Google hat in Hanau sein erstes eigenes Cloud-Rechenzentrum in Deutschland für gewerbliche Kunden eröffnet. Der Konzern will dabei möglichst klimafreundlich sein.

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Google eröffnet Cloud-Rechenzentrum

Der Schriftzug Google vor dem neuen Rechenzentrum
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Google hat am Freitag in Hanau sein erstes eigenes Cloud-Rechenzentrum in Deutschland in Betrieb genommen. Mit der Anlage auf einem Gelände, das einst von der Hanauer Atomindustrie genutzt wurde, baut der Internet-Riese seine Präsenz in Deutschland deutlich aus.

Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) sagte zur Eröffnung, mit der Ansiedlung des Rechenzentrums in Hanau werde Deutschland als "attraktiver Standort für Künstliche Intelligenz und Cloud-Dienste gestärkt".

Hanau profitiert von Ansiedelung

Der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sagte, mit Google habe man einen starken Partner an der Seite. Google unterstütze lokale Einrichtungen und verfolge das Ziel, mit der Abwärme das benachbarte Industriegebiet zu versorgen.

"Damit wird ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, unseren Materialtechnikstandort langfristig zu transformieren und wettbewerbsfähig zu halten", so Kaminsky. "Mittelfristig trägt die Gewerbesteuer des Unternehmens natürlich auch zum Ausbau der städtischen Infrastruktur bei."

Digital statt Atom

Das Google-Rechenzentrum markiert für die Stadt mit gut 100.000 Einwohnern den Wandel von der Atomindustrie zur Digitalwirtschaft. In den achtziger Jahren sollte in Hanau ein Herzstück der deutschen Atomindustrie, ein so genanntes Mox-Brennelementewerk, entstehen.

Dessen Inbetriebnahme wurde allerdings nach etlichen Atomskandalen 1995 aufgegeben. Das Rechenzentrum von Google wurde nun an der Stelle gebaut, wo früher die dicken Mauern eines markanten Atombunkers von Siemens standen.

Teil einer großen Cloud-Infrastruktur

Das Projekt in Hanau ist Bestandteil eines gut eine Milliarde Euro umfassenden Investitionsprogramms des Google-Konzerns Alphabet, zu dem neben dem Rechenzentrum in Hanau auch eine neue Cloud-Infrastruktur im Raum Berlin-Brandenburg gehört. Die Anlage, die in der Nähe des Flughafens BER entstehen soll, wird Google allerdings nicht selbst betreiben, sondern anmieten.

Über einen Vertrag mit dem Energieversorger Engie wird Google zufolge gewährleistet, dass die Anlagen in weiten Bereichen klimaneutral betrieben werden.

Keine Daten von Privatmenschen

In der Hanauer Anlage werden Speicher- und Cloud-Dienste für gewerbliche Kunden von Google Cloud bereitgestellt. Daten von privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern werden dort nach Unternehmensangaben nicht verarbeitet und gespeichert.

Referenzkunden sind die Commerzbank, der Automobilzulieferer Fehrer und die Lufthansa Group. Die Anlage soll helfen, die wachsende Nachfrage nach Cloud-Diensten in Deutschland zu bedienen.

Großer Internetknoten in direkter Nachbarschaft

Das Rhein-Main-Gebiet ist ein bundesweiter Schwerpunkt für große Rechenzentren. Grund ist vor allem der Internetknoten DE-Cix in Frankfurt am Main, einer der größten weltweit. Er ist nur rund 20 Kilometer von dem neuen Google-Rechenzentrum entfernt.

Hier treffen viele nationale und internationale Datenströme aufeinander, was Frankfurt zu einem zentralen Umschlagplatz für Datenverkehr in Europa macht. Mit dem Anschluss wird gewährleistet, dass neben hohen Bandbreiten auch extrem kurze Laufzeiten für die Daten erreicht werden. Experten sprechen hier von einer niedrigen Latenz.

Google will möglichst klimafreundlich sein

Für Google war es aber nicht nur wichtig, dass der Anschluss des Rechenzentrums an das Internet exzellent ist. Der Konzern hat offiziell das Ziel ausgegeben, auch bei seinen Clouddiensten die Auswirkungen auf Klima und Umwelt nachhaltig zu minimieren.

Zum einen benötigt Google dafür Strom, der möglichst aus erneuerbaren Quellen stammt, um den CO2-Abdruck zu minimieren. Nach Angaben des Unternehmens stammen bereits jetzt 80 Prozent der verbrauchten Energie im Jahresdurchschnitt aus CO2-freien Quellen.

Abwärme soll für andere Gebäude genutzt werden

Das zweite große Umweltthema beim Betrieb von Rechenzentren ist das Thema Wärme. Der Strom für den Betrieb der Computer, Netzwerkschalter und Datenspeicher wird letztlich in Wärme umgewandelt, die mit riesigen Ventilatoren abgeführt wird.

Die Kühlsysteme in Hanau arbeiten aber auch mit Wasser. Und dieses Wasser soll möglichst verantwortungsvoll gewonnen werden.

Damit die Abwärme dann nicht nur einfach an die Umwelt abgegeben wird, prüfen Google und die Unternehmen EnBW, Evonik Industries sowie Umicore die Möglichkeiten, die Abwärme für die Versorgung angrenzender Gebäude im Industriepark Wolfgang und damit zur Energieeinsparung nutzbar zu machen.