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Höhere Kurtaxe in Wiesbaden setzt Jugendherberge und Hoteliers zu

Schild Jugendherberge

Seit Februar müssen Übernachtungsgäste in Wiesbaden eine Kurtaxe von fünf Euro zahlen - pro Tag. Die drastische Erhöhung könnte nun Folgen für die Jugendherberge haben. Sie berichtet von ersten Stornierungen.

Die Erhöhung der Kurtaxe in Wiesbaden bereitet Hoteliers und dem Jugendherbergswerk Sorgen. Seit dem 1. Februar müssen Übernachtungsgäste in der Landeshauptstadt pro Tag fünf Euro bezahlen - zwei Drittel mehr als vorher. Wiesbaden ist damit nicht nur bundesweit Spitzenreiter. Neuerdings müssen auch Geschäftsreisende die Kurtaxe bezahlen, die zuvor ausgenommen waren.

Die Jugendherberge in Wiesbaden stellt das vor existenzielle Herausforderungen, warnte der Landesverband Hessen des Deutschen Jugendherbergswerks am Donnerstag. Erste Gruppen hätten bereits ihre Buchungen storniert.

"Wir gehen aktuell davon aus, dass wir für die zweite Jahreshälfte mit weiteren Stornierungen von einem Drittel unserer Übernachtungen rechnen müssen", teilte die Herbergsleitung mit. Das wären etwa 6.000. "Unsere Sorge ist, dass wir die für dieses Jahr geplanten Übernachtungen nicht erreichen und nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können."

Jugendherberge: Gäste mit begrenztem Budget

Fünf Euro klinge im ersten Moment zwar nach nicht besonders viel, sagte der Sprecher des hessischen Jugendherbergswerks, René Kuke. Bei Gruppen von 40 bis 50 Personen, auf die zwei Drittel aller Übernachtungen in der Wiesbadener Herberge entfielen, sei dies aber sehr wohl "eine Hausnummer".

Denn unter den Gästen seien neben Schulklassen besonders viele Bundesfreiwillige, die ihre Seminare in der Jugendherberge besuchten. Diese Gruppen hätten ein begrenztes Budget und bereits angekündigt, wegen der Kurtaxe künftig in anderen Häusern zu buchen, so die Herbergsleitung.

"Wir wollen ein Ort für alle sein, für gemeinschaftlichen Austausch. Das können wir dann nicht mehr leisten", fügte Kuke hinzu.

Hotelbetreiber: Veranstalter machen Rückzieher

100 Übernachtungen habe er bereits verloren, berichtete Urs von Kellenbach vom "Motel One". Immer wieder bekomme er Anfragen von Veranstaltern, die einen Rückzieher machten, sobald er auf die Kurtaxe hinweise. Im benachbarten Mainz oder Frankfurt gebe es für Geschäftsreisende keine Kurabgabe. "Da sind wir nicht konkurrenzfähig."

Ähnlich hatte die Industrie- und Handelskammer argumentiert. Wiesbaden sei nun "negativer Spitzenreiter in ganz Deutschland", die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt sei erheblich beeinträchtigt.

Von Kellenbach kritisierte, dass die Stadt das Gespräch mit den Hoteliers nicht gesucht habe. Dabei gebe es Vorschläge, wie sich die Kurtaxe marketingverträglicher gestalten lasse.

Vorschlag: kostenloses Bus- und Bahnticket

Von den Ermäßigungen auf Souvenirs und auf Stadtführungen, die zumindest Touristen nutzen könnten, hätten Geschäftsreisende nichts. Würden die Einnahmen dagegen in ein kostenloses Bus- und Bahnticket für die Übernachtungsgäste fließen, würden auch sie profitieren. Auch eine Staffelung des Betrags abhängig von der Hotelgröße würde helfen, schlug von Kellenbach vor.

Denn am härtesten treffe es die kleineren Hotels am Stadtrand. "Wenn ich ein Zimmer für 50 Euro anbiete für zwei Personen und die dann aber wegen des Kurbeitrags 60 Euro bezahlen müssen, sind das 20 Prozent mehr. Da überlegt sich der Monteur auf Reise, ob es ihm das wert ist", rechnete er vor.

Wirtschaftsdezernat: Ausnahme für Jugendherbergen nicht möglich

Eine Ausnahme für die Jugendherberge könne die Stadt aus rechtlichen Gründen nicht machen, teilte das Wirtschaftsdezernat der Stadt Wiesbaden auf Anfrage mit. Man prüfe, ob es eine Möglichkeit gibt, Personengruppen aus sozialen Gründen von der Abgabe zu befreien.

Auch die Opposition im Wiesbadener Stadtparlament hatte die "verheerenden Auswirkungen" der höheren Kurtaxe für die Jugendherbergen und weitere Institutionen kritisiert. In einem gemeinsamen Antrag forderten FDP, CDU und die Fraktion Bürgerliste Wiesbaden, Unabhängige Liste Wiesbaden und BIG, Teilnehmer von Veranstaltungen von Bildungsträgern sowie Teilnehmer an beruflichen Fort- und Weiterbildungen von der Kurtaxe zu befreien.

Kurtaxe für Geschäftsreisende soll auf den Prüfstand

Die Einnahmen aus der Kurtaxe sollen laut Stadt in die Touristeninformation, das Kongresszentrum RMCC sowie die Instandhaltung von Kurpark und Kuranlagen fließen. Die Kurtaxe sei zweckgebunden, eine direkte Finanzierung sozialer Projekte sei nicht möglich. Die Einnahmen sollen den Haushalt jedoch entlasten, weil beispielsweise weniger Zuschüsse in das Kongresszentrum nötig seien.

Von Anfang an sei für die Einführung der Kurtaxe für Geschäftsreisende eine Evaluierung geplant gewesen. "Wir haben die Übernachtungszahlen im Blick", versprach das Dezernat.

Für die Jugendherberge könnte es dann allerdings zu spät sein. "Aktuell laufen die Anfragen für 2025", sagte René Kuke. "Wenn die Gruppen dann nicht mehr kommen, wäre das ein immenses Problem."

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