Dämme, Rückhaltebecken und ganz viel Planung Starkregen und Hochwasser – so geht Hessen damit um
Wassermassen können ungeahnte Kräfte entwickeln – wie vor zwei Jahren im Ahrtal. Ist eine Flut-Katastrophe dieses Ausmaßes auch in Hessen denkbar? Was tut das Land für den Hochwasserschutz?
So sehr normaler Regen wichtig für den teils viel zu trockenen Boden in Hessen wäre, umso gefährlicher sind Starkregen und Hochwasser. Schäden in Milliardenhöhe sind bei Extremwetterereignissen schnell erreicht – und diese Ereignisse nehmen zu.
Sowohl Klimaexpertinnen und Experten als auch viele Landkreise und kreisfreie Städte in Hessen rechnen mit einem Anstieg von Extremwetter. Eine Recherche von CORRECTIV, NDR, BR und WDR mit dem hr zeigt, wie die Landkreise damit umgehen und welche Maßnahmen dagegen getroffen werden.
Hochwasser in Kombination mit Starkregen – nicht nur an großen Flüssen ein Problem
Hochwasserlagen können auch in Hessen gefährlich werden, allerdings gibt es im Verhältnis zu anderen Bundesländern potenziell weniger Gefahrenstellen. Dennoch: Laut Zahlen der Risikobewertungen der Bundesanstalt für Gewässerkunde könnte es vor allem Städte in Rhein-Nähe treffen.
Lampertheim, Bürstadt und Groß-Gerau etwa könnten besonders bei hefitigen Flutereignissen in Mitleidenschaft gezogen werden. In jeden dieser Städte sind demnach mindestens 10.000 Menschen von einem besonders heftigen Hochwasser betroffen. In Trebur (Groß-Gerau) könnten rund 13.000 Menschen betroffen sein – das sind laut Statistik 99 Prozent der Einwohner.
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Aber auch in Städten im Schwalm-Eder-Kreis, etwa Felsberg und Wabern, könnten mehrere tausend Menschen betroffen sein. Hier, in der Waberner Ebene, der Flussebene der Eder und der Schwalm, fließen beide Flüsse zusammen.
Was tun gegen Hochwasser und Starkregen?
Nicht zuletzt die Katastrophe im Ahrtal hat gezeigt, wie wichtig es ist, Starkregen und Hochwasser ernst zu nehmen.
Auf Anfrage teilten viele Landkreise mit, dass sie Überflutungsflächen schaffen und bestehende erweitern wollen. Bei den meisten Kreisen ist das bereits konkret geplant oder umgesetzt, bei vier Kreisen ist die Finanzierung davon noch nicht geklärt.
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Nicht nur gegen Dürre, sondern auch gegen Starkregen hilft das sogenannte "Schwammstadt"-Prinzip. Das bedeutet, dass Städte so umgebaut und geplant werden, dass sie möglichst viel Wasser aufnehmen können – etwa mit viel Versickerungsmöglichkeiten und wenig baulicher Versiegelung.
Das Wasser wird aufgenommen, nicht schnell abgeleitet. 80 Prozent der kreisfreien Städte wollen eine Schwammstadt werden, ebenso planen die meisten Landkreise ihre Orte so zu gestalten. Auch Deiche, Mauern gegen Hochwasser und Flutpolder – das sind eingedeichte Rückhaltebecken neben Flüssen – werden geplant oder sind schon umgesetzt.
Auch kleine Bäche können ein Problem werden
Marion Hemlfer vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) schätzt Hessen durchaus als gefährdet ein. In seinen Mittelgebirgen habe das Land ebenfalls enge Täler, in denen sich Wasser sammeln könne.
Selbst kleinste Bäche und Kanäle könnten bei Extremwetterlagen anschwellen und zu einer tödlichen oder mindestens zerstörerischen Gefahr werden.
Vor einiger Zeit wollte das Landesamt eine Hessenkarte mit einem Ampel-Warnsystem (rot für hohes Risiko, grün für kein Risiko) entwickeln. Sie soll eine Übersicht der Gefährdungslage bei Starkregen darstellen und Kommunen dabei unterstützen, ihre eigene Situation besser einschätzen zu können.
Mindestens gelbes Licht für Starkregen-Risiko
Doch die Karte mit einem Ampelsystem sei nicht möglich gewesen, erinnert sich Hemfler, denn "grünes Licht" gebe es in keinem Ort in Hessen. Jetzt sehe die Karte mit alternativer Skala aus "wie ein Streuselkuchen". Starkregenereignisse seien für Hessen flächendeckend denkbar, sagt sie. Es gibt also keinen Landrat, keine Bürgermeisterin, die sich vor Starkregen zurücklehnen kann. Überall muss vorgesorgt werden.
In den Kommunen, Städten und Gemeinden passiere schon sehr viel, meist im kleinen, sagt Hemfler. Viele Kreise hätten bereits beim HLNUG sogenannte Fließpfadkarten bestellt. Das sind Karten, die sehr genau anzeigen, wie sich Hochwasserlagen in Ortschaften entwickeln könnten – welche Straße, welcher Abhang das Wasser wohin leitet.
Fließpfadkarten für Hochwassermanagement
Etwa der Schwalm-Eder-Kreis habe für jede seiner Kommunen solche Karten beantragt. Insgesamt sind es 239 Kommunen in Hessen, die eine solche Karte für sich haben erstellen lassen. Dies sei zwar "nicht auf den Bordstein genau", so Hemfler, helfe aber sehr bei der Entwicklung eines besseren Hochwasser- und Starkregen-Managements.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 13.07.2023, 19.30 Uhr
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