FDP-Wahlplakat mit Spitzenkandidat Stefan Naas in Offenbach

Gut zwei Monate vor der Landtagswahl legt die FDP einen Wahlkampf-Frühstart hin und plakatiert ihren Spitzenkandidaten. Die politische Konkurrenz wittert eine Angsthasen-Aktion. Die Liberalen verweisen lieber auf eine andere Tier-Metapher.

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hr-Sommerinterview mit Stefan Naas (FDP)

FDP-Spitzenkandidat Stefan Naas mit den Moderatorinnen Sandra Müller (l.) und Ute Wellstein
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In Frankfurt hängt er, auch in Kassel und anderen Städten des Bundeslandes überblickt er von hoch oben den Verkehr: FDP-Spitzenkandidat Stefan Naas. Gemäß dem Motto "Bekannter werden kann man immer", wie Naas kürzlich im hr-Sommerinterview verriet, wirbt seine Partei in Frankfurt, Darmstadt, Gießen, Kassel, Marburg und Wiesbaden auf 150 großflächigen Plakaten für ihren Spitzenkandidaten - alle rund neun Quadratmeter groß.

Die Optik der Plakate ist eher ungewöhnlich: in einer Mischung aus Gelb und Magenta, Comic und Holzschnitt ist Naas ganz "Feuer und Flamme für Hessen". Aus der Reihe fällt die FDP auch mit ihrem Zeitplan: Schon Ende Juni ließ sie die Plakate anbringen, dabei ist die Landtagswahl erst am 8. Oktober. In dieser Woche endet die Vorwahlkampagne auch schon wieder.

Alles ganz legal?

Rund zwei Monate vor der Wahl greift eine Regel, die es den Parteien erlaubt, auf öffentlichen Plätzen und an Straßen Plakate aufzustellen. Ab diesem Zeitpunkt ist nicht mehr zu übersehen, dass bald eine Wahl ansteht.

Die Frage, die sich unweigerlich stellt: Warum hat die FDP so früh losgelegt? Und durfte sie das überhaupt?

Die kurze Antwort: alles ganz legal und Teil der Wahlkampfstrategie der Liberalen. Sie haben sich mit einer Vorwahlkampagne für die heiße Phase warmgelaufen. 

Wie es geregelt ist 

Grundsätzlich gilt: Werden Wahlplakate nicht auf kommerziellen Werbeflächen geklebt, braucht es eine Sondernutzungserlaubnis der zuständigen Behörde. Das gilt zum Beispiel für den Straßenrand oder Marktplätze. Wichtig ist, dass auf den Plakaten keine verfassungsfeindlichen Inhalte stehen und sie den Verkehr nicht behindern.

Was Parteien sonst noch beachten müssen, kann jede Stadt und jede Gemeinde selbst festlegen. In Frankfurt erhalten alle zur Wahl zugelassenen Parteien von der Stadt eine Allgemeinverfügung, die es ihnen erlaubt, Wahlplakate anzubringen. In Fußgängerzonen ist Plakatieren dort allerdings ganz verboten. Eine Erlaubnis des Ordnungsamtes ist in Kassel nötig - in der Regel reine Formsache.

Kassel lässt sich Frühstart bezahlen

Eine einheitliche Startzeit gibt es auch nicht. Meist ist die Plakatierung sechs oder acht Wochen vor der Wahl möglich. In dieser Zeit dürfen die Kommunen von den Parteien auch keine Gebühren für das Bereitstellen der Flächen verlangen.

Frankfurt erlaubt Plakatieren sechs Wochen vor der Wahl, Kassel zwei Monate vorher. Hier können sich die Parteien aber Zeit kaufen: Wer vorher um Stimmen werben will, kann das für eine Gebühr von 10 Cent pro Tag und Plakat tun.

Ein ganz legaler Trick

Auch die FDP kennt die Regeln. Sie hat sich eben kommerzielle Werbeflächen gemietet. Wie andere für Schokoriegel oder das Deutschlandticket Werbung schalten, macht die FDP Hessen Stimmung für sich selbst.

Die 150 Plakate der FDP-Vorab-Kampagne werden durch die Landespartei finanziert. Für die Hauptphase des Wahlkampfs bittet die Partei auf ihrer Webseite ganz offensiv um Spenden. Die Spender sollen helfen, "dass die FDP im Wahlkampf besser sichtbar ist, mehr Menschen die Plakate wahrnehmen und dass das bestmögliche Wahlergebnis erzielt wird".

Für je zehn Tage können Privatpersonen einen Standort buchen. Dort bringt ein Dienstleister dann eines der pink-gelben Riesenposter an. In bester Lage auf der Hanauer Landstraße in Frankfurt kostet so eine Plakatspende 997,48 Euro. Zu den billigsten Lagen zählen Orte wie der Bahnhof Baunatal-Großenritte. Knapp 120 Euro sind für zehn Tage fällig.

Hat die FDP Angst?

Warum setzt die FDP schon drei Monate vor der Wahl auf Plakatwerbung? Hessens Wirtschaftsminister und Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir hat eine eigene Theorie. Der heiße Wahlkampf beginne doch genau sechs Wochen vor der Landtagswahl. "Wer vorher Plakate aufhängt, zeigt eher, dass er Angst hat."

Tatsächlich kann sich die FDP nicht ganz sicher sein, die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen, um überhaupt im Landtag zu bleiben. In den Umfragen der vergangenen sechs Monate rangieren die Freien Demokraten bei rund fünf Prozent, auch im letzten hr-Hessentrend vom Frühjahr.

Seit 1946 scheiterte die FDP allerdings nur einmal, das war 1982. Zuletzt, 2018, erzielte sie 7,5 Prozent. 2013 kam sie nach langer Zitterpartie gerade so auf 5,0 Prozent. 

Die FDP-Pressestelle bestreitet Angst als Motiv. "Der frühe Vogel fängt den Wurm", heißt es auf Anfrage. Es sei wichtig, sich frühzeitig zu positionieren und den eigenen Spitzenkandidaten bekanntzumachen. Das gelte gerade im Wettbewerb mit Parteien, deren Spitzenkandidaten aktuell Ministerpräsident seien oder ein Ministeramt innehaben. Damit sind Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), dessen Stellvertreter und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sowie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gemeint.

Andere haben mehr Geduld

Eine Vorkampagne wie die FDP plant keine der anderen Parteien. Die CDU setzt auf viele Veranstaltungen in den Sommerferien. Beim Plakatieren fokussiert sich die Union dann auf die sechs Wochen vor der Wahl. Diesen Zeitraum hat auch der kleinere Koalitionspartner, die Grünen, im Blick. 

Ebenso wie die SPD: Am ersten Septemberwochenende soll es gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Frankfurt einen Wahlkampf-Kick-Off geben. Auch AfD und Linke setzen auf prominente Unterstützung.

Die Linke bekommt am 28. August Besuch vom thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Für die AfD startet die heiße Wahlkampfphase am 9. September mit einer Veranstaltung in Gelnhausen, zu der die beiden Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla erwartet werden. 

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