Verbraucherschützer beraten Wenn ungeöffnete Post die Probleme noch größer macht

Rechnungen, Mahnungen, Bußgeldbescheide - solche Post kann bei Menschen Panik auslösen. Manche lassen die Briefe ungeöffnet. Ein verhängnisvoller Fehler, warnen Verbraucherschützer und bieten kostenlose Hilfe an.

Eine Frau sitzt an einem Tisch, stützt ihren Kopf in ihre Hände und hat einen verzweifelten Gesichtsausdruck. Vor ihr liegen (teils unscharf) Briefe, offen, geschlossen, zerknüllt und ein Taschenrechner.
Wenn einem der Papierkram über den Kopf wächst: die Verbraucherzentrale Hessen bietet Hilfe an Bild © Adobe Stock
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Wenn die Angst vor neuem Ungemach groß ist, wollen manche Menschen ihre Post nicht mehr lesen. Die Briefe landen dann ungeöffnet auf Stapeln, in Tüten oder Schubladen. Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn.

Doch wenn Forderungen oder Mahnungen oder sogar Vollstreckungsbescheide in gelben Umschlägen dabei sind, kann das Ignorieren die Probleme verschärfen.

Wer die Kontrolle über seine Finanzen und den Schriftverkehr verloren hat und Hilfe braucht, kann sich an die Verbraucherzentrale Hessen wenden. Mit der Aktion Mach deine Briefe auf bieten die Beratungsstellen flächendeckend offene Sprechzeiten an.

Drei Tage offene Beratungsstellen

Von Dienstag bis Donnerstag (12. bis 14. Dezember) können Hilfesuchende spontan und ohne Termin zu den Öffnungszeiten eine der sieben Beratungsstellen in Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt, Rüsselsheim, Gießen, Kassel, Fulda und die Schuldnerberatung Fritzlar (Schwalm-Eder) aufsuchen. Damit will die Verbraucherzentrale ein kostenloses und niedrigschwelliges Angebot schaffen, wie eine Sprecherin erklärte.

Die Verbraucherschützer beobachten: Viele Menschen öffnen nicht regelmäßig ihre Post. Dies führe dazu, dass sie den Überblick über offene Rechnungen verlieren, rechtliche Fristen versäumen und im schlimmsten Fall gerichtliche Entschlüsse unanfechtbar werden. Das sei ein konstant großes Problem für Menschen in Hessen, sagte eine Sprecherin in Frankfurt.

"Probleme begegnen uns täglich"

Die Schuldnerberaterin Sabrina Noack von einer Arbeitsgemeinschaft in Wiesbaden hat oft mit solchen Fällen zu tun. Sie sagte dem hr: "Diese Probleme begegnen uns tagtäglich."

Reden wollen Betroffene in der Öffentlichkeit ungern. Die Scham ist groß. Die Verbraucherzentrale berichtete aber von einem exemplarischen Fall aus Hessen: Valerie S. gab nach einer Bestellung bei einer Überweisung für den Zahlungsdienstleister einen falschen Verwendungszweck an. Danach hagelte es Mahnungen und Briefe von einem Inkassobüro.

Irgendwann hörte Valerie S. auf, die Post zu öffnen. Schließlich war sie sich keiner Schuld bewusst. Die ursprüngliche Rechnung von 380 Euro erhöhte sich um mehr als 150 Euro. Für Mahnkosten und Zinsen. Auch den gelben Umschlag mit dem Mahnbescheid ignorierte sie.

Nahaufnahme eines Briefes auf welchem dick 2. Mahnung" steht.
Fristen, Mahnungen, wichtige Bescheide - für manche ein erdrückendes Thema Bild © Adobe Stock

Monate später bekam Valerie S. Besuch vom Gerichtsvollzieher - zur Vollstreckung der Forderung sowie Anwalts- und Gerichtskosten. Somit wurde es nochmal 200 Euro teurer. Erst jetzt suchte Valerie S. Hilfe.

Doch eine Schadensbegrenzung war in diesem Fall nicht mehr möglich, wie Gabriele Wolff, Leiterin der Beratungsstelle Frankfurt erklärte. "Wäre sie früher zu uns gekommen, hätten wir die Forderung klären und wohl auch die Mahnkosten und Zinsen reduzieren können."

"Das kann unschöne Folgen haben"

Die Gründe dafür, dass Menschen ihre Post schlichtweg nicht mehr öffnen, sind vielfältig, wie Marcel Mayka sagte. Er ist Mitarbeiter in der Fuldaer Beratungsstelle. Bei vielen Rechnungen verspüre manch einer Resignation. "Oder beim Blick auf den Absender kommt der Gedanke: Kenne ich nicht, betrifft mich nicht."

In den Sprechstunden öffnet Mayka dann die Post zusammen mit den Betroffenen, sortiert und priorisiert sie. "Wir schauen, wo Handlungsbedarf besteht – etwa wenn Fristen abzulaufen drohen." Berater können dann eine rechtliche Ersteinschätzung abgeben. Wenn nötig, werden direkt erste Schritte wie Widerruf oder Widerspruch eingeleitet.

Verbraucherzentrale
Marcel Mayka berät in der Verbraucherzentrale Fulda. Bild © Jörn Perske (hr)

Wenn es für Betroffene brenzlig wird, kann die Verbraucherzentrale auch Kontakt zur Schuldnerberatung herstellen. So wollen die Experten vermeiden, dass die Betroffenen immer tiefer in die Schuldenfalle rutschen. Mayka mahnte: "Es ist wichtig, seine Post zu öffnen. Wir wollen ein Bewusstsein bei den Verbrauchern schaffen, damit sie handlungsfähig bleiben."

Begleitet werden die Aktionstage in Hessen von mehreren Veranstaltungen und Online-Vorträgen. Dabei geht es etwa um die Vermeidung von Energieschulden, Rechte und Pflichten im Umgang mit Inkassofirmen und zum Ablauf eines Insolvenzverfahrens für Verbraucher. Was wann wo stattfindet, steht im Veranstaltungskalender der Verbraucherzentrale Hessen.

Weitere Informationen

Sendung: hr4, 12.12.2023, 08.17 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Andrea Bonhagen, Kathinka Mumme