Mitarbeiterin bei Merck macht Sichtkontrolle

Darmstadt platzt aus allen Nähten. Das bringt Wohn- und Verkehrsprobleme mit sich. Zusätzlich sorgt eine geplante ICE-Strecke für Ärger. Und die regierenden Grünen müssen sich bei der Kommunalwahl gleich gegen zwei Konkurrenz-Listen behaupten.

So lebt man hier:

Darmstadts Bevölkerung gehört durchschnittlich gesehen zu den jüngsten in ganz Hessen. Dazu tragen vor allem die Studierenden der drei Hochschulen bei. Aber auch für viele junge Familien ist die Stadt attraktiv. Knapp 160.000 Menschen leben hier - zum Teil in sehr urbanen Stadtteilen, zum Teil aber auch in eingemeindeten Ortschaften, die bis heute dörflich geprägt sind.

Darmstadt ist eine Pendlerstadt: Rund 31.000 Menschen fuhren 2019 täglich aus der Stadt heraus, vor allem Richtung Frankfurt. Über 70.000 Menschen kommen zum Arbeiten in die Stadt. Denn hier gibt es gerade für hochqualifizierte Arbeitnehmer viele attraktive Unternehmen.

Darunter sind renommierte Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen wie das europäische Raumflugkontrollzentrum ESOC, der Wettersatelliten-Betreiber Eumetsat, das Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, drei Fraunhofer-Institute und das Chemieunternehmen Merck.

Die Chancen und Herausforderungen der Stadt:

Wohnen wird in Darmstadt immer teurer. Die Grundstückspreise schießen in die Höhe, bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Die Politik versucht mit verschiedenen Konzepten gegenzusteuern: Verdichten, Aufstocken, Gewerbegebiete und Militärkasernen umwandeln.

Wo viele Menschen wohnen, wird es auch im Verkehr eng. In einigen Darmstädter Straßen werden seit Jahren mit die höchsten Stickoxidwerte Hessens gemessen. Dieselfahrverbote und Mobilitätskonzepte sind Dauerthema. Im Norden kommen noch die startenden Flugzeuge vom Frankfurter Flughafen hinzu, die Luftverschmutzung und vor allem Lärm bedeuten.

Das große Ziel der regierenden grün-schwarzen Koalition ist daher die Verkehrswende für Darmstadt durch mehr öffentlichen Nah- und Radverkehr. Das geht zwar vielen nicht schnell genug, aber Veränderungen gerade für Radfahrer sind im Straßenbild deutlich zu erkennen.

Externer Inhalt

Externen Inhalt von Datawrapper (Datengrafik) anzeigen?

An dieser Stelle befindet sich ein von unserer Redaktion empfohlener Inhalt von Datawrapper (Datengrafik). Beim Laden des Inhalts werden Daten an den Anbieter und ggf. weitere Dritte übertragen. Nähere Informationen erhalten Sie in unseren

Ende des externen Inhalts

Das Topthema vor der Wahl:

In Darmstadt dreht sich alles um den Verkehr. Anfang November wurde die bevorzugte Trassenführung für die Schnellbahnstrecke Mannheim-Frankfurt bekannt gegeben. Darmstadt bekäme damit seinen lange von Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) geforderten ICE-Anschluss am Hauptbahnhof, aber dadurch ist auch der Streit über Lärmbelästigung und Waldabholzung eskaliert.

Denn für die Trasse müsste ein Teil des Westwaldes weichen. Während die Grünen von ökologischer Verkehrswende sprechen, befürchtet der Leiter des Forstamts das endgültige Aus des Westwaldes.

Auch ein zweites Verkehrsthema sorgt in Darmstadt für hitzige Debatten: Wem gehört die Straße? Während die von Radfahrerinitiativen schon lange angemahnten zusätzlichen Flächen nach und nach geschaffen werden, staut sich auf den übriggebliebenen Spuren die Blechlawine. Auch der Ausbau von Radwegen und des ÖPNV in den Landkreis – möglicherweise als Straßenbahnlinie – ist ein wichtiges Thema.

Das beschäftigt die Menschen noch:

Ein weiteres großes Thema ist der knappe Wohnraum. Um neuen Platz zu schaffen, werden ehemals militärisch genutzte Flächen in Wohngebiete umgewandelt. Die Lincolnsiedlung mit rund 1.600 Wohnungen ist schon fast fertig. Auch in der ehemaligen Cambrai-Fritsch-Kaserne laufen gerade die Bauarbeiten und die Starkenburg-Kaserne hat das Bundesverteidigungsministerium bereits zum Verkauf freigegeben. Dort sollen ab 2031 Wohnungen für 5.000 Menschen entstehen.

Im vergangenen Frühjahr hat die Stadt außerdem den "Masterplan DA 2030+" vorgestellt, in dem Entwicklungsmöglichkeiten für einzelne Stadtquartiere dargestellt sind. Wo ist mehr Stadtbegrünung möglich, wo kann Wohnraum verdichtet und wo die Infrastruktur verbessert werden? Darüber wurde und wird hitzig debattiert.

Mit der Jugendstilsiedlung Mathildenhöhe bewirbt sich die Stadt als UNESCO-Weltkulturerbe. Eigentlich sollte die Entscheidung im Sommer fallen, Corona-bedingt wurde der Termin aber um ein Jahr verschoben. Die Chancen stehen gut: Namhafte Experten gehen davon aus, dass es sich bei der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe um ein einzigartiges Zeugnis für den Aufbruch von Künstlern, Designern und Architekten in die Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts handelt.

In der Sportstadt Darmstadt sind auch die Schwimmbäder immer wieder Grund für Diskussionen: Gerade wird das marode Nordbad für rund 43 Millionen Euro neu gebaut – dort haben Doppelweltmeister Marco Koch und Ironman-Weltmeister Patrick Lange ihre Erfolge vorbereitet. Eigentlich bräuchte aber auch das denkmalgeschützte Mühltal-Freibad eine Grundsanierung. Geld ist aktuell aber nur für Notreparaturen übrig.

So ist die politische Ausgangslage in der Stadt:

Externer Inhalt

Externen Inhalt von Datawrapper (Datengrafik) anzeigen?

An dieser Stelle befindet sich ein von unserer Redaktion empfohlener Inhalt von Datawrapper (Datengrafik). Beim Laden des Inhalts werden Daten an den Anbieter und ggf. weitere Dritte übertragen. Nähere Informationen erhalten Sie in unseren

Ende des externen Inhalts

Die aktuell regierende grün-schwarze Koalition ging 2011 zwar als politische Innovation an die Arbeit, bei den Wählern kam diese Verbindung aber nicht so gut an: Bei der folgenden Kommunalwahl 2016 verlor die CDU im Vergleich zu 2011 sieben Prozentpunkte, die Grünen als weiterhin stärkste Fraktion büßten drei Prozentpunkte ein.

Zu Beginn der Legislaturperiode ging die Koalition deshalb ohne eigene Mehrheit an den Start – in einer Kooperation mit der Fraktion "Uffbasse". Inzwischen hat sich die einzige Stadtverordnete der Piraten Claudia Stricker der Grünen-Fraktion angeschlossen. Auch der ehemalige Grüne Jürgen Barth ist nach einem Wechsel zu "Uffbasse" wieder zurückgekehrt. Damit hat die Koalition ihre Mehrheit im Stadtparlament zurück.

Den Grünen scheint es allerdings nicht gut zu bekommen, dass ihre Klima- und Umweltvorhaben wie der Ausbau der Radwege durch den Koalitionspartner CDU immer wieder ausgebremst werden. Aus Frust über diesen Zustand treten gleich zwei neue Wählergemeinschaften zur Kommunalwahl an: das "Bündnis der Bürgerinitiativen" unter dem Dach der Freien Wähler und die Liste "Wähler*innen gestalten Darmstadt" (WGD).

Das sind die wichtigsten Köpfe:

Zur Kommunalwahl sind in Darmstadt 13 Listen zugelassen. Auf der CDU-Liste steht der ehemalige Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz Roland Desch. Die Liste der FDP führt Leif Blum an. Der ehemalige Landtagsabgeordnete war 2012 über eine Steueraffäre gestolpert. 2018 kehrte er als Geschäftsführer der Landtagsfraktion zurück aufs politische Parkett.

Die Grünen gehen mit der Landtagsabgeordneten Hildegard Förster-Heldmann an der Spitze ins Rennen, die SPD mit ihrem Vorsitzenden Tim Huß. Auf der Liste der Wählervereinigung Uffbasse findet sich Showgirl Aurora DeMeehl alias Jochen Werner – allerdings auf einem der hinteren, eher aussichtslosen Plätze.

Diese Entscheidungen stehen noch an:

Gemeinsam mit der Stadtverordnetenversammlung wird in Darmstadt am 14. März auch der Ausländerbeirat und der Ortsbeirat des Stadtteils Wixhausen gewählt.