Demo am Samstag in Kassel auf dem Friedrichsplatz: "Für Demokratie und Vielfalt"

Knapp 25.000 Menschen sind in Hessen auch an diesem Wochenende auf die Straße gegangen, um für Demokratie und gegen Rechtsextremismus und die AfD zu protestieren. Am Montag ist eine große Kundgebung in Frankfurt am Römerberg geplant.

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Demos für Demokratie und gegen Rechtsextremismus auch in Kleinstädten

Teilnehmer einer Demo
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Die Protestwelle der Menschen in Hessen für Demokratie und Vielfalt und gegen Rechtsextremismus in Politik und Gesellschaft ist auch an diesem Wochenende weitergegangen. In zahlreichen Städten fanden am Samstag und Sonntag Demonstrationen statt. Insgsamt waren knapp 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Polizei-Angaben hessenweit auf der Straße.

In Kassel versammelten sich am Samstag auf der Wiese vor dem Fridericianum rund 5.000 Menschen unter dem Motto "Hand in Hand für Demokratie und Vielfalt". Mitorganisatorin Tahireh Panahi rief auf der Bühne: "Hier in Kassel stehen wir auch für Halit. Hier stehen wir auch für Walter."

Halit Yozgat wurde 2006 in Kassel mutmaßlich von der rechtsextremen Terrorgruppe NSU ermordet, der genaue Tathergang ist bis heute ungeklärt. 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke vom Rechtsextremen Stephan Ernst erschossen.

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Erneut demonstrieren Tausende in Hessen gegen Rechtsextremismus

Politische Demonstration in Kassel
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Tausende Menschen demonstrieren in Darmstadt

In Darmstadt kamen auf dem Friedensplatz laut Polizei rund 4.000 Menschen friedlich zusammen. Ihr Motto: "Wir sind die Brandmauer gegen die AfD und ihre Wegbereiter*innen".

Demonstrantinnen in Darmstadt mit "Brandmauer"Schildern

Wie die Organisatoren vom "Bündnis gegen Rechts Darmstadt" erklärten, richte sich der Protest nicht nur gegen die AfD, "sondern gegen alle, die Steigbügelhalter und Wegbereiter für dieses Gedankengut sind", wie Bündnissprecherin Lisa Hofmann dem hr sagte. Mit-Organisator Markus Zwilling ergänzte: "Gewisse Positionen sind auch von den etablierten Parteien übernommen worden. Dagegen richtet sich auch diese Demo." Der "beste Schutz gegen Nazis ist, selbst keine rechte Politik zu machen", so Zwilling.

Weitere Demos in hessischen Städten am Samstag und Sonntag

In Wetzlar (Lahn-Dill) kamen 5.500 Menschen zusammen, in Bad Hersfeld 3.000 und in Bad Nauheim (Wetterau) waren es laut Polizei 2.000. Auch in Hattersheim (Main-Taunus), Usingen (Hochtaunus), Maintal (Main-Kinzig), Nidderau (Main-Kinzig) und Neu-Isenburg (Offenbach) sowie in Groß-Gerau und Rotenburg an der Fulda gingen jeweils mehrere hundert Menschen auf die Straße.

Demo-Teilnehmer mit Schild "Darmstadt bleibt bunt"

Menschen auch in Kleinstädten mobilisiert

Auch am Sonntag gingen Menschen auf die Straße. In Lich (Gießen) hatte ein breites Bündnis zu einer Kundgebung unter dem Motto "Lich steht auf! Die Würde des Menschen ist unantastbar" aufgerufen. Die Polizei sprach von rund 1.100 Teilnehmenden. In Langgöns (Gießen) kamen rund 400 Menschen zum friedlichen Protest zusammen.

In Wächtersbach (Main-Kinzig) fand eine von der Stadt, Kirchen, Vereinen und dem Ausländerbeirat initiierte Kundgebung unter dem Motto "Mit Mut und Herz für Freiheit und Demokratie" statt. Rund 700 Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil. Bürgermeister Andreas Weiher (SPD) warnte bei der Kundgebung auch vor Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Zuletzt erschütterte ein mutmaßlich rechtsextremer Brandanschlag auf das Wohnhaus einer pakistanischen Familie die Kommune. 2019 wurde ein 26-jähriger Eritreer auf offener Straße bei einem rassistischen Anschlag getötet

Am Montag große Kundgebung am Frankfurter Römerberg

Für diesen Montag ab 17 Uhr ist in Frankfurt erneut eine große Kundgebung am Römerberg geplant. Über 130 Organisationen, darunter Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen, Vereine, Verbände, Bildungseinrichtungen, Initiativen und Frankfurter Parteien, schlossen sich dem Aufruf der Organisatoren unter dem Motto "Frankfurt steht auf für Demokratie" an. Zu den erwarteten Rednern zählen Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) und der Publizist Michel Friedman. Die Veranstalter erwarten laut Ordnungsamt 7.000 Menschen.

Die VGF teilte mit, dass wegen der Demonstration die "Altstadtstrecke" der Straßenbahn in der Braubachstraße und die U-Bahn-Station Dom/Römer ab 16 Uhr gesperrt sind.

Auch in Lauterbach (Vogelsbergkreis) hat ein breites Bündnis für Montag zu einer Kundgebung aufgerufen, das Motto lautet dort "Nie wieder ist jetzt".

Protestforscher: Demos könnten politische Bewegung werden

Seit gut drei Wochen gehen in Hessen Zehntausende als Teil der bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Am Dienstag fanden Kundgebungen in Fulda und Hanau statt. Hintergrund sind Berichte des Recherchezentrums Correctiv zu einem Treffen radikaler Rechter mit einzelnen Politikern von AfD, CDU und Werteunion in Potsdam. Bei dem Treffen wurde demnach unter anderem über die "Remigration" von Millionen von Menschen referiert.

Für den Protestforscher Tareq Sydiq vom Zentrum für Konfliktforschung an der Marburger Philipps-Universität könnten die anhaltenden Proteste in eine langfristige Protestbewegung münden. Dafür spreche der bereits lange Zeitrahmen der Demos. Entscheidend für einen Fortbestand der Bewegung sei aber auch, ob sich die Teilnehmenden zu Bündnissen zusammenschließen und sich auf gemeinsame Ziele und Strategien verständigen, sagte Sydiq der Deutschen Presse-Agentur. 

Überrascht habe ihn, dass es schon wenige Tage nach den Corrrecitv-Enthüllungen bereits deutschlandweit zu großen Demonstrationen kam, so Sydiq. Auch die teils starke Mobilisierung im ländlichen Raum habe ihn beeindruckt, ergänzte der Politologe.

"Remigration" und Tabubruch

Den Grund für die derzeit breite Mobilisierung sieht der Forscher nicht nur in dem bei dem Potsdamer Treffen thematisierten Begriff der "Remigration" von Millionen von Menschen. Die bei dem Treffen referierten Vorstellungen des früheren Kopfs der Identitären Bewegung Österreichs, Martin Sellner, hätten vielen verdeutlicht, dass es auch um Menschen gehe, die sich für Geflüchtete engagieren sowie um deutsche Staatsbürger der dritten, vierten oder fünften Generation, so Sydiq. "Und das ist dann natürlich schon auch noch mal ein Tabubruch und eine ganz andere Art von Eskalation."

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