Kritik an "grottig schlechter Kommunikation" der Bahn S8 und S9 fallen zwischen Wiesbaden und Kelsterbach wochenlang aus

Pendlern im Rhein-Main-Gebiet stehen harte Wochen bevor: Bis Ende Mai fallen die S-Bahnlinien S8 und S9 zwischen Wiesbaden und Kelsterbach aus. Fahrgäste und die betroffenen Kommunen erfuhren davon erst jetzt - und sind entsprechend sauer.

Rote S-Bahn (unscharf) fährt durch den Bahnhof mit einem Schild (mittig im Bild, scharf), auf dem "Rüsselsheim Opelwerk" steht.
Für Beschäftigte des Opelwerks, die normalerweise S-Bahn fahren, wird der Weg zur Arbeit für drei Wochen komplizierter. Bild © picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Schon seit dem 24. April wird nachts auf der Strecke der S-Bahnlinien S8 und S9 zwischen Wiesbaden und Kelsterbach (Groß-Gerau) gearbeitet. Doch ab Samstag finden die Sanierungsarbeiten auch tagsüber statt. Die S8 und die S9 fallen dann auf diesem Abschnitt bis zum 23. Mai komplett aus. An den Wochenenden 9. bis 11. sowie 16. bis 18. Mai wird die Sperrung bis zum Frankfurter Flughafen erweitert.

Das hat schwerwiegende Folgen für den Nahverkehr im Rhein-Main-Gebiet. Bahnreisende, die von Wiesbaden nach Mainz, Rüsselsheim oder zum Flughafen fahren wollen, müssen Umwege oder Ersatzbusse und damit deutlich längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Auch das Bahnpendeln zwischen Frankfurt und Mainz wird erheblich komplizierter. Allein unter den Beschäftigten des Flughafens oder des Rüsselsheimer Opel-Werks dürften viele Pendlerinnen und Pendler betroffen sein.

Frust über Informationspolitik der Bahn

Die Stadt Wiesbaden spricht von "massiven Einschränkungen" und beschwerte sich bei der Deutschen Bahn und beim Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV), dass sie nicht im Vorfeld über die Sperrungen informiert worden sei. "Wir haben das über Dritte mitbekommen", sagte ein Sprecher des Verkehrsdezernats. Besonders ärgerlich sei, dass kein Ersatzverkehr zwischen Mainz und Wiesbaden vorgesehen sei. "Die Buslinie 6 ist voll, die kann das nicht auffangen", erklärte der Sprecher.

Gert-Uwe Mende
Not amused: Wiesbadens OB Gert-Uwe Mende (SPD). Bild © picture-alliance/dpa

Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) warf der Bahn eine "grottig schlechte Kommunikation" vor. Ein Vorlauf von ein paar Wochen wäre angezeigt gewesen für alle, die sich auf die ÖPNV-Ausfälle einstellen müssen, betonte er. Die Landeshauptstädte wollen jetzt dennoch versuchen, den Busverkehr kurzfristig noch zu verstärken.

Bahn entschuldigt sich "in aller Form"

"Wir werden das scheibchenweise Abhängen von Rheinland-Pfalz durch die Bahn nicht akzeptieren", beklagte sich die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne). Die vorgelegten Informationen zu den Einschränkungen seien vor allem auch in der Kurzfristigkeit überraschend. Ähnlich äußerten sich auch Kommunalpolitiker aus Mainz.

Auch die Fahrgastverbände Verkehrsclub Deutschland und Pro Bahn übten heftige Kritik. Die Bahn habe die Verbindungen zwischen den Städten Mainz, Wiesbaden und Frankfurt quasi komplett gekappt - und das ohne Vorwarnung oder Rücksicht auf die Bahnreisenden. "Das bringt die Menschen in Rhein-Main wieder aufs Auto", konstatierte Klaus Zecher von Pro Bahn Hessen.

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Die Bahn hatte die Details zur Sperrung am Mittwoch in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Eine Bahnsprecherin erklärte am Freitag auf Nachfrage des hr, die Kurzfristigkeit, mit der die Bauarbeiten angekündigt wurden, "entspricht in keiner Weise unserem Anspruch und wir können uns dafür nur in aller Form entschuldigen". Normalerweise binde die Bahn die Interessensgruppen frühzeitig ein.

Im aktuellen Fall werde man nun "die Kommunikationskette noch einmal genau prüfen und kurzfristig nachschärfen". Die Bahnsprecherin versicherte, man werde die Auslastung der Züge im Rhein-Main-Gebiet und den Ersatzverkehr in den nächsten Tagen "genau verfolgen, um bei Bedarf im Sinne der Fahrgäste nachsteuern zu können".

Was auf der Schiene noch fährt

Während der Streckensperrung richtet die Bahn zwischen Mainz und Kelsterbach sowie zwischen Wiesbaden und Kelsterbach einen Ersatzverkehr mit Bussen ein. Ansonsten verweist sie auf die Verbindungen, die von den Bauarbeiten nicht betroffen sind:

  • Zwischen Mainz Hbf und Wiesbaden Hbf verkehrt die RB75 (Darmstadt – Wiesbaden Hbf) wie gewohnt.
  • Zwischen Wiesbaden Hbf und Frankfurt Hbf verkehren die RB10 und die S1 wie gewohnt. In Mainz-Kastel ist ein Umstieg aus dem Stadtbusverkehr von Mainz kommend möglich.
  • Zwischen Mainz Hbf und Frankfurt Hbf verkehren der RE2 und RE3 weiterhin – teils mit Umleitung und Ersatzhalt in Mainz-Mombach. Außerdem können ab Mainz-Kastel alle nordmainischen Verbindungen (S1/RB10) genutzt werden.

Erschwerte Anreise für Eintracht-Fans

Gleich zum Auftakt wird die Sperrung die Fans der Frankfurter Eintracht treffen, die am Sonntag zum Auswärtsspiel (19.30 Uhr) nach Mainz fahren wollen. Dazu kommt auch noch der Halbmarathon in Mainz, der am Vormittag in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt stattfindet.

Immerhin setzt die Bahn für die Frankfurter Fußball-Fans zwei Sonderzüge auf die Schienen: einen für die Anreise ab 16.41 Uhr vom Frankfurter Hauptbahnhof und einen für die Abreise ab 22.22 Uhr vom Mainzer Hauptbahnhof. Bei bis zu 10.000 erwarteten Eintracht-Fans dürfte es dennoch reichlich eng werden.

Fein raus sind die Anhänger, die zum Derby gegen Mainz auf den Wasserweg setzen. Seit Jahren ist es Tradition, dass zahlreiche Eintracht-Fans mit Ausflugsschiffen über Main und Rhein in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt schippern und sich an Bord schon mal in Stimmung bringen. Zurück fährt das Schiff nach Spielende allerdings nicht mehr.

Arbeiten an Stellwerk in Rüsselsheim

Notwendig ist die Streckensperrung laut Bahn, weil die Schienen-Infrastruktur rund um Mainz und Wiesbaden modernisiert werden muss. Neben Weichen- und Gleiserneuerungen stehen Arbeiten an Oberleitungen an. Außerdem müssen noch die letzten Arbeiten an dem neuen und bereits im Betrieb befindlichen elektronischen Stellwerk in Rüsselsheim erledigt werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch der S-Bahnverkehr zwischen Frankfurt und Offenbach bis in den Oktober hinein nur eingeschränkt funktioniert. Auch dort sind Bauarbeiten notwendig - unter anderem im S-Bahntunnel zwischen Frankfurt-Mühlberg und Offenbach-Ost. Das trifft alle, die zwischen Frankfurt und Offenbach beziehungsweise Hanau mit der S-Bahn fahren.

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Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de/Andrea Bonhagen, Antje Buchholz