Lara Ewald, Landwirtschaftsmeisterin Biohof Ewald und Martin von Mackensen, Landwirt Dottenfelderhof - stehen lachend neben einem grünen Fendt-Traktor

Viele hessische Landwirte, ob Bio oder konventionell, beteiligen sich nicht an den Bauernprotesten. Statt weiterer Subventionen auf Agrardiesel fordern sie ein grundsätzliches Umdenken in der Landwirtschaft.

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Nicht alle Landwirte beteiligen sich an Bauernprotesten

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An knackig kalten Wintertagen wie derzeit bleiben auf dem Dottenfelderhof in Bad Vilbel (Wetterau) die meisten der elf Landwirtschaftsmaschinen stehen. Richtig viel los ist derzeit eher im Hofcafé, wo sich Gäste zum Mittagstisch im Warmen einfinden. Serviert werden dort Bio-Gemüse und Produkte, die vor Ort produziert werden.

Die Bad Vilbeler Bio-Bauern haben sich mit ihren Traktoren auch nicht den Bauern-Protesten angeschlossen, die am Donnerstag zentral in Frankfurt stattfinden und am Montag in Berlin ihren Abschluss finden sollen. Dann endet zumindest die Aktionswoche, die der Deutsche Bauernverband organisiert hat.

Schlagen die geplanten Subventionskürzungen der Ampel-Koalition dem im ganzen Rhein-Main-Gebiet bekannten Bio-Hof nicht ins Kontor? "Die Subventionen für den Agrardiesel machen im gesamten Wirtschaftsprozess auf dem Dottenfelderhof nicht mal ein Prozent aus", sagt Landwirt Martin von Mackensen.

Der Betrieb habe seine Felder zum Glück in der Nähe des Hofes, führt er aus. Sie müssten daher kaum herumfahren. Auch die Produkte würden vor Ort angebaut, verarbeitet und verkauft. Die Transportkosten fielen daher insgesamt gering aus.

Verzicht auf Dieselsubventionen

Anders sieht das bei Landwirtin Lara Ewald aus. Sie bewirtschaftet mit ihrer Familie einen kleinen Bio-Hof in der Kreisstadt Friedberg. Auf den Feldern wachsen Getreide, Kartoffeln, Obst und Gemüse. Ihre Felder und Wiesen liegen weiter weg vom Hof und sind pflegeintensiv.

Trotzdem haben die Ewalds nach eigenen Angaben noch nie Agrardieselsubventionen beantragt. "Ich möchte eine Landwirtschaft betreiben, die klimaschonend ist und eine Vielfalt bietet", sagt die Landwirtschaftsmeisterin. "Und die Agrardieselvergütung ist für mich keine klimaschonende Förderung."

Die Ewalds versuchen lieber, Treibstoff zu sparen. Mit der Doppelmesser-Mähtechnik reiche ein 45 PS starker Schlepper zum Heumachen, erklärt Lara Ewald: "Wir sind damit genauso schnell wie mit dem 100-PS-Schlepper, verbrauchen aber nur ein Drittel des Diesels." Was sie jetzt eher schmerze: dass die Förderung von Ackerfutterflächen in diesem Jahr gestrichen worden sei. Dabei sei diese Hilfe viel sinnvoller als ein vergünstigter Agrardiesel.

Kein Protestaufruf - aber Kritik

Die laufende Protestwoche wird vom Deutschen Bauernverband organisiert, dem mächtigsten aller Verbände mit rund 270.000 Mitgliedern, etwa 18.000 davon in Hessen. Andere landwirtschaftliche Verbände beteiligen sich nicht an diesen Protesten. Dennoch ist die Kritik an der Politik groß.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, der 38 Verbände wie Bioland, Demeter oder Naturland vereint, kritisiert, dass die Bundesregierung den Haushalt auf Kosten der Landwirtschaft saniere. Der ökologische Umbau könne nur funktionieren, wenn der Staat in ihn investiere.

Ein Zwerg unter den Verbänden ist die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL). 5.000 Mitglieder hat die ABL bundesweit, rund 220 sind es in Hessen. Es sind kleine bis mittelgroße Höfe, darunter sind konventionell wirtschaftende, meist sind es aber Bio-Betriebe.

Auch die ABL kritisiert die geplanten Sparmaßnahmen, ruft aber nicht zum aktuellen Protest auf. Sie unterstützt lieber das Demo-Bündnis "Wir haben es satt", das am 20. Januar in Berlin auf die Straße geht: gegen die Agrarindustrie, gegen Gentechnik und für eine ökologische Landwirtschaft.

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Darum demonstrieren diese zwei Biobauern nicht mit

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Probleme Marktabhängigkeit ...

Die ABL hat einen Sechs-Punkte-Plan erstellt, was sich in der Landwirtschaft dringend ändern müsse. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Preispolitik. Es gehe nicht um die 7.000 Euro, die ein Bio-Milchbauer mit 100 Kühen jetzt möglicherweise über den Agrardiesel verliere, sagt ABL-Hessen-Geschäftsführer Oliver Diehl.

Der Milchpreis brauche nur um ein bis zwei Cent schwanken, und schon verliere der Bauer rund 10.000 Euro. "Diesem Markt so ausgeliefert zu sein, und letztlich nicht wirklich eine Verhandlungsposition auf Augenhöhe zu haben, das macht es für die Betriebe schwierig. Und da kommt die Wut her, die sich jetzt Bahn gebrochen hat", sagt Diehl.

... und Landspekulation

Ein weiteres riesiges Problem sei der Bodenmarkt. In Hessen fehle ein Agrarstrukturgesetz, das die Frage beantwortet, wie das Land überhaupt aussehen soll. Das aktuelle Landverkehrsgesetz sei leicht zu umgehen, sagt Diehl. Wer kaufen will, kann kaufen.

Der ABL-Chef erläutert: "Wenn jetzt Ackerpreise bei 150 bis 300 Euro pro Hektar liegen, dann treiben Investoren von Biogasanlagen den Preis schnell auf 700 Euro und Photovoltaikanleger auf 2.000 Euro pro Hektar hoch." Ein kleiner Bauer könne sich das nicht mehr leisten, und auch kein Jungbauer, sagt Diehl: "Doch ohne Boden gibt es keine Landwirtschaft!"

Wunsch nach Rückkehr zu altem Modell

Damit viele Bauern wieder unabhängiger werden können, wünschen sich die Wetterauer Bio-Landwirte Martin von Mackensen und Lara Ewald die alten Konzepte der Genossenschaften zurück. Dabei betrieben regional ansässige Bauern eine Molkerei, eine Mühle, eine Bäckerei, eine Schlachterei.

Gut wären auch höhere Renten und Sozialleistungen, fügt Ewald noch hinzu. Insgesamt werde die Landwirtschaft sicher weiter Subventionen brauchen, sagt Oliver Diehl vom ABL Hessen. Aber diese müssten mehr in Gemeinwohlleistungen wie Tierwohl, Biodiversität, Boden- und Wasserschutz fließen. Und das schaffe man nur mit kleinen und mittleren Höfen und nicht mit den großen Betrieben, die auf Masse setzen und derzeit aufgrund von EU-Bestimmungen am meisten Geld bekommen.

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