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Zwölf E-Busse für Kassel

E-Busse in Kassel vorgestellt

Nach anderen hessischen Städten setzt nun künftig auch Kassel auf E-Busse im Linienverkehr. Zwölf neue Fahrzeuge stehen bereit. Doch bevor sie die Flotte verstärken, soll getestet werden, wie sie mit den Steigungen in der Stadt zurechtkommen.

Er zischt, er brummt ein bisschen - und doch fehlt das typische Fahrgeräusch eines Linienbusses. Denn der Urbino electric von Solaris ist ein E-Bus. Und er fährt wirklich "smooth", gleitet fast schon elegant über die Straße.

Das heißt: Als Fahrgast hört man nicht viel vom Bus - jedenfalls bei voller Fahrt. Denn bis zu einer Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern hört er sich dann doch an wie ein Dieselbus, quasi ein Warnton für Passanten und Fahrgäste.

Das Fahrzeug ist einer von zwölf neuen E-Bussen, die die Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) am Donnerstag bei einem Werkstattgespräch im Betriebshof in der Sandershäuser Straße vorgestellt hat. Spätestens im Mai 2024 sollen sie die Fahrzeugflotte verstärken.

400 Höhenmeter zwischen Fulda und Herkules

Bis dahin stehen Schulungen der Fahrer und Reichweitentests auf dem Programm. Denn die Topographie in Kassel ist anspruchsvoll für den Umstieg auf die E-Mobilität. Eine erste Runde hat der Neue schon hinter sich: Mit den Vertretern der Presse ist ein Solaris-Gelenkbus zehn Minuten um den Block gefahren.

Das ist kein Vergleich zu dem, was ihn im normalen Linienbetrieb erwartet. Das derzeit winterliche Kassel ist für die Fahrzeuge eine Herausforderung, immerhin gibt es hier zwischen Fulda und Herkules gut 400 Meter Höhenunterschied. Das haben die Techniker der KVG simuliert - und zwar bereits, bevor die Fahrzeuge angeschafft wurden.

E-Busse in Kassel vorgestellt

Motorleistung und Batterie-Kapazität abgestimmt

Die neuen E-Busse haben eine Reichweite von 200 bis 250 Kilometern. Wie weit genau sie mit einer Ladung kommen, hängt von der Topographie auf der Strecke ab - aber auch von den Außentemperaturen. Wenn es kalt ist, geht das zu Lasten der Reichweite.

Neben dem hoch über der Stadt thronenden Herkules gebe es noch andere Ecken, die durchaus anspruchsvoll seien, sagt Olaf Hornfeck, Vorstand der KVG. Wie viel Energie wird dort gebraucht? Auf diese Leitfrage seien Motorleistung und Batteriekapazität abgestimmt worden.

Schulungen für Fahrer

In den nächsten Monaten werden 200 Fahrer und Fahrerinnen im Umgang mit den E-Fahrzeugen geschult. Vor allem, was die Batterielaufzeit und den Ladevorgang angeht.

Denn im Verkehr zeigt sich gar kein so großer Unterschied, wie Karsten Kamutzki, KVG-Betriebsleiter und Leiter des Bereichs "Verkehr und Technik" betont. Abmessungen und Fahrverhalten seien durchaus vergleichbar mit den herkömmlichen Dieselbussen.

Ökostrom aus eigenen Windparks

Anders sieht es an den Endstationen aus. Dort gilt es, den Bus unter eine der Ladehauben zu fahren und den Stromabnehmer anzudocken, um den Bus zu laden.

Ebenso wie die Straßenbahnen werden auch die E-Busse mit Ökostrom aus den eigenen Windparks in der Region geladen. Bei einer Flaute komme der Strom aus Photovoltaikparks oder europäischen Wasserkraftwerken, erklärt Hornfeck.

Der Pantograph rastet in der Ladesäule ein.

Höhere Brandlast als herkömmliche Dieselbusse

Mit den Schulungen wird auch für den Ernstfall vorgesorgt. Denn im Fall eines Fahrzeugbrandes müssen die Fahrer die Batterie trennen. E-Fahrzeuge hätten eine höhere Brandlast, also eine größere Wärmeentwicklung, als ein normaler Dieselbus, erklärt der KVG-Betriebsleiter.

Für diesen Fall habe man die Feuerwehr miteinbezogen. Ein spezielles Brandschutzkonzept regelt dabei das Verhalten im Ernstfall. Hierfür sei sogar ein Havarieplatz vorgesehen, auf dem ein Fahrzeug abgestellt und beobachtet werden könne, so Kamutzki.

Bis 2030 nur noch klimafreundliche Busse

Bis 2030 sollen nicht nur in Kassel, sondern überall in Deutschland möglichst nur noch klimafreundliche Busse fahren. In Frankfurt ist bereits jeder fünfte Bus ein E-Modell, in Wiesbaden sogar mehr als jeder dritte. Hier hatte man die ersten Busse mit E-Antrieb bereits 2019 bestellt.

Kassel sei kein Pionier, betonte Kamutzki beim Werkstattgespräch, eher ein früher Folger. Das habe den Vorteil, dass man von den Erfahrungen anderer Städte habe profitieren können.

Förderung vom Bund

650.000 Euro kostet ein Solaris-Elektro-Bus, ein Dieselfahrzeug 230.000 Euro. Die zwölf E-Busse der KVG haben insgesamt zehn Millionen Euro gekostet, dazu kommen nochmal 2,3 Millionen Euro für die Ladeinfrastruktur.

Unterstützt wird das Projekt vom Bund. Das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) fördert 80 Prozent der Differenz im Vergleich zu einem Dieselbus, dazu 40 Prozent der Ladeinfrastruktur.

Diese ist zunächst an der Wendeschleife Holländische Straße und im Betriebshof geplant. Im Testbetrieb werde ausprobiert, wie weit man mit den E-Bussen überhaupt fahren kann, um dann zu entscheiden, wo weitere Ladesäulen aufgestellt werden müssen, sagt Kamutzki.

E-Busse in Kassel vorgestellt

20 Prozent weniger Platz für Fahrgäste

Fahrgäste werden den Umstieg auf die E-Busflotte vor allem im Schüler- und Berufsverkehr merken, denn es passen 20 Prozent weniger Menschen in den Bus. Perspektivisch könne man diese Verluste ausgleichen, sagt Hornfeck. Auch weil die Busse in den kommenden Jahren weiterentwickelt würden. Bis dahin müsse man den Takt auf einzelnen Linien gegebenenfalls verstärken.

Hornfeck sieht dabei auch die Politik in der Pflicht: Es brauche nicht nur Bekenntnisse zur Ausweitung des ÖPNV, sondern Geld, mit dem zusätzliche Fahrer eingestellt und Busse angeschafft werden könnten.

E-Busse in Kassel vorgestellt

Im ersten Schritt sollen in Kassel zwei Linien von den E-Bussen bedient werden, eine davon führt durch mehrere Wohngebiete. "Da können die Busse ihre ganze Stärke ausspielen, weil sie emissionsfrei und geräuscharm sind", erklärt KVG-Sprecherin Heidi Hamdad. Davon würden auch die Anwohner besonders profitieren.

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