Ein Wohnhaus wurde durch eine Gasexplosion zerstört (links). In einem nahegegeben Abfüllbetrieb für Flüssiggas (rechts) war aus einem Behälter Gas ausgetreten.

Hadamar-Niederzeuzheim ist wieder am Strom – und die Bewohner dürfen in ihre Häuser zurück. Die Feuerwehr hat die Gaskontrollen in der Nacht abgeschlossen. Dem verantwortlichen Chemie-Unternehmen wurde vorerst der Betrieb untersagt.

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Entwarnung in Hadamar nach Gasaustritt

Eine glückliche Heimkehrerin beim Interview
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Aufatmen in Niederzeuzheim: Die rund 700 Menschen des Stadtteils von Hadamar (Limburg-Weilburg), die von dem Gasaustritt bei einer Chemie-Firma betroffen waren, durften am Samstagmorgen in ihre Häuser zurückkehren. "Alle waren total erleichtert und teilweise den Tränen nah. Es war sehr emotional heute Morgen", berichtete eine Sprecherin der Stadt. Fünf Nächte in Folge mussten die Menschen andernorts verbringen.

Die Feuerwehr hob alle Sperrungen auf, nachdem die Einsatzkräfte sämtliche Gebäude auf Rückstände des ausgetretenen, hochentzündlichen Propangases kontrolliert hatte. Insgesamt mussten rund 430 Gebäude untersucht werden, davon sind 200 Wohnhäuser. "Ich bin froh, dass wir wieder in unser Haus können", sagte eine Betroffene und dankte allen Einsatzkräften.

Bürgermeister: "Ein Störfall, den es so noch nicht gegeben hat"

"Es war ein Einsatz, für den es keine Blaupause gibt", sagte Bürgermeister Michael Ruoff (CDU). "Es war ein Störfall, den es so noch nicht gegeben hat, dass man über Tage ein Leck nicht abdichten kann." Der schwierige Einsatz sei gemessen daran gut verlaufen - insbesondere in der Zusammenarbeit mit Hilfsstellen, Leitstellen, der Polizei und Betroffenen, sagte Ruoff.

Die Begehung der letzten Gebäude konnte in der Nacht abgeschlossen werden, wie die Stadt mitteilte. In keinem der Gebäude sei eine explosive Gaskonzentration gemessen worden. Um 8.01 Uhr sei der Strom zentral wieder angeschaltet worden, außer auf dem Firmengelände der Tyczka Energy GmbH, wo das Gas aus einem Leck an einem Tank ausgetreten war.

Fenster und Türen offen halten

Um in ihre Häuser zu kommen, müssen die 700 die Bewohner zunächst ihre Schlüssel im Sportheim abholen. Erste Regel für die Heimkehr sei, Fenster und Türen eine Stunde lang offen zu halten und dann weiter gut zu lüften, so Ruoff.

Bis Freitagabend waren 80 Prozent der Gebäude kontrolliert und freigemessen, wie die Stadt mitteilte. Allerdings wurden an einem Kanalschacht auf dem Firmengelände "sporadisch geringe" Gaskonzentrationen gemessen. Dieser Schacht musste daher gespült und dann erneut kontrolliert werden.

Nachdem der Strom angeschaltet war, führte die Feuerwehr nach Angaben der Stadt nochmal eine Kontrollfahrt durch das komplette Gebiet durch. Das Firmengelände von Tyczka Energy und die Straße vor dem eingestürzten Wohnhaus wurden abgesperrt und dürfen weiterhin nicht betreten werden, hieß es.

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Einsatzkräfte prüfen Häuser auf Explosionsgefahr

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Die Stadt bereitete ein Merkblatt für die Betroffenen zum richtigen und sicheren Verhalten bei der Rückkehr in die Häuser vor. Sobald ein Gasgeruch festgestellt werde, sollten sie in jedem Fall sofort die Notrufnummer 112 wählen. Viele Betroffene mussten zunächst ihre Kühlschränke und Tiefkühltruhen reinigen – die Geräte hatten für mehrere Tage keinen Strom. Die meisten Lebensmittel seien verdorben, berichtete ein Anwohner.

Viele fieberten auch dem Wiedersehen mit ihren Haustieren entgegen, die während der Tage mit Unterstützung der Einsatzkräfte versorgt wurden. Eine Anwohner berichtete, dass sie im Beisein der Feuerwehr jeden Tag ihre 26 Hühner füttern konnte. Die zahlreichen Eier habe sie den Einsatzkräften als Dank überlassen.

Suche nach Ursache

Wieso das Gas aus dem inzwischen geschlossenen Leck in dem Gastank austrat, ist weiterhin unklar. Womöglich wurde bei Wartungsarbeiten ein Ventil am Gastank beschädigt, hatte ein Unternehmenssprecher vermutet. Es sei aber erst seit Kurzem möglich, den Tank zu untersuchen, sagte Bürgermeister Ruoff am Freitag. Das Ergebnis dieser Untersuchung stehe noch aus.

Firmengelände mit Gasflaschen

Der Firma wurde der Betrieb auf dem Gelände in Hadamar nach einer Begehung von Regierungspräsidium und Kriminalpolizei untersagt. Es seien bisher zwar alle Auflagen erfüllt worden, erklärte ein Sprecher des Regierungspräsidiums, dennoch müsse zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger nun ein Gutachter die Anlage untersuchen. "Der Fall ist bundesweit ein Präzedenzfall."

Das Unternehmen entschuldigte sich in einem am Freitag veröffentlichten Rundschreiben bei den Anwohnerinnen und Anwohnern für "die Unannehmlichkeiten und Belastungen". "In unserer 100-jährigen Unternehmensgeschichte hat ein derartiger Vorfall bisher noch nicht stattgefunden", hieß es darin. Sobald der Stadtteil wieder sicher sei, wolle man sich auf die Regulierung der Schäden konzentrieren. Für Fragen in diesem Zusammenhang könne man sich per Mail oder telefonisch an das Unternehmen wenden.

150 Tonnen hochentzündliches Gas

Seit Montag war das hochentzündliche Flüssiggas aus einem ursprünglich mit 150 Tonnen gefüllten Tank auf dem Gelände des Unternehmens, das unter anderem Gasflaschen für Haushalte abfüllt, ausgetreten. Zunächst galt ein Sicherheitsradius von 300, später von 400 Metern um das Leck.

Zerstörtes Haus

In der Nacht zum Dienstag war ein Anwohner unerlaubt in sein Haus in der Sperrzone zurückgekehrt. Bei einer Explosion seines Hauses war er schwer verletzt worden. Inzwischen wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Das denkmalgeschützte Haus, in dem laut Ortsvorsteher eine Familie lebte, wurde komplett zerstört.

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