Streik in Hessen (hier Frankfurt) Sujetbild

So langsam reicht es, dürften Pendler und Reisende dieses Jahr schon oft gedacht haben: Voranzukommen scheint in Hessen Glücksache zu sein, irgendwer streikt fast immer. Dass das nicht nur ein Gefühl ist, zeigt ein Blick in unseren Streik-Kalender.

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Alles geht, nichts fährt mehr – Streik im ÖPNV und öffentlichen Dienst

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Der innere Alarm-Plan spult sich schon fast von allein im Kopf ab - so oft haben Pendler und Reisende in Hessen seit Jahresanfang dieselben Ankündigungen gelesen: ÖPNV-Streik, Lokführer-Streik, Flughafen-Streik. Und dann waren da noch die Bauernproteste, die Landstraßen, Autobahnen und ganze Innenstädte blockierten.

Gab es überhaupt schon Wochen ohne Streik dieses Jahr? Die Antwort lautet: Ja, allerdings kaum. Stand jetzt kamen die Hessen nur in zwei kompletten Kalenderwochen planmäßig von A nach B: in der ersten und in der dritten. Ansonsten erschwerten permanent Ausstände das Fortkommen - oft sogar gleichzeitig auf mehreren Verkehrswegen.

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Ramelow und Weise sollen bei Lufthansa schlichten

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und der frühere Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sollen im Tarifkonflikt beim Lufthansa-Bodenpersonal schlichten. Die Gewerkschaft Verdi benannte Ramelow, die Lufthansa Weise, wie beide Seiten am Montagabend separat in Berlin und Frankfurt mitteilten. Die Schlichtung soll demnach am 25. März beginnen und spätestens am 28. März enden.

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Lokführerstreik meets Bauernprotest

Kaum war das Jahr angerollt, stand der Zugverkehr auch schon still: Die Lokführergewerkschaft GDL rief im festgefahrenen Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn allein im Januar zweimal zu Streiks auf. Für Reisende hieß das: umplanen und hoffen, dass ihr Fernzug zu den 20 Prozent gehörte, die laut Ersatzfahrplan noch fuhren.

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Streik-Kalender 2024: Januar bis März

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Wer sich stattdessen ins Auto setzte, konnte nur hoffen, unterwegs keiner Traktor-Kolonne zu begegnen. Teilweise parallel zum Bahnstreik lief die Protestwoche der Bauern gegen gestrichene Agrarsubventionen: Landwirte aus ganz Hessen rollten in Sternfahrten unter anderem nach Wiesbaden, Frankfurt und Kassel hinein, wo sie ihrerseits für Ausfälle im Nahverkehr und Stau auf den Straßen sorgten.

Flugverkehr noch öfter bestreikt als Bahn

Zwar sind die Bauernproteste in Hessen ein wenig abgeebbt. Die Lokführer hingegen scheinen unermüdlich: Fast drei Monate sind ins Land gegangen - und vier GDL-Streiks. Im gesamten Tarifkonflikt seit November waren es sogar sechs. Vor allem an der GDL-Forderung nach einer 35-Stunden-Woche sind die Gespräche mit der Bahn zuletzt immer wieder gescheitert.

Wer jetzt allerdings glaubt, die Bahn sei das am häufigsten bestreikte Verkehrsmittel, der irrt. Harte Konkurrenz bekommt sie in Hessen vom Flugverkehr: Mindestens zehnmal wurde am Frankfurter Flughafen 2024 schon gestreikt: Piloten, Flugbegleiter, Sicherheitspersonal und - Anwärter auf den Titel "Streikfreudigste Zunft" - das Lufthansa-Bodenpersonal. Auf dessen Konto gehen allein fünf Ausstände seit dem Jahresanfang.

Drei verschiedene Gewerkschaften - Verdi, Vereinigung Cockpit, Ufo - verhandeln unter anderem mit der Lufthansa, einer Lufthansa-Tochtergesellschaft oder dem Flughafenbetreiber Fraport über mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen für ihre jeweiligen Mitglieder.

Dreimal ÖPNV-Stillstand in drei Monaten

Für Stress auf kurze Distanz sorgten in den vergangenen Wochen zudem Streiks im öffentlichen Nahverkehr: Wenn bei der Bahn die Züge gerade wieder anrollten, stand dafür der ÖPNV still - und umgekehrt. Kein Bus, keine Tram, keine U-Bahn, hieß es schon dreimal seit Anfang Februar.

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Zuletzt hatten ÖPNV-Streiks in Frankfurt, Kassel, Wiesbaden und Gießen den Nahverkehr in großen Teilen lahmgelegt, nachdem Verdi kurzfristig einen dreitägigen Ausstand angekündigt hatte. Damit will die Gewerkschaft Druck machen, um - neben mehr Geld - eine 35-Stunden-Woche für Beschäftigte im Nahverkehr zu erreichen, ganz ähnlich wie die GDL.

Warum wird gerade so viel gestreikt?

Viele Kunden schwanken bei dieser Fülle an Streiks zwischen Verständnis und Verzweiflung. Scheinen doch zwei streikfreie Wochen seit Jahresanfang ungewöhnlich wenig. Aber stimmt das? Ja, meint der Historiker und Politikwissenschaftler Peter Birke von der Universität Göttingen.

"Es gibt tatsächlich eine Zunahme von Streiks", sagte Birke kürzlich im hr-Interview. Vor allem in Bereichen, in denen die Konsequenzen direkt zu spüren sind, beobachtet er diesen Trend zu mehr Arbeitsniederlegungen: zum Beispiel in Krankenhäusern, Kindertagesstätten - oder eben im Nahverkehr.

Arbeitsbelastung, Stress und Burn-out-Phänomene nähmen dort statistisch zu - und damit die Unzufriedenheit. "Ich glaube, da hat auch die Corona-Pandemie einiges zum Vorschein gebracht", so Birke. Trotzdem hätten sich die Arbeitsbedingungen seither kaum verbessert.

Wird das irgendwann besser?

Bevor Reisende jetzt bange auf die kommenden Wochen schauen, sei vorsichtig etwas Optimismus verbreitet: Denn die Lokführergewerkschaft GDL verhandelt inzwischen wieder mit der Deutschen Bahn. Bahnreisenden verschafft das vorerst eine Pause von Überraschungsstreiks und Notfahrplänen.

Zwar scheiterten die Gespräche zuletzt dann doch noch immer, aber jetzt hieß es sowohl von der Bahn als auch von der GDL, beide Parteien seien "zuversichtlich" und hofften, noch in dieser Woche "ein Ergebnis mitteilen zu können". Familienbesuche und Oster-Ausflüge mit dem Zug liegen also im Bereich des Möglichen.

Auch Flugreisende haben eine Sorge weniger: Beim streikfreudigen Lufthansa-Bodenpersonal kehrt gerade Ruhe ein, nachdem sich Verdi und die Lufthansa auf ein Schlichtungsverfahren geeinigt haben. Es soll am Montag, 25. März, beginnen und spätestens am Gründonnerstag, 28. März, enden. Schlichtung bedeutet Friedenspflicht - und das bedeutet: erst mal keine weiteren Streiks.

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