Gebrüder Grimm Denkmal in Hanau

Während der Westen des Main-Kinzig-Kreises nach der Anbindung an Frankfurt und Offenbach strebt, plant die größte Stadt im Kreis den Alleingang. Die CDU hofft bei der Kommunalwahl auf ihr Comeback.

So lebt man hier:

Der Main-Kinzig-Kreis ist mit 421.000 Einwohnern Hessens bevölkerungsreichster Landkreis. Namensgeber sind die beiden Flüsse Main und Kinzig, die sich in Hanau treffen. Folgt man der Kinzig flussaufwärts entlang der Autobahn 66, erheben sich Vogelsberg und Spessart. Während den Westen des Kreises die direkte Nachbarschaft zu Frankfurt und Offenbach beeinflusst, ist der Osten ländlich geprägt.

Gleich sieben der 100 größten Industriebetriebe Hessens haben ihren Standort im Main-Kinzig-Kreis. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer entstanden seit der letzten Kommunalwahl 2016 fast 20.000 neue Arbeitsplätze – ein Plus von fast 17 Prozent und teilweise deutlich mehr als in benachbarten Landkreisen. Der Wetteraukreis kommt im gleichen Zeitraum auf ein Plus von 13 Prozent, die Stadt Offenbach auf 9,2 Prozent. Auch die Arbeitslosenquote liegt seit vielen Jahren unter dem landesweiten Durchschnitt.

Die Chancen und Herausforderungen der Region:

Die Stadt Hanau hat die größte Wirtschaftskraft des Kreises, hier finden sich auch einige Arbeitgeber von Weltrang. In den vergangenen Jahren sind auch deshalb viele junge Menschen aus dem Osten des Kreises nach Hanau und Umgebung gezogen. In der Folge wird der Osten des Kreises älter, der Westen jünger.

Der Westen des Kreises versucht, den Anschluss an den großen Nachbarn Frankfurt zu halten. Ein wichtiger Baustein dabei: die Verkehrsanbindung. Nach jahrzehntelanger Planung wurde vor Kurzem mit den Bauarbeiten für die Nordmainische S-Bahn begonnen, die Hanau über Maintal mit Frankfurt verbinden soll.

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Das Topthema vor der Wahl:

Hanau wird voraussichtlich in diesem Jahr den 100.000 Einwohner begrüßen und damit offiziell zur Großstadt. Dann will die Stadt kreisfrei werden, also raus aus dem Main-Kinzig-Kreis. Landrat Thorsten Stolz (SPD) betonte früh, von diesen Plänen alles andere als begeistert zu sein, der Stadt aber keine Steine in den Weg legen zu wollen.

Dennoch gestalten sich die Verhandlungen während der Corona-Pandemie zäh. Die ursprünglich für April angestrebte Kreisfreiheit wurde auf den 1. Januar 2022 verschoben. Kritiker aus unterschiedlichen Parteien sprechen von unnötigen Doppelstrukturen und Mehrkosten, wenn Hanau künftig Kreisangelegenheiten selbst übernimmt. Die Stadtspitze erwidert: Hanau übernehme längst Aufgaben des Kreises.

Das beschäftigt die Menschen noch:

  • Da der Main-Kinzig-Kreis in den vergangenen Jahren als Wohnort immer beliebter geworden ist, wird bezahlbarer Wohnraum knapp. Politiker aus zahlreichen Kommunen machen sich für entsprechende Bauprojekte stark, gegen die sich aber meist Anwohner wehren. Viele Menschen im Hanauer Stadtteil Mittelbuchen zum Beispiel wollen den dörflichen Charakter ihres Stadtteils erhalten.
  • Die ICE-Strecke zwischen Hanau und Fulda ist nach Angaben der Deutschen Bahn eine der wichtigsten Verbindungen Deutschlands – aber auch eine der am stärksten überlasteten. Zwischen Gelnhausen und Fulda entsteht deshalb eine Neubaustrecke, über deren Verlauf seit Jahren heftig gestritten wird. Entlang der geplanten Bahnstrecke haben sich mehrere Bürgerinitiativen gegründet.
  • Ähnlich verhält es sich beim Thema Windkraft, das die Menschen im Kinzigtal seit Jahren beschäftigt. Die Hänge von Vogelsberg und Spessart gelten als optimale Standorte für Windräder, doch von Bürgerinitiativen aus Gründau und Bad Orb kommt Gegenwind.

So ist die politische Ausgangslage im Landkreis:

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Seit 1993 regierte im Main-Kinzig-Kreis eine große Koalition aus SPD und CDU. 2011 kündigte die SPD dieses Regierungsbündnis auf und ging eine Koalition mit Grünen und Freien Wählern ein. Wegen der großen Wahlverluste der Grünen war diese Koalition 2016 nicht mehr möglich.

Der Wahlsieger SPD ging zurück in die große Koalition mit der CDU. Die drittmeisten Sitze im Kreistag gingen an die AfD. 2016 erreichte sie auf Anhieb 14,6 Prozent der Stimmen. Die holte sie vor allem in den ländlichen Kommunen im Osten des Kreises.

Das sind die wichtigsten Köpfe:

Das bekannteste politische Gesicht im Kreis ist wohl Claus Kaminsky. Der 61 Jahre alte SPD-Politiker ist seit 2003 Hanaus Oberbürgermeister. Wichtigster Kopf dagegen ist sein Parteikollege Thorsten Stolz. Der 41-jährige ehemalige Bürgermeister von Gelnhausen ist seit 2017 Landrat des Kreises und bei der Kommunalwahl Spitzenkandidat der Main-Kinzig-SPD. Zur Wahl steht aber beispielsweise auch der Landtagsabgeordnete und Generalsekretär der SPD Hessen, Christoph Degen aus Neuberg.

Spitzenkandidat der CDU im Main-Kinzig-Kreis ist Winfried Ottmann aus Bad Soden-Salmünster. Ottmann ist seit 2018 Kreisbeigeordneter des Main-Kinzig-Kreises. Neben ihm steht unter anderem der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber aus Gelnhausen zur Wahl.

Hier wird die Wahl eine klare Angelegenheit:

Der Osten des Main-Kinzig-Kreises galt viele Jahre als CDU-Hochburg. Wie in anderen Kreisen finden hier aber seit einigen Jahren auch freie Wählergemeinschaften Zulauf. Ungeachtet dessen behauptet die CDU in Bad Soden-Salmünster seit Jahren ihre Stärke: Bei den vergangenen Wahlen kamen die Christdemokraten stets auf mindestens 40 Prozent der Stimmen, meist deutlich mehr.

Hier könnte es besonders spannend werden:

Spannend wird dagegen die Wahl in Langenselbold. Die frühere SPD-Hochburg war zuletzt jahrelang fest in CDU-Hand. Bei den vergangenen Wahlen verloren die Christdemokraten aber immer mehr Stimmen, während die SPD zulegte. Im Februar 2020 wurde mit Timo Greuel schließlich wieder ein SPD-Mann zum Bürgermeister gewählt – nachdem zuvor 24 Jahre lang CDUler regiert hatten.

Interessant wird außerdem die Wahl in Hanau: Hier könnte die seit 2007 regierende Vierer-Koalition aus SPD, Grünen, Bürger für Hanau und FDP zerbrechen. Sollte die CDU zu alter Stärke zurückfinden, wäre eine große Koalition im Hanauer Rathaus denkbar.

Diese Entscheidungen stehen noch an:

In Hanau steht zeitgleich mit der Kommunalwahl die Oberbürgermeisterwahl an. Claus Kaminsky (SPD) will in seine vierte Amtszeit gehen. Verhindern wollen das gleich sechs Kandidaten, darunter Jens Böhringer (CDU), Anja Zeller (Grüne), Meysam Ehtemai (AfD), Jochen Dohn (Linke) sowie der unabhängige Kandidat Sven Zinserling. Gerhard Stehlik geht zwar ebenfalls als unabhängiger Oberbürgermeister-Kandidat ins Rennen. Bei der Kommunalwahl steht er allerdings auch auf der Liste der AfD für den Main-Kinzig-Kreistag. Somit stellt die AfD genau genommen zwei Sympathisanten.

Einen neuen Rathauschef wird es sicher in Neuberg geben. Dort tritt Amtsinhaberin Iris Schröder (SPD) nicht mehr zur Wahl an. Um ihre Nachfolge bewerben sich Jörn Schachtner (SPD), Melanie Esch (Grüne), Walter Bernges (CDU) und Jens Feuerhack von der "Neuberger Liste".