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Wegen Baustelle: Zugausfälle in Mittelhessen

Zugausfälle in Mittelhessen

Wegen einer Großbaustelle in Frankfurt wird der Bahnverkehr nach Mittelhessen drastisch eingeschränkt. Pendler aus Marburg oder Gießen müssen mehr Zeit einplanen. Jene aus kleineren Orten können froh sein, wenn überhaupt ein Zug kommt.

Sichtlich erschöpft schiebt Axel Helmstädter sein Fahrrad durch den Marburger Bahnhof – dabei hat seine Arbeitswoche doch gerade erst begonnen. Mit einer Stunde Verspätung kommt der Berufspendler am Montagmorgen aus Frankfurt hier an. "Der Zug in Friedberg kam einfach nicht", erzählt er. Irgendwann habe er erfahren: Baustelle. Als der Zug dann kam, hätte er schon längst auf der Arbeit sein müssen.

Es wird für Monate vermutlich nicht seine letzte Wartezeit am Gleis gewesen sein. Gestrandete Reisende, volle Züge: Auf Mittelhessen-Pendler kommt ein harter Sommer zu. Seit dem 13. Juni gibt es deutliche Einschränkungen im Regionalverkehr. Zwischen Juli und September werden sie sich sogar noch mal verstärken. Der Fahrgastverband Pro Bahn befürchtet Chaos auf den Bahnsteigen und nennt einige der Einschränkungen völlig inakzeptabel.

Grund ist Großbaustelle in Frankfurt

Hintergrund ist eines der folgenreichsten Bauvorhaben im RMV-Gebiet der vergangenen Jahre: der Ausbau der S6 zwischen Frankfurt und Bad Vilbel. Zwar hat diese S-Bahn mit Zügen nach Marburg, Gießen oder Wetzlar eigentlich wenig zu tun, jedoch hat die Großbaustelle massive Auswirkungen für den Regionalverkehr dorthin.

Ein Bagger steht neben den Gleisen der S6.

Weil die S6 zwei neue Gleise bekommen soll, muss die Niddabrücke auf Höhe der Haltestelle Bad Vilbel gesprengt und neu gebaut werden. Seit Montag ist die Strecke eingleisig gesperrt, vom 9. Juli bis 5. September dann sogar komplett.

Zwei Mal nach Frankfurt

Bereits im Mai hatte die Bahn Einschränkungen angekündigt, nun zeigt sich, was das konkret bedeutet: Die Sperrung sorgt bereits jetzt für Ausfälle, Verspätungen und lange Umleitungen über Hanau. Ab dem 8. Juli werden die Züge dann noch deutlich seltener und größtenteils nicht mehr bis zum Frankfurter Hauptbahnhof durchfahren.

Das bedeutet beispielsweise: Konnten Reisende aus Marburg bisher im Halbstundentakt zum Frankfurter Hauptbahnhof durchfahren, wird es diese Direktverbindung ab Juli nur noch fünf Mal täglich geben. Viele Züge werden nur noch in Frankfurt Süd halten oder sogar nur bis Hanau fahren. Zudem fallen viele Halte weg. Besonders hart trifft es deshalb Menschen in kleineren Gemeinden: In Orten wie Fronhausen (Marburg-Biedenkopf) oder Langgöns (Gießen) wird die Regionalbahn ins Frankfurter Stadtgebiet im Sommer nur noch zwei Mal täglich halten.

Pro Bahn kritisiert Baustellenfahrplan

Pro Bahn hat die Bahn und den RMV in einem offenen Brief aufgefordert, den Fahrplan noch mal zu überarbeiten und auch während der Bauzeit mehr Züge einzusetzen. Besonders problematisch ist aus Sicht des Verbands: Der sogenannte Mittelhessenexpress (RB40 und RB41) soll monatelang gar nicht mehr nach Frankfurt fahren: Stattdessen soll er nur noch im Zweistundentakt kommen und in Hanau enden. "Völlig inakzeptal" nennt der Fahrgastverband diese Lösung.

Pro Bahn kritisiert: Die Einschränkungen seien einerseits für Pendler eine hohe Belastung, würden aber insbesondere auch vor dem Hintergrund des 9-Euro-Tickets Gelegenheitsfahrer abschrecken. Der Verband schlägt vor: Die Bahn solle während der Bauzeit zumindest die ICEs auf der Strecke für Regio-Passagiere freigeben.

RMV rechnet mit sehr hoher Auslastung

Der RMV sieht die Probleme durchaus und bedauert die Einschränkungen für die Reisenden. In einem Schreiben, das dem hr vorliegt, heißt es: Man erwarte eine sehr hohe Auslastung und wisse um die bevorstehenden "außerordentlichen Belastungen der Fahrgäste angesichts der mehrmonatigen Einschränkungen". Die Weiterführung des Mittelhessenexpress zwischen Frankfurt und Hanau habe man geprüft, jedoch sei dies aufgrund der hohen Auslastung dieses Streckenabschnitts nicht möglich gewesen.

Ein Sprecher teilte auf hr-Anfrage mit:  Man versuche aktuell, die Bahn von einer Lösung wie etwa einer ICE-Mitnutzung zu überzeugen. Das Problem: Selbst wenn das ginge - wegen der Bauarbeiten fährt auch der ICE im Sommer wohl deutlich seltener. Eine andere Möglichkeit wären laut RMV längere Regio-Züge, um die vielen Fahrgäste unterzubringen. Auch das sei jedoch nur begrenzt möglich, weil man wegen der vielen Umleitungen die Wagen an anderer Stelle brauche. Zudem sei man limitiert durch Bahnsteiglängen.

Pendler Axel Helmstädter hofft jedenfalls sehr, dass die Bahn nachlegt und mehr Züge auf die Gleise bringt. "Durch das 9-Euro-Ticket sind ja jetzt schon viele Bahnen verstopft", sagt er. Aufgrund der Verspätung an diesem Morgen heißt es nun für ihn: "Schneller arbeiten – und dann hoffen, dass der Heimweg besser wird."

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