Teilerfolg der hessischen AfD: Der Verfassungsschutz schränkt die erst vor kurzem angekündigte Beobachtung ein, wenn auch nur vorläufig. Die Behörde und das Innenministerium löschten außerdem eine Mitteilung auf ihren Onlineseiten.

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Rechtsstreit wegen AfD-Überwachung

AfD Logo (picture alliance/dpa)
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Gegen den Ministerpräsidenten, den Innenminister und den Verfassungsschutz: Drei Klagen hat die hessische AfD erhoben, nachdem das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Anfang September öffentlich angekündigt hatte: Es nehme die nachrichtliche Beobachtung der Partei auf, weil sie ein rechtsextremer Verdachtsfall sei.

Nun erzielte die AfD einen vorläufigen Teilerfolg, wie sie am Montag mitteilte. Der Verfassungsschutz hat gegenüber dem Verwaltungsgericht Wiesbaden erklärt, vorerst weder Abgeordnete noch Kandidaten der AfD in Bundestag, Landtag oder Europaparlament zu überwachen, nur weil sie Mitglieder der Partei sind.

Die Behörde und auch das Innenministerium wollen vorerst auch nicht mehr öffentlich über die Beobachtung berichten. Sie nahmen jeweils eine Meldung über die Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2021 von ihren Onlineseiten, in der es unter anderem darum ging.

Kein Kommentar

Die generelle Einstellung der AfD-Beobachtung lehnte der Verfassungsschutz gegenüber dem Gericht ausdrücklich ab, wie aus seiner Stillhalte-Erklärung, die dem hr vorliegt, hervorgeht. Begründung: Werde am Ende die Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall bestätigt, könnten bis dahin zu viele Informationen über verfassungswidrige Bestrebungen verloren gegangen sein. Ein solches "Beobachtungsdefizit" sei nicht zu rechtfertigen, wenn es um den Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gehe.

Die Stillhalte-Erklärungen von Ministerium und LfV sind ausdrücklich vorläufig und bedeuten kein Einlenken in der Sache. Sie gelten bis zu einer Entscheidung im entsprechenden Eilverfahren. Wann eine Entscheidung folgt, ist unklar. Man kommentiere das laufende Verfahren nicht, teilten Sprecher des Verfassungsschutzes und des Ministeriums auf Anfragen des hr mit.

Rhein hält AfD für "im Kern radikal"

Die AfD hat geklagt, weil sie in den Äußerungen zur Überwachung Verstöße der Behörden gegen die ihnen gebotene Neutralitätspflicht sieht. Das wirft sie auch Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) vor. Rhein hat laut AfD bis Montag nicht auf die Klage gegen ihn reagiert. Aus der Staatskanzlei hieß es dazu ebenfalls: kein Kommentar zu laufenden Verfahren.

Bei einem Treffen mit seinem bayerischen Amtskollegen Markus Söder hatte Hessens Ministerpräsident die vom Landesverfassungsschutz angekündigte Überwachung begrüßt, weil die AfD "im Kern radikal und gefährlich" sei. Auf die Abmahnung sagte Rhein seinerzeit dem hr: "Ich lasse mir generell nicht den Mund verbieten und schon gar nicht von der AfD."

Okay zur Überwachung

Im März dieses Jahres entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass sich die Bundes-AfD die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall und eine entsprechende Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst gefallen lassen muss. Dagegen geht der AfD-Bundesverband gerichtlich ebenso vor wie der Landesverband gegen die Überwachung in Hessen.

Der Landesvorsitzende Robert Lambrou nannte es am Montag ein "Trauerspiel", dass ein Gerichtsverfahren nötig gewesen sei, um Innenministerium und LfV an ihre Neutralitätspflicht zu erinnern. Man sei zuversichtlich, gegen alle drei Verfahrensgegner Recht zu bekommen.

Co-Landeschef hat Sympathien mit Identitären

Die hessische AfD betont unter Lambrou immer wieder, sie sei bürgerlich-konservativ. Sein Co-Landesvorsitzender Andreas Lichert sagte beim Nominierungsparteitag in Melsungen (Schwalm-Eder) am Samstag, er habe ohne Mitglied zu sein "starke Sympathien" gegenüber der völkisch orientierten Identitären Bewegung. Diese wird von Verfassungsschützern als rechtsextrem bewertet.

Lichert erhielt lauten Applaus und anschließend mit 85 Prozent Zustimmung für seine Kandidatur auf Platz zwei. Das war ein besseres Ergebnis, als Lambrou es mit 78 Prozent als Spitzenkandidat erhalten hatte.

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