Männer jubeln und strecken Faust in die Luft

Mehr als zwei Monate hatten dutzende Lkw-Fahrer an der A5-Raststätte Gräfenhausen für die Auszahlung ausstehender Löhne gestreikt. Zeitweise befanden sich einige von ihnen im Hungerstreik. Nun erfolgte eine Einigung.

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Gräfenhausen: Lkw-Streik nach Einigung beendet

Mann freut sich und hält Papiere in der Hand
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Nach mehr als zwei Monaten ist der Lkw-Fahrer-Streik an der A5-Raststätte Gräfenhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) am Freitag beendet worden. Wie der Verhandlungsführer der europäischen Transportarbeitergewerkschaft Edwin Atema mitteilte, erzielten die Streikenden und ihre Unterhändler eine Einigung mit der polnischen Spedition, für die sie tätig waren.

Die Lkw-Fahrer sollen laut Atema einen großen Teil ihres geforderten Geldes ausgezahlt bekommen. Über die Höhe des Geldes wurden keine Angaben gemacht. Die Spedition betonte am Montag, sie habe keine Zahlungen an die Fahrer geleistet. Dies bestätigte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hessen-Thüringen auf Nachfrage. "Die Zahlungen an die Fahrer stammten ausschließlich von verantwortungsbewussten Akteuren aus der Lieferkette", teilte der Bezirksvorsitzende Michael Rudolph mit.

Für die Fahrer gehe damit ein mutiger, langer und verzweifelter Kampf zu Ende, äußerte sich der DGB bereits am Samstag zum Ende des Protests, der "ein erschreckendes Licht auf die Arbeitsbedingungen auf Europas Straßen geworfen hat".

Spedition zieht Anzeigen zurück

Letzter Knackpunkt bei den Verhandlungen war die Frage nach möglichen juristischen Konsequenzen aus dem Streik. Die Lkw-Fahrer und ihre Verhandlungsführer forderten eine Zusicherung, dass gegen die Streikenden nicht strafrechtlich vorgegangen wird.

Der bestreikte polnische Speditionsunternehmer hatte Anfang August bei der Darmstädter Staatsanwaltschaft Anzeige unter anderem wegen Erpressung erstattet. Am Freitag nun einigte man sich darauf, dass die Anzeigen zurückgenommen werden.

Jubel in Gräfenhausen nach Zusicherung von Zahlungen

Viele Fahrer brachen in der spontan einberufenen Versammlung in Jubel aus. Der vierfache Vater Nasim war die ganze Zeit über bei dem Streik dabei. "Ich bebe innerlich vor Freude. Nicht nur, weil ich einen Teil meines Geldes wiederbekomme, sondern auch, weil ich meine vier Kinder und meine Enkeltochter in Usbekistan wieder sehen kann", sagte er dem hr.

Zuletzt noch 80 Streikende

Der Streik, an dem sich zeitweise bis zu 120 Fahrer aus Georgien, Usbekistan, Kasachstan und anderen zentralasiatischen Republiken beteiligten, hatte Mitte Juli begonnen. Anlass waren ausstehende Lohnzahlungen, die sich nach Angaben der Streikenden auf rund 500.000 Euro summierten.

Nachdem immer wieder einzelne Lkw-Fahrer von den Auftraggebern des Speditionsunternehmens ausgezahlt worden waren, hatten zuletzt noch etwa 80 Streikende auf der Raststätte ausgeharrt. 30 von ihnen waren zwischenzeitlich in einen Hungerstreik getreten, hatten diesen jedoch nach sechs Tagen auf Anraten von Ärzten abgebrochen.

"Das war wirklich schon ein humanitärer Krieg, was hier in Gräfenhausen in den letzten Monaten passiert ist", sagte Verhandlungsführer Atema.

Grundsätzliche Probleme in der Branche

Atema betonte aber, damit seien nur die aktuellen Probleme der Fahrer in Gräfenhausen gelöst. Der Streik hätte die grundsätzlichen Probleme der Branche in ganz Europa, darunter ausstehende Löhne und Menschenrechtsverletzungen, ins Rampenlicht gerückt.

Nun könne sich kein Auftraggeber oder Spediteur mehr der Verantwortung entziehen und behaupten, er habe nicht gewusst, unter welchen Bedingungen teilweise gearbeitet werde.

Der Gewerkschaftsbund betonte in seiner Mitteilung am Samstag, dass die im Fall der in Gräfenhausen Streikenden zwar eine Lösung gefunden sei, die allgemeinen Missstände in der Branche aber fortbestehen würden. Kriminellen Transportunternehmen müsse von den zuständigen europäischen Behörden die Transportlizenz entzogen werden, forderte der DGB.

Zweiter erfolgreicher Streik in diesem Jahr

Es ist bereits der zweite Mal, dass auf der Raststätte Gräfenhausen Lkw-Fahrer in den Streik traten, um ausstehende Löhne einzufordern.

Bereits im April 2023 waren rund 60 Fahrer desselben Speditionsunternehmens in den Arbeitskampf getreten. Der Streik endete nach sechs Wochen mit einer Einigung zwischen Fahrern und Spedition.

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