelingt. "Über Mund-zu-Mund-Propaganda und eine Nennung im Pfarrbrief hat es zuvor nicht funktioniert. Und über das Online-Portal haben schon viele Menschen etwas verkauft." Vielleicht klappt es ja auch mit einer Kirche.

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