Jubel bei Eintracht Frankfurt

Nach rund einem Drittel der Hinrunde ist bei Eintracht Frankfurt Zeit für eine erste Inventur. Die Taktik-Revolution fiel wieder einmal flach, der Kader hat Lücken, das Team aber dennoch Qualität. Ist also alles gut? Fast. Ein Zwischenfazit.

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Highlights: Frankfurt - Stuttgart

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Pünktlich zum Abschied des Sommers befindet sich Eintracht Frankfurt in der letzten Länderspielpause der Hinrunde. Nach sieben Partien in der Bundesliga, der ersten Runde im DFB-Pokal und den beiden Premieren-Auftritten in der Champions League holt das Team von Trainer Oliver Glasner noch einmal tief Luft, ehe es in knapp zwei Wochen schon in den Jahres-Endspurt geht. Zeit für ein Zwischenfazit.

Was bisher geschah

Elf Punkte und Rang sieben in der Liga, im DFB-Pokal souverän in die zweite Runde eingezogen und gute Chancen auf das Achtelfinale, dazu in der Champions League einmal Lehrgeld bezahlt, einmal überraschend gewonnen. Die Zusammenfassung der vergangenen Wochen der Eintracht kann sich trotz einiger Ausrutscher durchaus sehen lassen.

So setzte es gegen die Bayern (1:6) und Sporting Lissabon (0:3) zwar deutliche sowie gegen Wolfsburg (0:1) ernüchternde Niederlagen. Insgesamt sind die Hessen aktuell aber voll im Soll.

Mit welchem Gefühl geht die Eintracht in die Pause?

Vor allem die beiden Erfolge in Marseille und Stuttgart haben die Stimmung rund um die Eintracht erheblich verbessert. Nachdem Trainer Glasner nach dem unterirdischen Auftritt gegen Wolfsburg noch zu einer Rundum-Kritik ausgeholt hatte und es auch intern rumorte, sieht die hessische Fußball-Welt nun wieder etwas rosiger aus. "Die drei Punkte in Stuttgart waren extrem wichtig", floskelte Sebastian Rode die Frankfurter Gefühlslage zusammen. Die Eintracht ist in der Saison angekommen.

Lief denn alles gut?

Nein. Die Eintracht, die mit der Euphorie des Europa-League-Triumphs zu Beginn der Saison etwas überfordert wirkte, ist noch nicht konstant genug. An guten Tagen wird RB Leipzig mit 4:0 aus dem Stadion geschossen, an schlechten gibt es gegen biedere Wölfe, einen biederen 1. FC Köln (1:1) und eine noch biedere Hertha (1:1) vorne zu wenige Chancen und hinten zu viele Fehler.

Der Hauptgrund dafür war und ist, dass es der Mannschaft an Halt fehlt. Die Stärken der vergangenen Saison, als die Glasner-Elf stets aus einer kompakten Defensive heraus agierte und vor allem über schnelles Umschaltspiel zum Erfolg kam, gingen zwischenzeitlich verloren. Das Experiment Viererkette, die bei der Eintracht fast schon traditionell immer wieder ausgepackt und dann irgendwann wieder eingemottet wird, verunsicherte das Team dann ab dem 3. Spieltag zusätzlich und ging letztlich schief. Die Maschine knarzte hier und da gewaltig.

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Die komplette Eintracht-PK nach dem Spiel in Stuttgart

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Warum klappt das mit der Viererkette nicht?

Nach dem Weggang von Filip Kostic zu Juventus Turin mutete die Viererkette zunächst als logischste Lösung an. Ohne den Dampfmacher auf der linken Seite sollten die Aufgaben auf den Außenbahnen auf mehrere Schultern verteilt und zusätzliche Offensiv-Power generiert werden. Hinten zwei gelernte Außenverteidiger, vorne drei statt zwei offensiven Mittelfeldspielern.

Das Problem dabei: Die Qualität der ohnehin spärlich vorhandenen und nach und nach verletzten Außenverteidiger reicht nicht aus. Die hochveranlagten, aber noch jungen Innenverteidiger Tuta und Evan N'Dicka fühlen sich zudem, das zeigten die Spiele in Marseille und Stuttgart eindrucksvoll, mit einem Organisator an ihrer Seite deutlich wohler.

Was funktioniert denn schon gut?

Trotz des nicht ganz ruckelfreien Starts und einigen Verletzungssorgen wirkt die Eintracht als Team gefestigt. Dem Frankfurter Aufgebot fehlt es zwar in der Defensive an Alternativen, die individuelle Qualität ist aber vor allem in der Offensive deutlich besser als im vergangenen Jahr. "Wir hatten wie am Anfang in der letzten Saison zu viele Schwankungen. Aber unser Kader ist gut, das haben wir gezeigt", betonte Keeper Kevin Trapp. Dass die Hessen in Stuttgart drei Tore nach Standards erzielten, ist ein gutes Zeichen. Auf diese Art und Weise gewinnen Spitzenteams.

Wie schlagen sich die Neuzugänge?

Höchst unterschiedlich. Randal Kolo Muani ist eine Naturgewalt und schon jetzt auf dem Weg zum Publikumsliebling. Mario Götze ist nicht immer auffällig, durch seine fußballerische Extra-Klasse aber eine absolute Verstärkung. Junior Dina Ebimbe und Faride Alidou deuteten ihr Potenzial an, sind aber noch jung. Ob Pellegrini wirklich die Klasse und die Fitness für die Bundesliga hat, wird sich noch zeigen müssen. Die restlichen Spieler (Hrvoje Smolcic, Jerome Onguene und Aurelio Buta) waren verletzt oder kamen zu wenig zum Einsatz.

Und dann wäre da noch Lucas Alario. Der mit viel Vorschusslorbeeren von Bayer Leverkusen losgeeiste Mittelstürmer ist bislang der große Verlierer und in der Stürmergunst hinter Rafael Borré auf Platz drei abgerutscht. Dass er derzeit gar keine Chancen auf Spielminuten hat, ist erstaunlich – und könnte sich bald ändern.

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UEFA prüft Sanktionen – Was droht der Eintracht nach Marseille, Herr Reschke?

Hinten: Pyro im Block, Vorne: Philipp Reschke (Vorstand Eintracht Frankfurt) schaut ernst. Collage. Logo: Heimspiel / Text: Champions-League-Randale - Reschke spricht Klartext
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Was passiert nach der Pause?

Nach der Länderspielpause wird es für die Eintracht nämlich "heavy", wie Kapitän Rode ankündigte. Dank der Winter-WM haben die Hessen sechs englische Wochen in Folge mit insgesamt 13 Partien vor der Brust. Trainer Glasner, der bei der Startelf gerne auf Kontinuität setzt, wird bei dieser Belastung gar nicht um eine Rotation herumkommen. In der Offensive dürfte es demnach einige Wechsel und verschiedene Zusammensetzungen geben. In der Defensive sollte sich möglichst niemand verletzen.

Fazit

Den ganzen Schwung des historischen Europapokal-Erfolgs konnte die Eintracht nicht mit in die Saison retten. Nach dem Verlust von Kostic und einem taktischen Irrweg läuft die Maschine inzwischen aber wieder rund. Die Offensive um Götze, Jesper Lindström, Daichi Kamada und Kolo Muani genügt höheren Ansprüchen.

Wenn es die Eintracht schafft, die richtige Balance zu finden und konstanter wird, ist in allen drei Wettbewerben etwas drin. Die dauerhafte Dreifachbelastung ist jedoch nicht zu unterschätzen. So oder so: Langweilig wird es definitiv nicht.