Streikende auf Brücke

Durch Warnstreiks im Nahverkehr ist es in mehreren Städten zu Verzögerungen und Ausfällen gekommen. In Frankfurt waren U-Bahnen und Straßenbahnen betroffen. Auf einer Rheinbrücke demonstrierten mehrere tausend Beschäftigte.

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Nahverkehr durch Warnstreiks beeinträchtigt

hs 02.02.2024
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Im Rahmen eines bundesweiten Warnstreiks für bessere Arbeitsbedingungen haben am Freitag auf der Theodor-Heuss-Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden nach Polizeiangaben rund 3.000 Beschäftigte des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) demonstriert. Die Gewerkschaft Verdi selbst berichtete von 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des länderübergreifenden Ausstands. Zu ihnen sprach die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Christine Behle.

"Können nicht mal aufs Klo"

Behle rief unter viel Applaus: "Wir haben längst die Schnauze voll!" Es gebe in der Branche viel zu viel Arbeit für viel zu wenige Menschen. "Es kann nicht sein, dass wir an den Endhaltestellen nicht mal Zeit haben, auf die Toilette zu gehen", sagte die Gewerkschafterin. Bundesweit seien rund 15.000 Stellen im ÖPNV unbesetzt.

Die wichtige Rheinbrücke zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz wurde für die Demonstration bereits ab 8 Uhr gesperrt. Am Nachmittag wurde sie wieder freigegeben. Für Radfahrer, Fußgänger und Krankenwagen blieb sie passierbar. Autofahrer wurden gebeten, den Bereich weiträumig zu umfahren.

Straßenbahnen stehen in und vor einer Halle, auf einem Schild steht "Es reicht. Wir streiken."

Verdi-Vize Behle betonte auf der Brücke zwischen Wiesbaden und Mainz, es sei ein Irrglaube der Arbeitgeber, wenn sie auch auf "Busfahrer aus Drittstaaten" setzten: "Niemand kommt freiwillig hierher, um sich ausbeuten zu lassen." Sie beklagte zudem einen bundesweiten Sanierungsstau von 64 Milliarden Euro im ÖPNV - etwa bei "kaputten Betriebshöfen" und veralteten Bussen. Nötig sei eine Klima- und Verkehrswende.

Kassels OB fordert massiven ÖPNV-Ausbau

Verdi hatte seine Mitglieder für Freitag zum Warnstreik bei kommunalen Verkehrsunternehmen aufgerufen. Behle sprach von 90.000 Beteiligten in Deutschland. Fahrgästen wurde empfohlen, sich bei den jeweiligen Verkehrsunternehmen zu informieren - etwa über das Internet oder per Servicetelefon.

Auch in Kassel kam es am Freitag zu einer Demo. Nach Angaben der Stadtverwaltung beteiligten sich daran unter anderem Beschäftigte der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft sowie Schülerinnen und Schüler. Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne) unterschrieb eine Petition und setzte sich nach den Angaben damit "für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und einen massiven Ausbau des ÖPNV ein".

Rund 8.000 Beschäftigte in Hessen zum Streik aufgerufen

In Hessen waren rund 8.000 Beschäftigte aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Der Ausstand begann am frühen Freitagmorgen und soll bis zum Schichtende in der Nacht zum Samstag dauern. Hauptsächlich betroffen seien die Städte Kassel, Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach, teilte Verdi vorab mit. Aufgerufen waren Fahrerinnen und Fahrer von Bussen, sofern diese öffentlich betrieben werden, sowie von U-Bahnen und Straßenbahnen.

Seit Montag verhandeln die Gewerkschaft und der Kommunale Arbeitgeberverband Hessen über die Rahmenbedingungen der Arbeit der Beschäftigten im öffentlichen Personen-Nahverkehr, die im sogenannten Manteltarifvertrag festgeschrieben werden. Um grundsätzlich höhere Löhne geht es dabei in Hessen nicht. Sie wurden bereits im vergangenen Frühjahr ausgehandelt.

Neue Entgeltgruppe und 35-Stunden-Woche gefordert

Verdi fordert nun allerdings, die untersten drei Entgeltgruppen der Fahrerinnen und Fahrer sowie des Verwaltungspersonals zu streichen. Einsteiger würden dann mit dem Gehalt der jetzigen Stufe 3 beginnen, das laut Verdi rund 200 Euro mehr beträgt.

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Warnstreik im ÖPNV: Busse und Bahnen fallen in mehreren Städten aus

Bahnen im Depot
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Bei einer langen Betriebszugehörigkeit fordert die Gewerkschaft eine weitere, höhere Entgeltgruppe, deren Lohn 4,5 Prozent über der nun höchsten Entgeltgruppe liegen soll. Derzeit mache es keinen Unterschied, ob jemand 15 oder 40 Jahre im Betrieb sei, so die Kritik.

Zudem verlangt Verdi ein 13. Monatsgehalt in voller Höhe, die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich auf 35 Stunden zu verkürzen sowie geteilte Dienstzeiten, also Dienste mit mehreren Stunden Pause, auf insgesamt maximal elf Stunden zu begrenzen. Für solche Schichten soll es laut Forderung auch einen Zuschlag von 30 Euro geben.

Streiks in allen Bundesländern außer Bayern

Die Gewerkschaft argumentiert, die Belastung der Beschäftigten und die Personalnot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hätten immer mehr zugenommen, der Arbeitsdruck werde größer. Es müssten schnell Lösungen für eine Entlastung gefunden werden.

Der Streik betraf auch alle anderen Bundesländer außer Bayern, in denen seit Montag parallel Tarifverhandlungen laufen. Von der Tarifrunde sind bundesweit über 130 kommunale Unternehmen und insgesamt rund 90.000 Beschäftigte in Städten und Landkreisen betroffen. Seit 1. Januar besteht in dem Tarifkonflikt keine Friedenspflicht mehr.

Lokführerstreik gerade erst beendet

Erst an diesem Montag beendete die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihren mehrtägigen Streik bei der Deutschen Bahn vorzeitig. Dort gilt nun bis einschließlich 3. März eine Friedenspflicht. Im Nah- und Regionalverkehr sind Arbeitskämpfe von Verdi aber weiter möglich.

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