Eine Frau in einem Krankenhausbett hält einen Säugling vor sich in den Händen und lacht ihn an.

Schwangere haben in Frankfurt ab 1. Juli eine Anlaufstation weniger für die Geburt ihres Kindes. Dann schließt das DGD Krankenhaus Sachsenhausen seine Abteilung für Geburtshilfe. Eine Entscheidung, die immer mehr Krankenhäuser in Hessen treffen.

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Immer weniger Geburtsstationen in Hessens Krankenhäusern

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Seit fast 100 Jahren bringen Schwangere im DGD Krankenhaus Sachsenhausen ihre Babys zur Welt – doch bald soll damit Schluss sein. Ab 1. Juli schließt der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) in dem Haus die Geburtsstation. Das hat die Geschäftsleitung am Montag bekanntgegeben.

"Wir haben zu wenig Geburten, um diese Abteilung wirtschaftlich betreiben zu können", erklärte Geschäftsführer Hubertus Jaeger. Man fühle sich zu dieser Entscheidung gezwungen. Die Abteilung mit etwa 600 Geburten pro Jahr rechne sich schlichtweg nicht mehr. Es sei eine bittere Entscheidung, "die auch emotional belastet", so Jaeger.

Entlassen werde trotz der Schließung niemand. Ärzte und Pfleger der Station sollen nach Angaben der Geschäftsführung Beschäftigungsangebote in anderen Abteilungen bekommen. Für seine Hebammen habe das Krankenhaus außerdem Kooperationspartner gefunden, die ihnen Arbeit anbieten wollen.

Schwangere sollen in Nachbarkrankenhaus unterkommen

Dass die versprochenen Angebote auch kommen, will die Mitarbeitervertretung überwachen. "Wir werden das Beste daraus machen", sagte deren Vorsitzender, Steffen Paul. Obwohl die Entscheidung traurig sei, sagt er: "Die Lösung ist die Beste, die man am Ende finden konnte."

Schwangere sollen künftig im benachbarten Hospital zum Heiligen Geist unterkommen. Dort fühlt man sich gewappnet, noch mehr Geburten zu stemmen: "Wir haben sowohl die personellen Ressourcen, als auch die Räumlichkeiten, die dafür notwendig sind", sagte Geschäftsführer Manuel Zelle dem hr.

Auch einige Mitarbeiter aus dem DGD Krankenhaus Sachsenhausen sollen Angebote vom Hospital zum Heiligen Geist bekommen.

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„Die Geburtshilfe ist strukturell seit Jahren unterfinanziert.“ Hubertus Jaeger, Geschäftsführer Krankenhaus Sachsenhausen Hubertus Jaeger, Geschäftsführer Krankenhaus Sachsenhausen
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Geburtshilfe hat eine lange Tradition im Krankenhaus Sachsenhausen: 81.000 Kinder kamen dort seit 1927 zur Welt. Dass es auf eine Schließung der Geburtsstation hinauslief, hängt maßgeblich mit der Krankenhausreform der Bundesregierung zusammen, erklärte Jaeger. Die Geschäftsführung glaube, dass das Sachsenhäuser Krankenhaus im Zuge der Reform künftig keinen staatlichen Versorgungsauftrag mehr für die Geburtshilfe bekommen hätte.

Wirtschaftlichkeit sei ein weiterer Faktor, sagte Jaeger dem hr: "Die Geburtshilfe ist strukturell seit Jahren unterfinanziert". Erst bei 1.300 bis 1.500 Geburten pro Jahr sei Geburtshilfe kostendeckend. Das Krankenhaus Sachsenhausen blieb zuletzt unter 800 Geburten. Das Hospital zum Heiligen Geist zählt derzeit rund 900 Geburten pro Jahr.

Die meisten Geburten - sogar deutschlandweit - gab es 2023 im Frankfurter Bürgerhospital: Dort brachten mehr als 4.000 Frauen ihre Babys zur Welt.

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Krankenhaus Sachsenhausen schließt Geburtsstation

Ein neugeborenes Baby liegt auf dem Bauch der Mutter.
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Immer weniger Geburten

In Deutschland werden immer weniger Kinder geboren. Derzeit ist Zahl so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr. Auch in Frankfurt wurden 2023 mit 11.809 Geburten rund fünf Prozent weniger Kinder geboren als im noch 2022.

Für Kliniken ist der Geburtenrückgang ein Problem. Denn um eine Geburtshilfe rund um die Uhr vorzuhalten, braucht es eine Mindestzahl an Fachärzten, Hebammen und Pflegekräften. Um sie zu finanzieren, muss es eine bestimmte Zahl an Geburten im jeweiligen Haus geben, damit es sich rechnet: Von mindestens 800 bis 1.000 pro Jahr geht die Hessische Krankenhausgesellschaft aus.

Vielen Krankenhäusern habe außerdem die Inflation zugesetzt. "Um nicht den gesamten Standort zu riskieren, trennt man sich natürlich zunächst von den 'unwirtschaftlichen Abteilungen' – sprich von den Geburtshilfen", kommentierte die HKG die jüngste Schließung in Frankfurt.

Schließungswelle bei Hessens Geburtsstationen

Mit der Entscheidung, keine Geburtshilfe mehr anzubieten, steht das Krankenhaus Sachsenhausen in Hessen nicht allein da. Immer wieder haben solche Schließungen in den vergangenen Jahren Schlagzeilen gemacht und für Diskussionen gesorgt. Etwa zum Jahresbeginn 2023, als die Geburtsstation in den Lahn-Dill-Kliniken in Dillenburg wegen Personalmangels geschlossen wurde.

2019 hatte es eine ganze Welle an Schließungen gegeben: Damals machten das Diakoniekrankenhaus Marburg, das Marienhospital Darmstadt, das Heiliggeist-Hospital Bensheim und das Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus Ehringshausen sowie das St. Elisabeth-Krankenhaus in Volkmarsen ihre Geburtsstationen dicht. Das Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt hatte seine schon 2018 geschlossen.

Für andere Häuser bedeutete das mehr Arbeit. Immer mehr Geburten müsse beispielsweise die Geburtsstation in Frankenberg inzwischen auffangen, sagt der Chefarzt der Gynäkologie, Dr. Volker Assmann. Grund seien die vielen Schließungen ringsherum – etwa in Biedenkopf, Wehrda, Dillenburg, Volkmarsen, Bad Arolsen und Winterberg.

Schwerpunkte Adipositas- und Diabetesbehandlung

Anstelle der Geburtshilfe will das DGD Krankenhaus Sachsenhausen künftig andere Bereiche stärken. "Es gilt unter anderem, die Schwerpunkte, für die unser Krankenhaus weit über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannt ist, weiterzuentwickeln", teilte die Geschäftsführung mit. "So sind wir die älteste Diabetesklinik Europas mit einer mehrfach ausgezeichneten und zertifizierten Diabetologie."

Weitere Schwerpunkt-Bereiche seien das Adipositas-Zentrum, die Interventionelle Radiologie, Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Zentrale Notaufnahme und die Gynäkologie.

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