Wir räumen mit Vorurteilen auf Warum auch Ihre Stimme bei der Kommunalwahl zählt

Wahlen ermöglichen es Bürgern, sich ganz einfach an der Demokratie zu beteiligen. Doch viele nutzen ihre Chance nicht. Wir erklären, warum die Beteiligung gerade bei Kommunalwahlen wichtig ist - und räumen mit gängigen Vorurteilen auf.

Das Bild zeigt eine Säule in Frankfurt, an der eine Aufforderung zur Wahl angebracht ist.
Per Briefwahl oder in der Wahlkabine: Die Frankfurter werden zur Wahl aufgerufen. Bild © picture-alliance/dpa

"Meine Stimme bringt eh nichts, und die Politiker wollen doch sowieso alle dasselbe." Diese Vorurteile sind nur zwei von vielen Gründen, warum Menschen nicht wählen gehen. Fakt ist: Die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen in Hessen ist in den vergangenen Jahrzehnten stetig gesunken.

Während 1978 noch fast 80 Prozent aller Wahlberechtigten zur Gemeinde- und Kreiswahl gegangen sind, ist es seit einigen Jahren nicht einmal mehr jeder Zweite. Dabei hat die eigene Stimme oft mehr Bedeutung, als viele Nicht-Wähler denken. Wir räumen mit ein paar gängigen Vorurteilen auf.

Nummer 1: "Meine Stimme bringt doch eh nichts"

Natürlich ist die Stimme eines einzelnen Wählers bei der Kommunalwahl nur eine von vielen. Aber: Nur die Bürger selbst können entscheiden, wer regiert. Artikel 20 des Grundgesetzes garantiert die Demokratie und ist Grundlage dafür, dass jeder Wahlberechtigte aktiv mitwirken kann.

Oft gehen Wahlen ja sehr knapp aus. Da kommt es auf jede Stimme an. Gerade bei Kommunalwahlen fallen einzelne Stimmen mehr ins Gewicht als es bei Landtags- oder Bundestagswahlen der Fall ist.

Bei der Bürgermeister-Stichwahl in Ahnatal (Kassel) beispielsweise kam es im November zu einem historischen Patt. Eine einzelne zusätzliche Stimme hätte hier über den Wahlsieger entschieden. Da es bei der Kommunalwahl in Hessen keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, kommen auch Parteien und Politiker mit wenigen Stimmen ins Amt.

Nummer 2: "Die Kandidaten kenne ich alle gar nicht"

In der Tat gibt es in einigen Städten sehr lange Listen von Bewerbern. Alleine für die Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt treten über 1.100 Bewerber an. Die einzelnen Kandidaten zu kennen, ist dort nahezu unmöglich. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, seine Stimme gewissenhaft abzugeben.

Wer den einzelnen Kandidaten keine Stimmen geben möchte, kann auch einfach ein Listenkreuz machen. Das bedeutet, dass man eine gesamte Liste oder Partei wählt. Allen Kandidaten, die dieser Liste angehören, kommt dann die Stimme zugute.

Um sich über die Parteien und Kandidaten zu informieren, kann man beispielsweise deren Online-Auftritte nutzen. Einige Kandidaten nutzen auch soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram, um ihre Ansichten und Ziele darzustellen.

Für viele Städte und einige Gemeinden gibt es außerdem digitale Wahlhilfen - so ähnlich wie der "Wahl-o-mat" bei der Landtags- oder Bundestagswahl. Vier dieser Angebote haben wir uns in diesem Beitrag genauer angesehen.

Nummer 3: "Wenn andere wählen gehen, reicht das"

Alle Stimmen in einer Wahl zählen gleich viel. Deshalb ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen wählen gehen und damit zeigen, auf was es ihnen ankommt. Gerade junge Menschen sollten sich beteiligen, denn nur so kann die junge Generation über ihre Zukunft mitentscheiden.

Wenn jemand seine Stimme nicht abgibt, dann verfällt sie. Das bedeutet, dass andere entscheiden, wer am Ende die Bürger vertritt.

Übrigens: Aus Protest nicht zu wählen, funktioniert nicht. Denn dann fällt die Stimme einfach unter den Tisch. Wenn ich nicht wählen gehe, schade ich damit keiner Partei. Wähle ich hingegen, kann ich eine Partei klar der anderen vorziehen - und so zum Beispiel Stellung gegen extremistische Parteien beziehen oder andere Parteien, die mir nicht zusagen.

Nummer 4: "Die Parteien wollen doch alle das Gleiche"

Es kann sein, dass verschiedene Parteien und Kandidaten vor der Wahl ähnliche Forderungen stellen. Eventuell unterscheiden sich sogar die Wahlprogramme kaum voneinander. Wer sich in keinem der Parteiprogramme richtig wiederfindet, sollte trotzdem wählen gehen. Allein schon um zu verhindern, dass eine Partei an Einfluss gewinnt, die die demokratische Ordnung und unsere Grundrechte gefährdet.

Der beste Weg, um zu verhindern, dass zum Beispiel die NPD in einer Gemeinde Macht bekommt, ist eine andere Partei zu wählen. Denn die verfügbaren Sitze im Kreistag oder der Stadtverordnetenversammlung werden anteilig verteilt. Je mehr Stimmen auf Parteien "aus der Mitte" entfallen, desto leerer gehen extremistische Parteien aus. Und deren Anhänger werden mit großer Sicherheit wählen.

Nummer 5: "Interessant ist nur, was die Bundesregierung entscheidet"

Viele Entscheidungen, die unser tägliches Leben beeinflussen, treffen die Regierungen auf Landes- oder Bundesebene. Aber gerade die Dinge, die direkt vor der eigenen Haustür passieren, sind Sache der Kommunalpolitiker.

Die Gemeinden gestalten das unmittelbare Lebensumfeld. Sie entscheiden darüber, wie hoch die Kita-Gebühren sind, ob es eine neue Feuerwache für die Freiwillige Feuerwehr oder eine neue Buslinie gibt. Außerdem kümmern sie sich um die Versorgung mit Trinkwasser, Strom und Gas, unterhalten Straßen und Wege.

Gerade, wenn es darum geht, zu entscheiden, was mit dem Geld einer Kommune passieren soll, sind die Kommunalpolitiker gefragt. Soll es eine neue Sporthalle oder ein Schwimmbad geben? Sie sind außerdem oft der erste Ansprechpartner für die Bürger, wenn es um politische Fragen geht. Deshalb ist es wichtig, den eigenen Kreistag, die Gemeindevertretung oder den Ortsbeirat zu wählen. Denn diese entscheiden über die Politik in den Kreisen, Dörfern und Stadtteilen. Und das betrifft uns direkt.

Nummer 6: "In Zeiten von Corona bleibe ich lieber zuhause"

Die Stimmabgabe zu Corona-Zeiten sieht etwas anders aus als sonst: Die Wahllokale vor Ort sollen so gestaltet sein, dass es genügend Abstand zwischen den Wahlkabinen gibt. Der Einlass an Wählern ist begrenzt, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist Pflicht. Dennoch soll es auch vielfältige Möglichkeiten geben, seine Stimme abzugeben, ohne die Wahlkabine betreten zu müssen.

Seit dem 1. Februar ist es möglich, Briefwahl-Unterlagen zu beantragen. Viele Städte und Gemeinden rechnen in diesem Jahr mit einem Anstieg von Briefwählern. Einige Städte werden darüber hinaus kreativ. In Frankfurt beispielsweise kann man sich seine Briefwahl-Unterlagen auch durch ein Fenster reichen lassen, auf dem Parkplatz im Auto ausfüllen und kontaktlos in einen Briefkasten vor dem Wahllokal werfen.

Quelle: hessenschau.de