Menschen gehen am Eingang des Galeria Kaufhof auf der Frankfurter Zeil vorbei. (dpa)

Nach der Insolvenz der Signa Holding fragen sich auch hessische Städte wieder, was aus Galeria Karstadt Kaufhof in den Innenstädten wird. Galeria-Mitarbeiter geben sich pragmatisch bis zugeknöpft, die Kommunen testen derweil neue Konzepte.

Die Mitarbeitenden der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof sind Kummer gewöhnt: Seit über 20 Jahren wankt der Konzern von Krise zu Krise. Allein in diesem Jahr wurden rund 50 Filialen deutschlandweit geschlossen.

Jetzt, kurz vor Weihnachten, wieder eine Hiobsbotschaft: Die Signa Retail Selection AG, die Schweizer Handelstochter der insolventen Signa Holding und Mutter von Galeria, hat gerichtlich Gläubigerschutz beantragt. Anteile an Tochterunternehmen wie Galeria sollen verkauft werden, bislang ist unklar an wen.

Karstadt-Betriebsrätin: "Wir sind sturmerprobt"

Entsprechend unklar ist, was das genau für die Mitarbeitenden an den hessischen Standorten bedeutet. Arbeitnehmervertreter zeigen sich denn auch pragmatisch bis zugeknöpft. "Wir warten jetzt mal ab", sagt etwa Heidrun Feierabend, Betriebsrätin der Gießener Filiale mit 180 Beschäftigten. "Wir wissen auch nicht mehr als das, was in der Presse steht. Die große Panik ist aber noch nicht ausgebrochen. Wir sind sturmerprobt." Filialleiter Lothar Schmidt ergänzt kurz und knapp: "Die Situation hat keinen Einfluss auf den laufenden Betrieb." Mehr könne er derzeit nicht sagen.

Die Stadt Gießen wiederum beobachtet die Entwicklungen genau: Sie sei sich "der großen Bedeutung" von Karstadt für die Innenstadt bewusst, heißt es auf hr-Anfrage. Man stehe mit der Filiale in regelmäßigem Austausch und gehe aber weiterhin von einem Fortbestand aus.

Oberbürgermeister: "Standort Kassel sollte Priorität haben"

Während in Gießen die Kaufhof-Immobilie selbst nicht der Signa-Gruppe gehört, ist das Galeria-Haus an der Frankfurter Hauptwache noch enger mit dem österreichischen Konzern verknüpft: Ihm gehört auch die Immobilie. Wie es weitergeht, war am Freitag zumindest aus der Konzernzentrale nicht zu erfahren.

Warenhaus Galeria in Kassel - Fußgängerzone mit vielen Menschen

Die Filiale in Kassel wiederum wurde erst kürzlich modernisiert. Die Stadt ist dort mit einem Service Point vertreten, an dem sie kommunale Dienstleistungen anbietet. Vor diesem Hintergrund "sollte der Erhalt des Standorts Kassel auch für die Galeria-Gruppe höchste Priorität haben", teilt Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne) mit. Der Konzern habe eine hohe Summe investiert und sei gemeinsam mit der Stadt innovative Wege gegangen.

Gewerbetreibende: "Innenstadt geht Frequenzbringer verloren"

Auch bei den Beschäftigten der Filiale in Fulda dürfte die Unsicherheit wieder groß sein. Gegenwärtig sei nichts von einer neuen Entwicklung bekannt, die die Zukunft des Warenhauses in Fulda betrifft, sagt aber ein Sprecher der Stadt Fulda. Vom Konzern war auch in dieser Frage am Freitag nichts Näheres zu erfahren.

Die Fassade von Galeria Kaufhof in Fulda

Hier wie in Gießen ist die Galeria-Filiale das letzte große Kaufhaus mit Innenstadtlage. In Gießen sehen auch die anderen ansässigen Gewerbetreibenden große Probleme, sollte der Standort geschlossen werden. "Der Innenstadt geht ein Frequenzbringer verloren, eine große Immobilie steht leer und einem wichtigen Parkhaus fehlt erst mal der Betreiber", fürchtet Markus Pfeffer, Geschäftsführer des BiD-Seltersweg, einem Zusammenschluss von Hauseigentümern in der Innenstadt. "Zu allererst ist es aber natürlich eine Katastrophe für die Galeria-Mitarbeiter."

Städte suchen neue Nutzungsarten der Innenstadt

Derweil suchen Städte und Gewerbetreibende nach neuen Lösungen: Eine Übernahme der Galeria-Immobilie wie etwa in Hanau stehe derzeit nicht auf dem Plan, sagt etwa Kassels OB Schoeller: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist aus Sicht der Stadt aufgrund der unklaren Lage vorsichtige Zurückhaltung geboten." Mit dem ruru-Haus habe Kassel außerdem schon eine sanierungsbedürftige ehemalige Kaufhausimmobilie in der Innenstadt erworben.

Früher sei der Handel das beherrschende Segment der Innenstädte gewesen, jetzt nähmen andere Nutzungsarten wie Gastronomie, Kultur, Wohnen und Arbeiten zu, ergänzt Kassels Stadtbaurat Christof Nolda (Grüne). Deswegen arbeite die Stadt derzeit unter anderem am Zukunftskonzept "Erlebnisraum Kassel Innenstadt".

Pop-Up-Stores als Zwischen- oder Dauerlösung?

Auch Fulda ist bereits erste Schritte in Richtung "Erlebnisraum" gegangen. Hier wurde im März aus dem zweiten großen Warenhaus in der Innenstadt, dem Kerber-Kaufhaus, das "Konzept-Kaufhaus Karl". In Pop-Up-Stores können dort unbekanntere Startups oder aus Social Media bekannte Mode-Labels ihre Produkte präsentieren. Besucher sollen zudem vom Verkauf regionaler Produkte, kulturellen Ausstellungen und einem Café angezogen werden. Und es gibt Platz für Co-Working-Büros.

Videobeitrag

Video

Das Konzeptkaufhaus Karl

hs_250323
Ende des Videobeitrags

In diese Richtung geht es auch in Gießen: In der dortigen Galeria-Filiale wurde Anfang November unter dem Motto "Kaufhaus der Experimente" ein Pop-Up-Projekt eingerichtet. Auf der Fläche des lange leerstehenden Restaurants können heimische Hobbyhändler oder Künstler noch bis zum 23. Dezember ihre Waren präsentieren.

Das Ziel solcher Projekte: Wieder mehr Menschen in die Innenstadt zu locken.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen