SPD-Chef Manfred Merz hängt die Wahlplakate der SPD ab.

Lange galt Nordhessen als Hochburg der SPD - uneinnehmbar für andere Parteien. Das ist jetzt Geschichte: Die Genossen konnten bei der Landtagswahl kein einziges Direktmandat erzielen. Lediglich die Grünen konnten ihren Wahlkreis halten.

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Nordhessen – ein Wahldesaster für die SPD

SPD-Parteimitglieder
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Die SPD gehört zu den Verlierern der Landtagswahl 2023 in Hessen. Das zeigt sich auch auf Wahlkreisebene. Die Sozialdemokraten konnten kein einziges Direktmandat holen. Bei der vergangenen Landtagswahl 2018 waren es noch zehn - vor allem in Nordhessen. 

Hier hat die CDU nun bis auf den Wahlkreis im Westen der Stadt Kassel alle Direktmandate geholt. Dort hatte Grünen-Kandidatin Vanessa Gronemann die Nase vorn. Die SPD ging leer aus - erstmalig in der Geschichte des Landes Hessen. Dass die CDU in Nordhessen die Wahl so klar für sich entscheiden kann, ist einmalig. 

Zwei Hessenkarten zeigen die Verteilung der Wahlkreise bei den Hessischen Landtagswahlen 2018 und 2023.

Selbstdemontage der Kasseler SPD? 

Mögliche Gründe der Klatsche für die Ampelparteien sind zum einen bundespolitische Einflüsse. Die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung traf alle Ampelparteien mit voller Kraft, besonders deutlich wird das beim Ergebnis der SPD. 

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„Das ist ein bitterer Tag für die SPD in Nordhessen.“ Günter Rudolph Günter Rudolph
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War das schlechte Abschneiden der SPD in Kassel hausgemacht? Die Partei hatte sich nach internen Querelen systematisch selbst demontiert.

Abgestraft wurde dafür auch einer der Protagonisten des Streits zwischen Ex-OB Christian Geselle (unabhängig) und der SPD: Ron Hendrik Hechelmann. Der ehemalige Parteivorsitzende hatte erst im Juni dieses Jahres nicht wieder als Parteichef kandidiert und war erstmals als Landtagskandidat im Kasseler Westen angetreten - ohne Erfolg. 

Esther Kalveram: Querelen kein Thema im Wahlkampf

Auch Esther Kalveram (SPD), stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin in Kassel, verlor ihren Wahlkreis, wird aber über die Landesliste erneut in den Landtag einziehen. Sie zeigte sich am Wahlabend gegenüber dem hr enttäuscht vom Abschneiden ihrer Partei.

Den Grund dafür sieht sie in der großen Verunsicherung der Bevölkerung. Dazu habe die CDU es geschafft, statt der hessischen Agenda bundespolitische Themen nach vorne zu stellen.

Die internen Querelen innerhalb ihre Partei hält sie hingegen für nebensächlich. Im Wahlkampf habe sie diese nicht als großes Thema erlebt, dazu habe die SPD in Kassel einen Neustart hingelegt. Die Menschen hat ihre Partei damit offenbar nicht erreicht.

Pilar Butte, Parteivorsitzende Kasseler Grüne hängt Wahlplakate der Grünen in der Kasseler Innenstadt ab.

Grüne üben Selbstkritik 

Anders die Grünen: Sie haben ihren Wahlkreis in Kassel halten können. Dennoch ist Pilar Butte, Parteivorsitzende der Kasseler Grünen, am Tag nach der Wahl besorgt vom starken Wahlergebnis der AfD. Das sei ein herber Rückschlag, sagte sie im Gespräch mit dem hr.

Gleichzeitig zeigte sie sich selbstkritisch: “Wir erreichen mit unseren Themen einfach einige Leute nicht mehr." Auch Butte sieht in der Unzufriedenheit mit der Ampelkoalition im Bund einen Grund, warum viele Menschen jetzt die CDU gewählt hätten.

Befreiungsschlag für die CDU

Maximilian Bathon (CDU) zieht erstmals in den Hessischen Landtag ein. Er hatte den Wahlkreis im Kasseler Osten für sich entscheiden können - obwohl alle ihm nach seiner Kandidatur gesagt hätten, dieser Wahlkreis sei nicht schaffbar. Der gestrige Abend war für ihn "wie ein Befreiungsschlag".

Maximilian Bathon (CDU) steht vor dem Kasseler Rathaus. Er trägt eine Brille und ein blaues Sakko mit Einstecktuch.

Verluste auch in nordhessischen Landkreisen 

Nicht nur in der Stadt, sondern auch in den umliegenden Landkreisen haben die Sozialdemokraten überraschend hoch verloren. Sowohl der Landkreis Kassel als auch der Schwalm-Eder- und der Werra- Meißner-Kreis - einstige SPD-Hochburgen – sind jetzt alle fest in der Hand der CDU.

Ausnahme bisher war lediglich der südliche Schwalm-Eder-Kreis, hier konnte die CDU in den letzten 30 Jahren lediglich einmal ein Direktmandat erringen. 

Wie knapp das Rennen zum Teil ausging, zeigt sich beispielsweise im Wahlkreis Kassel Land I. Hier konnte sich der CDU-Kandidat Hans Christian Göttlicher mit einem Vorsprung von 23 Stimmen gegenüber Oliver Ulloth von der SPD durchsetzen. 

Einzig der Kreis Waldeck-Frankenberg hatte bereits zuvor traditionell konservativer gewählt und war fest in CDU-Hand. Mit der aktuellen Landtagswahl hat die Partei ihre Position im Landkreis stärken können.

So erreicht die CDU im Wahlkreis Waldeck-Frankenberg I ein Plus von 7,1 Prozentpunkten und landet bei 37,5 Prozent, im Wahlkreis Waldeck-Frankenberg II sind es 8,2 Prozentpunkte mehr. Die CDU erreicht damit 37,2 Prozent.

SPD: Verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen

Besonders bitter ist das Wahlergebnis für Günter Rudolph, den bisherigen Oppositionsführer und SPD-Fraktionschef im Landtag. Auch er hatte sein Direktmandat im nördlichen Schwalm-Eder-Kreis verloren. "Das ist ein bitterer Tag für die SPD in Nordhessen", sagte Rudolph am Montag in Wiesbaden.

Günter Rudolph steht in Wiesbaden. Er trägt ein blaues Sakko und ein hellblaues Hemd.

Neben der Unzufriedenheit mit der Ampelregierung sei die SPD mit ihren Themen nicht mehr zu den Menschen vorgedrungen, so Rudolph. Die Wählerwanderung zeige, dass eindeutig eine Protestwahl stattgefunden habe.

Es gehe jetzt vor allem darum, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Das kann sogar gelingen: Die SPD ist weiterhin in jedem nordhessischen Landkreis mit einem Abgeordneten vertreten.

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