Corona-Jahresrückblick (1) Und plötzlich ist Pandemie

Lockdown, Maskenpflicht, Quarantäne: Die Ereignisse im Jahr 2020 muten surreal an. Auch den Hessen hat die Corona-Krise viel abverlangt. Wir blicken im ersten Teil unseres Jahresrückblicks auf die wichtigsten Entwicklungen zurück. Januar bis Juni.

Voller Aufzug: Jens Spahn (2.vl), Helge Braun (5.vl), Volker Bouffier (6.vl), Michael Bußer (7.vl) und Kai Klose (rechts) im Aufzug.
Voller Aufzug: Jens Spahn (2.vl), Helge Braun (5.vl), Volker Bouffier (6.vl), Michael Bußer (7.vl) und Kai Klose (rechts) im Aufzug. Bild © Bodo Weissenborn (hr)

Anfang des Jahres kann noch niemand erahnen, welches Ausmaß der Corona-Ausbruch annehmen und dass er zur Pandemie werden sollte. Als es aus China heißt, in der Millionenstadt Wuhan seien die ersten Fälle einer unbekannten Lungenerkrankung aufgetreten, sprechen die Medien noch von einer "unheimlichen Gefahr".

Schon wenige Monate später wird daraus eine ernsthafte Bedrohung - es folgen die größten Einschränkungen der Freiheitsrechte seit dem Zweiten Weltkrieg. Begriffe wie Lockdown, Kontaktverbot, Maskenpflicht oder Inzidenz schleichen sich in den alltäglichen Wortschatz und das gesamte Leben ein. Wie Hessen bislang mit der historischen Krise umgegangen ist, sehen Sie in unserem ersten Teil des Jahresrückblick zum Coronavirus - von Januar bis Juni. (Den zweiten Teil des Corona-Jahresrückblicks finden Sie hier.)

Januar

24. Januar: Marburger Forscher suchen Impfstoff gegen Coronavirus. Nachdem die Infizierten-Zahlen in China Anfang des Jahres rasant steigen, arbeiten Forscher weltweit daran, einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu finden. Auch hessische Wissenschaftler beschäftigen sich mit dem neuartigen Virus. So sind Virologen der Uni Marburg an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen den Lungen-Erreger beteiligt. 

Frau mit Atemschutzmaske vor einer Apotheke
Die Hessen decken sich mit Atemschutzmasken ein. Bild © picture-alliance/dpa

27. Januar: Erster Corona-Fall in Deutschland - Vorkehrungen in Hessen. Das Coronavirus erreicht Deutschland: Im bayrischen Landkreis Starnberg wird die erste Erkrankung mit dem Coronavirus gemeldet. In anderen Bundesländern werden derweil Vorkehrungen für eine mögliche Ausbreitung des Coronavirus getroffen. In Hessen steht der Frankfurter Flughafen im Fokus. Große Fluggesellschaften wie die Lufthansa streichen alle Flüge nach China.

Die Menschen in Hessen stehen der Situation noch überwiegend gelassen gegenüber. Es gibt allerdings schon einen Run auf Atemschutzmasken. 

Februar

2. Februar: Rückholaktion aus Wuhan - Behandlung am Uniklinikum Frankfurt. Die Bundesregierung lässt 122 deutsche Staatsbürger aus dem chinesischen Wuhan ausfliegen. Sie kommen am Flughafen Frankfurt an und werden in Germersheim zwei Wochen lang unter Quarantäne gestellt. Bei zwei Menschen wird eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt. Sie werden von der Kaserne zum Universitätsklinikum Frankfurt gebracht und dort behandelt. 

27. Februar: Erster bestätigter Corona-Fall in Hessen. Die Verbreitung des Coronavirus ist nicht mehr aufzuhalten. Die Infektionszahlen steigen deutschlandweit, inzwischen hat sich erstmals auch ein Hessen mit dem Erreger infiziert. Es handelt sich um einen 31-jährigen Mann aus Wetzlar, der von einer Reise aus der Lombardei in Norditalien zurückgekehrt ist. Nur einen Tag später werden drei weitere Fälle identifiziert - im Lahn-Dill-Kreis, im Hochtaunus und in Gießen.

Das Virus hat inzwischen auch einen Namen: Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt die neuartige Lungenerkrankung nun Covid-19. Das Virus erhält den Namen Sars-CoV-2.

März

Anfang März: Die Hamsterkäufe starten. In Hessen werden immer mehr Infektionen gemeldet. Die Menschen reagieren zum Teil mit Panik- und Hamsterkäufen: Bestimmte Produkte wie Nudeln, Konserven, Mehl oder Toilettenpapier werden knapp. Desinfektionsmittel und Schutzmasken sind innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.

Andere Branchen leiden bereits unter der Corona-Krise: Die Reisebranche verzeichnet erste Verluste. Am 6. März macht die EU ihre Grenzen dicht, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen.

Ein halbleeres Klopapierregal in einem Frankfurter Supermarkt
Beliebte Ware: Klopapier. Bild © Philipp Wellhöfer

10. März: Der Ausnahmezustand beginnt - Großveranstaltungen werden abgesagt. Das hessische Gesundheitsministerium empfiehlt die Absage von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern. Auch Spiele des Bundesligisten Eintracht Frankfurt sind betroffen. In der Veranstaltungsbranche kommt es zu großen wirtschaftlichen Verlusten. 

13. März: Schulen und Kitas schließen. Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Der Schulbetrieb in Hessen wird bis zu den Osterferien eingestellt, Kitas bleiben ebenso geschlossen und der Vorlesungsbeginn an der Universität wird verschoben. Für Kinder wird eine Notbetreuung eingerichtet, von der allerdings nicht alle Eltern profitieren können. Schüler sollen zu Hause unterrichtet werden. 

Schule in Langen am Montagmorgen
Schüler dürfen erstmal nicht mehr zum Unterricht. Bild © Imago Images

 

14. März: Museen, Kinos, Theater werden geschlossen, Gottesdienste abgesagt. Einen Tag nach den Schulschließungen beschließt die Landesregierung das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern. Landesmuseen und Staatstheater machen zu. Gottesdienste werden abgesagt, das Besuchsrecht in Alten- und Pflegeheimen eingeschränkt. 

Am geschlossenen Tor vor einem Spielplatz in Bad Homburg hängt ein Schild: Wegen der Corona-Pandemie bis auf Weiteres geschlossen.
Geschlossene Tore vor dem Spielplatz im Jubiläumspark in Bad Homburg. Bild © Claire Balafas (hr)

16. März: Shutdown für Kneipen und Geschäfte. Die Bundesregierung und die Länderchefs einigen sich auf drastische Maßnahmen. Bars, Diskotheken, Sportanlagen und Fitnessstudios müssen schließen. Auch Kinder bekommen die Krise zu spüren: Die Spielplätze werden geschlossen. Alle Restaurants, Kantinen und Mensen müssen nach 18 Uhr ihre Türen zu machen. Zudem machen alle Geschäfte dicht. Viele Einzelhändler und Gastwirte kritisieren die Maßnahmen.

17. März: Erster Todesfall in Hessen: Erstmals in Hessen ist ein Mensch an den Folgen der Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Es handelt sich um einen Patienten, der auf der Intensivstation in einer Wiesbadener Klinik behandelt worden ist. Der Patient, ein 68-jähriger Mann, hatte eine Vorerkrankung.

Ein älterer Mann mit Glatze und Brille eilt an einem geschlossenen Lokal in Wiesbaden vorbei. Vor der Gaststätte sind Tische und Stühle zusammengeräumt und angekettet.
Vorerst keine Bedienung: Geschlossene Gastronomie in Wiesbaden. Bild © picture-alliance/dpa

19. März: Corona-Soforthilfen werden beschlossen. Die hessische Regierung beschließt einen Nachtragshaushalt, um die Folgen der Krise abzumildern. 7,5 Milliarden Euro werden kurzfristig zur Verfügung gestellt, um Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern zu helfen. Die Wirtschaft in Hessen soll steuerliche Soforthilfen von bis zu 1,5 Milliarden Euro erhalten. Das Bürgschaftsvolumen soll auf 5 Milliarden Euro erhöht werden, der Nachtragshaushalt bringt eine weitere Milliarde Euro. 

20. März: Vorschriften für das Privatleben - Kontakte werden minimiert. Bund und Länder bestimmen eine allgemeine Kontaktbeschränkung. Die Obergrenze für Versammlungen wird auf maximal fünf Personen festgelegt. Nur Angehörige eines Haushalts dürfen sich zu mehreren treffen. 

22. März: Maßnahmen werden verschärft - Friseure schließen. Bund und Länder verschärfen die Corona-Einschränkungen erneut. Das betrifft sowohl die Kontaktbeschränkungen als auch den Einzelhandel. Auch in Hessen dürfen sich ab sofort nur noch Gruppen von maximal zwei Menschen gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten. Weitere Geschäfte müssen schließen, unter anderem die Friseure. Das stößt auf viel Kritik.

In einem Park sitzen Menschen vereinzelt auf fünf Bänken.
Abstand ist das Gebot der Stunde. Bild © picture-alliance/dpa

24. März: Landtag beschließt milliardenschweren Corona-Schutzschirm. Im Express-Verfahren hat der Landtag ein Rettungspaket zur Bewältigung der Corona-Krise geschnürt - und dafür die Schuldenbremse gelöst. Der millardenschwere Rettungsschirm des Landes wird im Parlament einstimmig angenommen.

25. März: Start der Corona-Soforthilfen. Das Corona-Hilfspaket der Landesregierung startet. Insgesamt stehen für Solo-Selbstständige, Freiberufler, Künstler sowie Kleinunternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern mehr als zwei Milliarden Euro von Bund und Land zur Verfügung. Viele kleine Selbstständige und Künstler profitieren allerdings nicht von der Soforthilfe. 

29. März: Ein Bundesland in Trauer - Hessens Finanzminister Schäfer nimmt sich das Leben. Die Leiche von Thomas Schäfer wird an der ICE-Strecke bei Hochheim gefunden. Das Corona-Hilfspaket für die Wirtschaft war sein letztes politisches Projekt. Aus ganz Hessen folgen Beileidsbekundungen und Anteilnahme für die Angehörigen.

31. März: Michael Boddenberg wird neuer Finanzminister. Mitten in der Pandemie muss in Hessen ein neuer Finanzminister vereidigt werden. Nach dem Suizid von Thomas Schäfer übernimmt Michael Boddenberg das Amt. 

Vereidigung von Michael Boddenberg als Finanzminister am 03.04.2020
Nach der Vereidigung verzichteten Bouffier (im Vordergrund) und Boddenberg auf einen Händedruck. Bild © hessenschau.de

April

2. April: Hessen beschließt Corona-Bußgelder. Ab dem 3. April können in Hessen Verstöße gegen die Corona-Verordnungen der Landesregierung einheitlich mit Bußgeldern belegt werden. Am Tag zuvor sind Corona-Testzentren eingerichtet worden.

14. April: Jens Spahn besucht Hessen - Aufzug-Foto sorgt für Aufregung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn besucht gemeinsam mit Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) das Universitätsklinikum Gießen-Marburg, um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen. Für bundesweite Belustigung und Häme sorgt ein Foto der Politiker in einem vollbesetzten Aufzug, aufgenommen von einem hessenschau.de-Redakteur. 

Voller Aufzug: Jens Spahn (2.vl), Helge Braun (5.vl), Volker Bouffier (6.vl), Michael Bußer (7.vl) und Kai Klose (rechts) im Aufzug.
Voller Aufzug: Jens Spahn (2.vl), Helge Braun (5.vl), Volker Bouffier (6.vl), Michael Bußer (7.vl) und Kai Klose (rechts) im Aufzug. Bild © Bodo Weissenborn (hr)

15. April: Der Weg aus dem Teil-Lockdown - große Geschäfte öffnen wieder. Nach wochenlangen massiven Einschränkungen treten erste vorsichtige Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Kraft. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern dürfen etwa wieder öffnen.

21. April: Landesweite Maskenpflicht. Wenige Monate zuvor wäre das noch undenkbar gewesen: Hessen macht das Tragen von Alltagsmasken im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften zur Pflicht. Als erste Stadt hat Hanau in Hessen eine Maskenpflicht im Kampf gegen das Coronavirus eingeführt.

Mundschutz Supermarkt
Bild © picture-alliance/dpa

Mai

1. Mai: Öffnungen von Spielplätzen, Friseurläden und Museen. Die Landesregierung beschließt weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Unter anderem die Öffnung von Friseurgeschäften, Spielplätzen und Kultureinrichtungen wie etwa Museen oder Zoos. Die Landesregierung lässt nun auch wieder Besuche von Gottesdiensten und in Alten- und Pflegeheimen zu. 

Eine Giraffe, ein schaukelndes KInd, eine Museumsbesucherin
Bald nicht mehr tabu: Tierpark, Spielplatz, Museum Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

16. Mai: Keine Fans, keine Stimmung: Neustart der Bundesliga mit Geisterspielen. Nach heftigen Debatten startet der Spielbetrieb in der Bundesliga wieder, allerdings ohne Zuschauer. Ein Spiel gegen Gladbach gibt bei Eintracht Frankfurt den Geisterauftakt.

Dost
Bild © Imago Images

18. Mai: Öffnung der Schulen. Alle Schüler in Hessen sollen unter strengen Auflagen wieder zum Unterricht gehen. Auch die Grundschulen öffnen schrittweise wieder. Wenige Tage zuvor haben Restaurants und Hotels wieder geöffnet. Auch die Zwei-Haushalte-Regel ist gelockert worden, ebenso ist Vereinssport wieder erlaubt.

Ein Mädchen meldet sich im Unterricht in einer Grundschule in Eltville
Bild © picture-alliance/dpa

23. Mai: Corona-Ausbruch in Baptisten-Gemeinde. Innerhalb der Frankfurter Gemeinde der "Evangeliumschristen-Baptisten" sind nach einem Gottesdienst vor zwei Wochen mindestens 40 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Die Zahl steigt rapide an: Am 24. Mai sind es 100 Corona-Fälle, verteilt über das ganze Rhein-Main-Gebiet, vier Tage später bereits über 200 Fälle.

Ansicht der Baptistenkirche in Frankfurt
Mehrere Mitglieder der Baptisten-Gemeinde haben sich nach einem Gottesdienst mit dem Coronavirus infiziert. Bild © picture-alliance/dpa

Juni

2. Juni: Kitas in Hessen öffnen wieder - aber nicht für alle. Manche Eltern jubeln, dass ihr Nachwuchs tagsüber zumindest zeitweise wieder versorgt ist. Für andere Berufstätige stellt der eingeschränkte Regelbetrieb nach wie vor eine Belastung dar, da er ihnen nicht weit genug geht.

Bobby-Cars, andere Spielautos und Gefährte für Kinder liegen angeschlossen vor einer Kita.
Bobby-Cars, andere Spielautos und Gefährte für Kinder liegen angeschlossen vor einer Kita. Bild © picture-alliance/dpa

9. Juni: Landesregierung plant Sondervermögen in Höhe von 12 Milliarden Euro. Lange war Hessen auf Sanierungskurs. Nun kündigt die Regierung an, in einem Extra-Etat ein gigantisches Schuldenprogramm zur Bekämpfung der Corona-Folgen aufzulegen. Mit den geplanten Corona-Schulden, die wohl noch andere Generationen abbezahlen müssen, sollen etwa wegfallende Steuereinnahmen ausgeglichen werden.

23. Juni: Heftiger Streit um Sondervermögen und Schuldenbremse. Kaum präsentiert, sorgt das geplante Sondervermögen schon für riesigen Ärger im Landtag. Die Landesregierung will das Gesetz zur Schuldenbremse ändern, damit eine einfache Mehrheit im Parlament genügt, um den milliardenschweren Corona-Sonderetat durchzusetzen. Die Opposition lehnt das ab und spricht von "einer Aushebelung von Parlamentsrechten".

Schild "Ferienwohnung" Affoldern
In Edertal (Waldeck-Frankenberg) wirbt ein Schild für Ferienwohnungen - aber nicht alle sind willkommen. Bild © picture-alliance/dpa

26. Juni: Beherbergungsverbot für Touristen aus Risikogebieten. Wer aus einem Risikogebiet nach Hessen reisen möchte und kein negatives Testergebnis vorweisen kann, darf künftig nicht mehr in Hotels übernachten.

Die Entwicklungen von Juli bis Dezember 2020 finden Sie in Kürze im Jahresrückblick, Teil 2.

Quelle: hessenschau.de