Wenig Wind, kein Platz Warum drei Kreise kein einziges Windrad haben - und was einer dagegen tut

In Hessen haben nur die Kreise Groß-Gerau, Offenbach und Main-Taunus keine einzige Windkraftanlage. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, doch der Kreis Groß-Gerau will daran etwas ändern.

Windräder
Im Kreis Waldeck-Frankenberg stehen viele Windräder, im Kreis Groß-Gerau bislang keins. Das soll sich ändern. Bild © Imago Images
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Weit über tausend Windräder drehen sich derzeit in Hessen, in den Kreisen Groß-Gerau, Offenbach und Main-Taunus herrscht jedoch absolute Flaute. Dort steht bislang keine einzige Windkraftanlage.

Das liegt aber nicht daran, dass dort Windkraft generell abgelehnt wird. Bei den Kreisen handelt es sich um die drei kleinsten Flächenkreise in Hessen, alle sind als Teil des Rhein-Main-Gebiets zudem dicht besiedelt. Als kleinstem Kreis Hessens stünden etwa dem Main-Taunus-Kreis "nicht viele geeignete Flächen zur Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.

Wenig Wind, kein Platz

Neben dem Platzmangel gibt es noch einen anderen gewichtigen Grund für die vollständige Abwesenheit von Windrädern in den drei Kreisen: Es weht schlicht zu wenig Wind. "In unserem Kreis wird die Mindestwindstärke gemäß den Anforderungen an die Windkraftvorrangflächen nicht erfüllt“, beantwortete der Kreis Offenbach eine Anfrage zum Thema Windkraft kurz und knapp.

Sowohl für den Main-Taunus-Kreis als auch für den Kreis Offenbach scheint das Thema Windkraft damit erledigt. Der Main-Taunus-Kreis verweist bezüglich Ausbaus regenerativer Energien auf geplante Photovoltaik-Projekte.

Kreis Groß-Gerau will "nochmal angreifen"

Auch der Kreis Groß-Gerau hat mit fehlendem Platz und schwachem Wind zu kämpfen, doch die Verantwortlichen wollen sich nicht damit abgeben, Windkraft-Wüste zu sein. Der Kreistag hat deswegen im vergangenen Jahr ein neues Gutachten zur Ermittlung potenzieller Flächen in Auftrag gegeben. "Wir wollen nochmal angreifen", sagt der Erste Kreisbeigeordnete Adil Oyan (Grüne) im Gespräch mit dem hr.

Denn die bisherige Identifikation von Flächen basiert auf dem sogenannten Teilplan Erneuerbare Energien von 2019. Demnach gibt es im Kreisgebiet keine geeigneten Standorte für Windanlagen. "Dieser Teilplan wiederum basiert auf statistischen Daten von 2011", erklärt Oyan. "In der Zwischenzeit hat sich aber technisch viel getan." Windkraftanlagen seien viel effektiver geworden und könnten mit weniger Wind mehr Strom produzieren. Zudem könne man auch weiter in die Höhe bauen, wo eventuell mehr Wind weht.

Die Entscheidung liegt bei den Kommunen

Das in Auftrag gegebene Gutachten soll laut Oyan den Stand der Gegenwart abbilden. Das Gutachten liegt mittlerweile vor und siehe da: 17 Flächen im Osten des Kreises wurden durch das beauftragte Ingenieurbüro als tauglich eingestuft. "Das ist ein sehr positives Ergebnis", bewertet Oyan das Gutachten. Die Flächen liegen in den Gemeinden Mörfelden-Walldorf, Büttelborn, Groß-Gerau, Riedstadt und Gernsheim.

"Wir als Kreis würden es sehr begrüßen, wenn dort Windräder gebaut werden", denn Windkraft sei das "wichtigste Standbein" der angestrebten Energiewende. Ob und wann einmal Anlagen auf den neu identifizierten Flächen entstehen, liegt aber nicht in der Macht des Kreises. Entscheiden können das nur die jeweiligen Kommunen, die haben die Planungshoheit. Und selbst wenn die Kommunen grünes Licht geben, würden weitere Untersuchungen zum Artenschutz, Naturschutz und möglichen Gefahren für Straßen- und Flugverkehr folgen. Auch neue Windgutachten müssten erstellt werden.

"Das Gutachten sagt zunächst nur aus, dass es auf diesen 17 Flächen theoretisch möglich ist, Windkraftanlagen wirtschaftlich zu betreiben", so Oyan. Der erste wichtige Schritt sei damit aber gegangen: "Potenzielle Investoren können jetzt an die Kommunen herantreten." Denkbar seien auch Genossenschaften, in denen Bürgerinnen und Bürger Anteile erwerben und von den Anlagen profitieren könnten.

Der Traum vom autarken Kreis

Es werden also noch Jahre vergehen, ehe sich im Kreis Groß-Gerau tatsächlich das erste Windrad dreht. "Fünf Jahre wären sportlich, zehn Jahre realistisch", schätzt Oyan, der davon träumt, eines Tages einen "energieautarken" Kreis zu haben, also einen Kreis, der sich komplett selbst mit Energie versorgt. Das alleine kann die Windkraft nicht leisten, deswegen setzt der Kreis auch auf größere Photovoltaik-Projekte. So soll in Büttelborn nach Vorstellung des Kreises auf rund 50 Hektar die größte Freiflächenanlage Hessens entstehen.

Ob Oyans Traum vom Selbstversorger-Kreis wahr wird, steht jedoch in den Sternen: "Ich zweifle, dass ich das in meiner Amtszeit noch erleben werde."

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Sendung: hr4, 9.11.2023, 14.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de