Es herrscht Fachkräftemangel, etwa in Apotheken, Arztpraxen und Kliniken. Warum da nicht auf Arbeitnehmer aus dem Ausland zurückgreifen? Doch wenn sie in Hessen wirklich arbeiten wollen, beginnt für sie oft eine monatelange Hängepartie.

Audiobeitrag

Audio

Ausländische Ärzte kämpfen mit der Bürokratie

Ein Arzt hält in einem Behandlungszimmer in seiner Praxis ein Stethoskop in der Hand.
Ende des Audiobeitrags

Jorge Duque ist wütend: Der kolumbianische Arzt hat nach eigenen Angaben bereits einen Arbeitsvertrag bei einer Klinik in Bad Schwalbach, vor drei Monaten hätte er dort die Arbeit aufnehmen können.

Aber um seinen Beruf wirklich auszuüben, fehlte dem 56-Jährigen lange die sogenannte Approbation, die staatliche Zulassung. "Ich war schon drauf und dran, in meine Heimat zurückzukehren, da habe ich die Urkunde endlich erhalten", so Duque.

"Es kann bis zu zwei Jahre dauern"

Das Dokument habe er vom hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege bekommen. Dorthin hatte der Arzt schon lange alle relevanten Dokumente geschickt, wie er berichtet, vor allem sein kolumbianisches Diplom samt Übersetzung. Dazu habe er alle zusätzlichen Sprach- und Fachprüfungen in Hessen bestanden und konnte mit Mainz einen deutschen Wohnsitz vorweisen.

Trotzdem habe sich bei der Behörde zunächst wochenlang nichts getan. "Nach zahlreichen unbeantworteten Anrufen, E-Mails und Briefen bin ich bei deren Frankfurter Standort vorbeigegangen, doch ohne einen vorher vereinbarten Termin haben sie mich nicht hineingelassen", berichtet der Arzt. Den hätte er aber nur telefonisch bekommen können. Wieder und wieder musste er seinen Arbeitgeber vertrösten. Der will sich zu dem Fall nicht äußern.

Atilla Vurgun kennt viele solcher Fälle. Er leitet die Frankfurter brmi-Akademie für Heilberufe und berät medizinische und pharmazeutische Fachkräfte etwa aus Russland oder Pakistan, die in Hessen arbeiten wollen. Auch für sie sei die Behörde kaum zu erreichen, berichtet er. Und wenn sie doch mal jemanden ans Telefon bekämen, würde derjenige sich für sie häufig nicht zuständig fühlen. "Dadurch kann es zwei Jahre und länger dauern, bis jemand wirklich als Arzt tätig werden kann", so Vurguns Fazit.

Personal fehlt - über tausend Anträge offen

Das Landesamt für Gesundheit und Pflege räumt ein, dass aktuell rund 1.100 Anträge auf eine vorübergehende oder dauerhafte Berufserlaubnis offen seien. Diese Anträge würden normalerweise sechs Beschäftigte bearbeiten, aber, so heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme: "Aktuell sind von diesen sechs Stellen zwei unbesetzt, unter anderem, weil Kollegen und Kolleginnen in Rente gegangen sind."

Die Behörde versucht, die offenen Stellen schnell zu besetzen. Allerdings gebe es den Fachkräftemangel auch im öffentlichen Dienst. Und wenn man neue Mitarbeiter gefunden hätte, müssten die in die komplexe Materie auch erst einmal eingearbeitet werden. Zuvor waren bereits die hessischen Ausländerbehörden in die Kritik geraten, weil sich auch dort die Aufträge stauten.

Das Landesamt ist "ein Nadelöhr"

Gerade wenn eine Behörde wie das Landesamt für Gesundheit und Pflege so ein Nadelöhr sei, müsse man sie schnellstmöglich personell besser ausstatten, fordert der Leiter der Akademie für Heilberufe. Er findet es problematisch, dass ausländische Ärzte, Zahnärzte und Apotheker dort nicht einfach vorbeikommen können. Denn nun würden sie ihre Diplome häufig gezwungenermaßen per Post schicken. "Wenn die Originale dabei verloren gehen, ist das fatal", so Vurgun.

Die Behörde leidet nicht nur unter Personalmangel, sie hat ganz offensichtlich Anfangsschwierigkeiten. Erst Anfang des Jahres wurde sie gegründet, seitdem arbeiten dort etwa 300 Mitarbeiter an den vier Standorten in Darmstadt, Dillenburg, Frankfurt und Gießen. Bei der hessischen Krankenhausgesellschaft heißt es, es sei unglücklich, dass die Aufbauphase dieser Behörde zusammentreffe mit dem lange bestehenden Fachkräftemangel in den Kliniken. Die Prozesse müssten optimiert werden, um lange Wartezeiten für ausländische Fachkräfte zu vermeiden.

Minister: "Das kostet Zeit, Zuversicht und Geduld"

Die Landesärztekammer Hessen sieht das langsame Arbeiten der Behörde ebenfalls kritisch. Man habe deshalb sogar das übergeordnete Ministerium für Soziales und Integration in Wiesbaden kontaktiert. Nach den Worten des hessischen Gesundheitsministers Kai Klose (Grüne) kostet der Aufbau einer solchen Behörde aber eben erst einmal Kraft, braucht Zeit, Zuversicht und Geduld. Er zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass dort wichtige Aufgaben der staatlichen Gesundheitsverwaltung künftig effizienter organisiert und Arbeitsabläufe optimiert werden können.

Das wünscht sich auch der kolumbianische Arzt Jorge Duque, damit andere Ärzte nicht dasselbe durchmachen müssen wie er. Mittlerweile kann er zwar arbeiten, "aber das war dringend nötig, denn allmählich waren meine Ersparnisse fast aufgebraucht und ich war auch mit meiner Geduld am Ende", meint der 56-Jährige. Am Ende fühlt er sich von der Behörde, wie er es selbst formuliert, "misshandelt".

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen