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Schlagstockeinsatz im Dannenröder Wald: Verwaltungsgericht Gießen weist Klage ab

Polizisten schleifen einen Aktivisten im Dannenröder Forst weg.

Die Proteste und Räumungen rund um den umstrittenen Ausbau der A49 in Mittelhessen beschäftigen auch nach drei Jahren noch die Gerichte. Die Klage eines Aktivisten gegen das Land Hessen ist nun abgewiesen worden.

Es ging drunter und drüber in jenen Tagen im Dannenröder Wald: vermummte Baumbesetzer in schwindelerregenden Höhen, hunderte Einsatzkräfte in langen Reihen und schwere Forstmaschinen, die einen hochgewachsenen Baum nach dem anderen umsägten.

Monatelang dauerten die Protestaktionen gegen den umstrittenen Ausbau der A49 in Mittelhessen an, mittlerweile befindet sich das Autobahnteilstück im einst besetzten Wald schon im Bau.

Im Nachgang gab es bereits zahlreiche Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Räumung, bisher ging es dabei jedoch meist um die Rolle der Umweltaktivisten, etwa wegen mutmaßlicher Straftaten oder unbezahlter Bußgelder. Am Verwaltungsgericht Gießen fand nun am Montag eine mündliche Verhandlung statt. Ein Aktivist hatte das Land Hessen beklagt.

Er war der Meinung, er sei unrechtmäßig von einem Polizisten mit dem Schlagstock gegen den Kopf geschlagen worden. Er habe eine Gehirnerschütterung, ein Hämatom und psychische Belastungen davongetragen.

Allerdings wies das Verwaltungsgericht Gießen die Klage nach kurzer mündlicher Verhandlung ab und folgte damit der Sicht des Landes Hessens, dass der Schlagstock-Einsatz in dieser Situation angemessen war.

Auf Forstmaschine zugestürmt

Konkret ging es um eine Situation am 10. November 2020. Laut Gericht waren acht bis zehn vermummte Menschen auf eine Forstmaschine zugestürmt, einen sogenannten Harvester. Vier Polizeibeamte sicherten die Maschine.

Strittig war einerseits, ob der Schlagstockeinsatz dabei vonseiten der Polizei vorher ausreichend angekündigt worden war, und andererseits, ob der Einsatz insgesamt angemessen war.

In der kurzen mündlichen Verhandlung wurden keine Zeugen gehört. Auch der Kläger und die am Einsatz beteiligten Beamten des Polizeipräsidiums Mittelhessen waren nicht persönlich anwesend, sondern wurden von Anwälten vertreten.

Unterschiedliche Versionen von Aktivist und Beamten

Der Anwalt des Klägers vertrat die Ansicht: Der Aktivist habe keine Warnung wahrgenommen. Ihm sei unvermittelt gegen den Kopf geschlagen worden und er sei sofort bewusstlos gewesen. Es habe keinen Anlass für den Einsatz eines Schlagstocks gegeben, weil es keine akute Gefährdungssituation gegeben habe und die Aktivisten lediglich die Maschine hätten besetzen wollen.

Der Anwalt des Landes widersprach: Die Beamten seien in dieser Situation in der Minderheit gewesen und hätten nicht ausschließen können, dass eine Besetzung des Harvesters zu einer anschließenden Gefahrensituation geführt hätte. Die Beamten hätten den Schlagstockeinsatz zudem vorher angekündigt und den Aktivisten lediglich am Arm getroffen. Er sei daraufhin gestützt und habe sich dabei am Kopf verletzt.

Drei Männer an Konferenztisch

Das Gericht folgte der Argumentation es Landes. Der Schlagstockeinsatz sei aus der Perspektive der Polizisten nicht unverhältnismäßig gewesen, so das Gericht. Für die Beamten sei nicht ersichtlich gewesen, dass die vermummten Aktivisten die Maschine lediglich friedlich besetzen wollten - es hätten vielmehr Sachbeschädigungen am Harvester oder Körperverletzungen des Maschinenführers oder der Polizisten gedroht.

Insgesamt sei das Geschehen sehr schnell gegangen und der Kläger sei mehrmals gewarnt worden. Aus dessen Angabe, er habe keine Warnung wahrgenommen, sei nicht zu folgern, dass es tatsächlich auch keine gegeben habe. Wo ihn der Schlag letztlich traf, war aus Sicht des Verwaltungsgerichts nicht erheblich. Es sei unstreitig, dass der Beamte auf den Arm gezielt habe, so das Gericht.

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