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Warum es oft dauert, bis gesprengte Geldautomaten ersetzt sind

Tatort vor einer Bankfiliale in Frankfurt-Griesheim, in der nachts ein Geldautomat gesprengt wurde. Eine Polizeiabsperrung, dahinter stehen zwei Polizisten.

Im Schnitt wird in Hessen jede Woche ein Geldautomat gesprengt. Die Explosionen verunsichern nicht nur Anwohner und hinterlassen Schäden. Sie wirken sich auch auf Bankkunden aus, weil kaputte Geräte oft nur langsam oder gar nicht ersetzt werden.

Anfang des Jahres gab es beispielsweise eine Explosion im Frankfurter Stadtteil Griesheim: Nach Angaben der Polizei sprengten vermummte Männer dort in einem mehrstöckigen Wohnhaus einen Geldautomaten der Frankfurter Sparkasse. Es ist eines von fünf Geräten, die allein bei diesem Institut in diesem Jahr bisher beschädigt wurden.

Auf einen neuen Automaten warten die Kunden in Griesheim bis heute. Dabei heißt es bei der Sparkasse, man setze alle Hebel in Bewegung, um in dem Stadtteil wieder mit einer Selbstbedienungsfiliale präsent zu sein. In dem damals betroffenen Wohnhaus geht das offenbar nicht mehr, deshalb muss ein neuer, geeigneter Standort her. "Wir führen Gespräche mit potenziellen Vermietern, bislang aber ohne Erfolg", teilt die Sparkasse dazu mit.

Die heikle Frage nach dem Standort

Bei der Volksbank Mittelhessen hat es neun Monate gedauert, bis sie ihren dieses Jahr gesprengten Automaten im Marburger Stadtteil Wehrda ersetzt hat. Das Gerät hatte vor der Sprengung am Eingang eines Supermarkts gestanden, der bei der Sprengung beschädigt wurde. Ob das neue Gerät wieder dort stehen könne, darüber habe es lange Diskussionen gegeben, sagt Volksbank-Sprecher Michael Agricola.

Am Ende einigte man sich seiner Aussage nach darauf, den neuen Geldautomaten nicht mehr im Supermarkt, sondern davor auf einem Parkplatz abzustellen. Dort steht er nun, gesichert durch eine Betonhülle, die nachts mit einem Rollladen abgeschlossen werden kann. Es ist eines von 20 Geräten, die bei der Volksbank in den vergangenen zehn Jahren gesprengt wurden. Vier dieser kaputten Geräte konnte sie allerdings nicht mehr ersetzen, weil sich die Vermieter in diesen Fällen quer gestellt haben.

Die Geräte müssen aufgerüstet werden

Für Banken - und Verbraucher - haben Geldautomatensprengungen in Hessen damit unter Umständen größere Auswirkungen. Die Zahl der rabiaten Überfälle hat zuletzt angezogen: 54 Geräte haben Kriminelle nach Angaben des Landeskriminalamts allein im bisherigen Jahr in Hessen gesprengt. Das waren 20 mehr als im selben Zeitraum des Vorjahrs. Der Gesamtschaden beläuft sich auf 13 Millionen Euro, davon sind über vier Millionen Euro Beute.

Um Sprengungen zu vermeiden, wurde auf Initiative des Landes vor über einem Jahr die "Allianz Geldautomaten" gegründet. In diesem Rahmen analysiert das LKA zum Beispiel, wie gefährdet die rund 4.500 hessischen Geldautomaten sind. Besonders häufig gesprengt werden Automaten in Randlagen und nahe an einer Autobahn, weil Kriminelle dort ungestört arbeiten und schnell fliehen können.

Diese Geräte können Banken zusätzlich sichern, indem sie zum Beispiel die Foyers ihrer Filialen nachts abschließen, dort Videokameras aufhängen oder Nebeltechnik verwenden. Außerdem können sie noch modernere Geräte aufstellen, bei denen die Scheine im Falle einer Sprengung eingefärbt werden. So wie zuletzt die Sparkasse Bad Hersfeld-Rotenburg investieren immer mehr hessische Banken in solche Technologien und geben dafür Millionen aus.

Das Automatensterben geht weiter

"Sollte ein Standort besonders gefährdet sein, der übliche Mix an Maßnahmen jedoch nicht greifen, um wirksam zu schützen, können Banken Geldautomaten aber auch aufgeben oder sie nach Sprengungen nicht mehr ersetzen", meint Steffen Steudel, Pressesprecher der Deutschen Kreditwirtschaft, dem Dachverband aller Bankenverbände. Das verstärkt nach seiner Aussage das bundesweite Automatensterben.

Im vergangenen Jahr schrumpfte die Zahl der Geräte in Deutschland um 4.000 auf noch rund 52.600. "Das hat aber nicht nur mit den Sprengungen zu tun", meint Bankenvertreter Steudel: "Ein weiterer Grund ist, dass die Automaten immer weniger gebraucht werden, weil die Menschen immer weniger Bargeld nutzen." Nach der jüngsten Studie der Bundesbank aus dem Jahr 2021 bezahlten die Befragten damals in fast einem Drittel aller Fälle an der Ladenkasse mit Karte.

Bargeld kommt die Banken selbst teuer

Deshalb hat sich beispielsweise die Frankfurter Sparkasse aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, gesprengte Automaten in den Stadtteilen Praunheim und Sossenheim nicht wieder aufzustellen, weil diese schon vorher ohnehin immer weniger genutzt wurden. "Aber der nächste Automat ist nur wenige S-Bahn- oder U-Bahn-Haltestellen entfernt", sagt Sparkassensprecher Dennis Vollmer.

Ähnlich argumentiert die Sparkasse Darmstadt mit Blick auf den gesprengten Geldautomaten im Pfungstädter Stadtteil Eschollbrücken. Der rentiere sich nicht, auch wenn man bedenke, dass so ein Gerät rund 50.000 Euro koste. Dazu kämen laufende Kosten etwa für die Versicherung und Wartung. "Dazu haben wir das Problem, dass gerade moderne, sichere Automaten besonders begehrt sind und es Monate dauern kann, bis sie geliefert werden", meint Pressesprecher Peter Lehr.

Dabei sollen die Sparkassen laut Gesetz Verbraucher und Unternehmen gerade in solchen ländlichen Gebieten mit grundlegenden Bankdienstleistungen versorgen. Immerhin kommt in Pfungstadt-Eschollbrücken jeden Dienstag ein Sparkassenbus vorbei. Dort können sich Verbraucher weiterhin mit Bargeld eindecken. Das geht auch in den Supermärkten und Drogerien in der Umgebung.

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