Wunschschulen überfüllt Frust über Schulplatzvergabe in Frankfurt

Die Staatlichen Schulämter arbeiten derzeit auf Hochtouren: Die Viertklässler stehen vor dem Übergang auf die weiterführenden Schulen. Doch ihre Wunschschulen bleiben vielen Kindern verwehrt - vor allem in Frankfurt.

Kind meldet sich
Nicht für alle Kinder geht es nach den Sommerferien in Frankfurt an der Wuschschule weiter. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
Audiobeitrag
Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Lilia Donenko hat eigentlich genug Sorgen. Vor ein paar Tagen ist aber eine weitere dazugekommen: Ihr Sohn ist einer von 602 Viertklässlern in Frankfurt, die keinen Platz an ihrer weiterführenden Wunschschule bekommen haben. Die IGS Kalbach-Riedberg hatte sie für ihren Sohn im Sinn, denn die Schule ist von ihrem Wohnort in Eckenheim mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen.

Hinzu komme das Konzept: Die Schülerinnen und Schüler können dort sehr selbständig lernen, bis zur 8. Klasse gebe es keine Noten, sagt Donenko. Außerdem arbeite eine ihrer Freundinnen dort, so dass ihr Sohn bei Problemen eine Ansprechpartnerin vor Ort gehabt hätte.

Lilia Donenko kann eine solche Unterstützung gut gebrauchen. Sie ist alleinerziehende Witwe, hat vor einem Jahr ihren Mann verloren. Und sie leidet selbst an Lungenkrebs, darf wegen Metastasen im Gehirn derzeit nicht Auto fahren. Das hatte sie bei der Wahl der weiterführenden Schule ihres Sohnes angegeben, sagt sie, doch gebracht hat es nichts. Selbst der Zweitwunsch, die IGS Nordend, wurde nicht berücksichtigt: Ihr Sohn wurde der IGS Eschersheim zugewiesen.

Stadtelternbeirat: Viele Kinder müssen durch ganze Stadt fahren

Jedes zehnte von 6.161 Frankfurter Schulkindern im Übergang auf die weiterführende Schule musste in diesem Jahr zugewiesen werden, ein neuer Höchstwert.

"Es ist einfach so, dass wir zu wenig Schulplätze in Frankfurt haben", sagt Astrid Bissinger vom Stadtelternbeirat. "Es fehlen aktuell 29 Schulen, die noch nicht gebaut sind", rechnet sie vor. Daher komme der eklatante Mangel an Plätzen. In der Vergangenheit seien an den bestehenden Schulen neue Klassen gebildet wurden, viele Schulen seien nun endgültig voll.

Anderen Schulen, die in diesem Jahr einen neuen Zweig einrichten wollten, sei dies mit Verweis auf zwei neue Gymnasien an der Neuen Börse verwehrt worden. Nun müssten viele Schülerinnen und Schüler durch die ganze Stadt fahren, um an ihre jeweilige Schule zu kommen.

Es sei viel zu lange gezögert worden, neue Bauten zu errichten. Die beiden neuen Gymnasien an der Neuen Börse böten durchaus Entlastung, seien für viele Eltern aber eine "Black Box". "Die Schulen hatten nicht viel Zeit, sich den Eltern zu präsentieren", sagt Bissinger.

Die Stadt habe eine "große Aufgabe" vor sich, sagt Frankfurts Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD). Mit dem Schulamt sei verabredet, eine räumliche Nähe zu den Schulen zu berücksichtigen, damit die Schüler nicht durch die ganze Stadt fahren müssen, nicht immer könne das Amt dem aber entsprechen.

Hohe Frankfurter Zahl einmalig in Hessen

Weber verweist auf das starke Bevölkerungswachstum in Frankfurt und darauf, dass besonders viele Eltern ihre Kinder auf Gymnasien schicken wollen. Letzteres verzeichnen auch andere Städte in Hessen. Eine so hohe Zahl an Schülerinnen und Schülern, die zugewiesen werden müssen, ist aber relativ einmalig, wie eine Umfrage des hr bei anderen staatlichen Schulämtern ergibt.

In der Stadt Offenbach zum Beispiel sind diesmal 1.144 Schülerinnen und Schüler im Übergang von der Jahrgangsstufe 4 in die Jahrgangsstufe 5, heißt es vom dortigen Schulamt, im Landkreis Offenbach seien es 3.224.

In der Stadt hätten von 27 Schülerinnen und Schülern weder der Erst- noch der Zweitwunsch erfüllt werden können, im Kreis von 46 Schülerinnen und Schülern, diese befänden sich nun ein einem Losverfahren.

Vom staatlichen Schulamt des Main-Kinzig-Kreises heißt es, auch dort und in Hanau hätten die Anmeldezahlen teilweise die Kapazitäten überschritten, ein Losverfahren sei jedoch nicht nötig, da es genug Plätze an den Zweit- oder Drittwunschschulen gebe. Auch aus Darmstadt ist zu hören, dass kein Losverfahren nötig sei. In den allermeisten Fällen habe schon der Zweitwunsch erfüllt werden können.

Situation in Kassel entspannt sich

Nach Angaben aus Kassel sind in der Stadt 3.357 Kinder im Übergang, das Verfahren laufe aber noch. Absehbar sei schon, dass sich dort die Situation entspanne, nachdem im vergangenen Jahr 150 Viertklässler nicht in ihrer Wunschschule untergekommen waren.

Das Schulamt geht, Stand Mitte Juni, diesmal von weniger als 70 Kindern aus, die auf ihre Drittwunschschule oder über ein Losverfahren vermittelt werden müssten.

In Frankfurt will sich Lilia Donenko nicht mit der zugewiesenen Schule abfinden. Sie hat einen Termin bei einer Privatschule ausgemacht, die sie sich eigentlich nicht leisten kann, wie sie sagt. Sie hofft auf ein Förderprogramm für ihren Sohn.

Weitere Informationen

Schulzuweisungen

In Frankfurt läuft das Verfahren beim Übergang in die weiterführenden Schulen wie folgt ab: Ist die Zahl der Anmeldungen in bestimmten Schulen höher als die Zahl der verfügbaren Plätze, werden die Schulplätze verlost. Geschwisterkinder werden allerdings vorrangig aufgenommen, auch Härtefälle und das Interesse an zertifizierten Musik- und Sportschwerpunkten werden besonders berücksichtigt. Sind beide Wunschschulen voll belegt, wird das Kind zugewiesen. Familien, die eine Absage erhalten haben, kommen auf eine Warteliste, auch hier wird die Reihenfolge ausgelost. Ähnliche Verfahren gibt es auch andernorts in Hessen.

Ende der weiteren Informationen
Weitere Informationen

Sendung: hr4, 14.06.2024, 15.30 Uhr

Redaktion: Sonja Fouraté

Ende der weiteren Informationen

Quelle: Hanna Immich, Tobias Weiler-Mattes