Collage aus verschiedenen Farbflächen und Fotos. Z.B. im Vordergrund ein strahlender, winkender Boris Rhein, umgeben von Frauen und Männern, umrahmt von Bildern von Nancy Faeser, Tarek Al Wazir, Christian Geselle und Sven Schöller.

Die Landtagswahl wirbelte die Zusammensetzung des Parlaments durcheinander. Zwei Ex-Oberbürgermeister sorgten für Gesprächsstoff. Gerichte korrigierten Regierungspolitik - ein Rückblick auf das politische Jahr 2023.

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Abgesang auf Schwarz-Grün nach zehn Jahren

Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Ministerpräsident Boris Rhein im Landtag in Wiesbaden
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Jahresrückblicke 2023

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Hessischer Jahresrückblick 2023: Politik

Januar

16. Januar: Den Rücktritt von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) aus Viernheim (Bergstraße) nehmen CDU und Grüne zum Anlass, gegen die letzte verbliebene hessische Bundesministerin Nancy Faeser (SPD, Inneres) zu schießen. Zu dem Zeitpunkt gilt Faeser bereits als voraussichtliche Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten bei der Hessen-Wahl.

26. Januar: Hessen bekommt erstmals ein Klimagesetz. Künftige Gesetze und Förderprogramme müssen sich am Klimaschutz messen lassen. Das verbindliche Ziel: Bis 2045 soll das Land klimaneutral sein.

Windräder

29. Januar: Mit dem Austritt von Claudia Papst-Dippel verliert die AfD-Fraktion im Landtag die einzige Frau. Es ist der fünfte Verlust seit der Wahl 2018, nun bleiben noch 14 Mitglieder.

Februar

3. Februar: Der SPD-Vorstand nominiert die Landesvorsitzende Nancy Faeser als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl. Sie bestätigt, dass sie im Falle einer Wahlniederlage Bundesinnenministerin bleiben möchte. Wegen der Doppelrolle hagelt es Kritik aus Bundes- und Landespolitik.

Nancy Faeser

3. Februar: Nach 50 Jahren Mitgliedschaft tritt Frankfurts Ex-Oberbürgermeister Peter Feldmann aus der SPD aus, weil sie gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern für seine Abwahl warb. Monate später wird er erst seinen Eintritt in die Linkspartei verkünden, lässt diesen Plan dann aber schnell wieder fallen.

16. Februar: Hessen muss bei seiner Polizei-Software nachbessern. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Vorgaben für den Einsatz der Software des US-Unternehmens Palantir.

16. Februar: Bei der Besoldung der Beamten hat die Koalition bereits auf ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs reagiert. Die schwarz-grüne Regierung beschließt jeweils drei Prozent mehr Geld zum 1. April sowie zum 1. Januar 2024.

Tarek Al-Wazir und Angela Dorn applaudieren nach der Wahl auf dem Landesparteitag.

25. Februar: Erstmals treten die hessischen Grünen mit einem eigenen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten zu einer Landtagswahl an. Der Parteitag in Wetzlar wählt den bisherigen Vize, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.

März

12. März: Paukenschlag bei der Oberbürgermeisterwahl in Kassel: Obwohl er im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten hat, verkündet Christian Geselle, nicht zur Stichwahl anzutreten. Der Wahlsieg geht an den verbleibenden Kandidaten Sven Schoeller (Grüne).

Oberbürgermeister Kassel Sven Schoeller im Rathaus

26. März: In Frankfurt setzt sich Mike Josef (SPD), ebenfalls in einer Stichwahl, knapp gegen Uwe Becker (CDU) durch und wird neuer Oberbürgermeister. Der bisherige Planungsdezernent tritt das Amt am 11. Mai an.

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Rückblick auf das Jahr mit dem neuen Frankfurter Oberbürgermeister Josef

Der neue Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) bekommt zu seiner Amtseinführung im Römer die goldene Amtskette umgehängt.
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April

2. April: Neuer Oberbürgermeister von Darmstadt wird Hanno Benz. Der Sozialdemokrat zieht in der Stichwahl mit 54,7 Prozent an Michael Kolmer von den Grünen vorbei. Sein Vater Peter Benz hatte den Chefposten im Rathaus bis 2005 inne.

Benz

Mai

8. Mai: Im Streit um die Verteilung von Geflüchteten auf die Kommunen verklagt der Main-Kinzig-Kreis das Land. Angesichts des Wohnungsmangels sei es nicht fair, dass der Kreis mehr Menschen aufnehmen müsse als Frankfurt und Offenbach zusammen. Auch andere Landkreise stoßen nach eigenen Angaben an ihre Grenzen. Das Thema bestimmt auch den Landtagswahlkampf im Spätsommer und Herbst.

Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Erlensee (Main-Kinzig-Kreis) aus grau-gelben Containern

Juni

27. Juni: Grundschullehrkräfte erhalten in Hessen künftig mehr Geld. Der Landtag beschließt, die Besoldung schrittweise von A12 auf A13 anzuheben.

29. Juni: Gegen die Stimmen der Opposition setzen CDU und Grüne im Landtag ein umstrittenes Sicherheitspaket durch. Polizei und Verfassungsschutz erhalten mehr Befugnisse, auch die Videoüberwachung wird erleichtert. Die Nutzung der Palantir-Software "Hessendata" hingegen wird eingeschränkt.

Juli

1. Juli: Der erste gewählte Kita-Landeselternbeirat nimmt seine Arbeit auf. Die 14 Mütter und Väter beraten das Sozialministerium zu Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder in den Einrichtungen. Wegen des komplizierten Wahlverfahrens haben jedoch nur zwei Prozent der rund 290.000 Wahlberechtigten abgestimmt.

3. Juli: Die Linke klagt gegen das neue Versammlungsrecht des Landes. Es schränke die Demonstrationsfreiheit ein, statt sie zu stärken. Ein Urteil des Staatsgerichtshofs steht noch aus.

7. Juli: Nach fast zehn gemeinsamen Jahren knirscht es unter Boris Rheins Führung zunehmend im Regierungslager. Im Hanau-Untersuchungsausschuss gehen die Grünen auf Distanz zu CDU-Innenminister Peter Beuth. Dass der sich nicht bei den Angehörigen entschuldigt und keine Fehler zugibt, stößt ihnen auf. Zuvor sorgte die Wärmewende für Koalitionskrach in Hessen.

13. Juli: Wäre der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zu verhindern gewesen? Diese Frage lässt der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses im Landtag offen. 55 Zeugen und Experten wurden angehört, 2.800 Akten zusammengetragen. Trotzdem gibt es kein gemeinsames Fazit: CDU und Grüne benennen zwar Fehler und strukturelle Mängel der Sicherheitsbehörden, klammern aber die Verantwortung des Innenministers aus. SPD und FDP, AfD sowie Linke schreiben eigene Stellungnahmen.

August

15. August: Der SPD-Abgeordnete Marius Weiß wird wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe verurteilt. Er soll für seine im Landtag beschäftigte Ehefrau seine Park-Plakette für das Landtagsgelände kopiert haben. Als Konsequenz gibt Weiß seinen Vorsitz im Hanau-Untersuchungsausschuss ab.

30. August: Nach einem jahrelangen Verfahren schließt die AfD den Heusenstammer Carsten Härle aus. Der Verfassungsschutz bescheinigt ihm ein "geschlossen rechtsextremes Weltbild".

September

14. September: Die Hessinnen und Hessen wählen bald einen neuen Landtag, und der letzte hr-Hessentrend vor der Wahl zeichnet ein eindeutiges Bild: CDU klar vorn, dahinter streiten Grüne, SPD und AfD um Platz zwei. Für die Linke wird es wohl nicht mehr reichen, die FDP muss kämpfen, die Freien Wähler bleiben trotz der Aufregung um Hubert Aiwanger vermutlich draußen.

Porträtfoto von Felix Schwenke

17. September: Felix Schwenke (SPD) wird als Oberbürgermeister von Offenbach wiedergewählt. Bereits im ersten Wahlgang erreicht er die absolute Mehrheit. Geholfen haben mag Schwenke, dass die Koalitionspartner Grüne und FDP keine Gegenkandidaten aufgestellt und ihn im Wahlkampf unterstützt haben.

27. September: Die Staatsanwaltschaft Gießen ermittelt gegen Bürgermeister Alexander Wright (Grüne). Es geht um mögliche Untreue rund um den umstrittenen Verkehrsversuch in der Stadt, den das Verwaltungsgericht als rechtswidrig eingestuft hat. Der Vorwurf: Wright habe das Ende des Versuchs hinausgezögert, wodurch der Rückbau teurer geworden sei.

30. September: Der Landtagswahlkampf, der diesen Namen bis dato nicht verdient, nimmt doch noch Fahrt auf: Die CDU beschwert sich über einen Wahlwerbespot der SPD, der eine Zusammenarbeit der Christdemokraten mit der AfD als möglich dargestellt. Ministerpräsident Rhein betont im Wahlkampf mehrmals, die Brandmauer stehe. SPD-Spitzenkandidatin Faeser lässt das Video löschen.

Oktober

Säulendiagramm

8. Oktober: Bei der Landtagswahl bekommen Grüne und SPD die Unzufriedenheit mit der Bundes-Ampel zu spüren, an deren viel diskutierter Migrationspolitik SPD-Spitzenkandidatin Faeser als Bundesinnenministerin direkt beteiligt ist. Beide Parteien fahren herbe Verluste ein, die mitregierenden Grünen werden nur viertstärkste Kraft. Klarer Wahlsieger ist die CDU, die 52 von 55 Direktmandaten holt. Die rechtspopulistische AfD erreicht mit ihrem Rekordergebnis von 18,4 Prozent Platz zwei. Die FDP muss am längsten zittern und schafft es mit 5,0 Prozent nur haarscharf in den Landtag. Die Linkspartei fliegt nach 15 Jahren aus dem Landesparlament.

9. Oktober: Da die AfD-Fraktion im kommenden Landtag wachsen wird, kann sie künftig im Alleingang Untersuchungsausschüsse einsetzen. Der erste soll sich dem Umgang mit der Corona-Pandemie widmen, wie die Partei bereits einen Tag nach der Wahl bekannt gibt. Ebenfalls bekannt wird, dass der künftige Abgeordnete Sascha Herr Kontakte zu Neonazis unterhält und ihn die Fraktion deswegen gar nicht erst aufnehmen will.

23. Oktober: Der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel löst auch in Hessen Entsetzen aus. In großer Einigkeit verurteilen die Abgeordneten des Landtags das Massaker, bei dem am 7. Oktober 1.200 Menschen starben und mehr als 200 Geiseln genommen wurden. Lediglich die Linkspartei enthält sich bei der Abstimmung über einen Antrag, der die stärkere Bekämpfung von Antisemitismus an Schulen, mehr Schutz für Jüdinnen und Juden in Hessen sowie Verbote Hamas-freundlicher Demonstrationen und Organisationen fordert.

Israel-Flagge vor dem hessischen Landtag in Wiesbaden

November

8. November: Die FDP bekommt erstmals eine Doppelspitze. Landtagswahl-Spitzenkandidat Stefan Naas und die bisherige Vize-Fraktionsvorsitzende Wiebke Knell übernehmen den Posten in der kommenden Legislaturperiode von René Rock. Dieser will sich zum Vizepräsidenten im Landtag nominieren lassen.

10. November: Nach zehn Jahren nahezu geräuschloser Zusammenarbeit kündigt die CDU die Koalition mit den Grünen auf. Stattdessen will sie in Hessen ab Januar mit der SPD regieren. Inhaltlich gebe es eine größere Schnittmenge, begründet Ministerpräsident Rhein die Entscheidung.

Boris Rhein (CDU) spricht bei der Pressekonferenz in Wiesbaden über eine geplante Koalition mit der SPD.

17. November: Knapp vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Hanau endet die politische Aufarbeitung im Untersuchungsausschuss des Landtags. Wider Erwarten setzt sich der heftige Streit über eine mögliche Mitschuld der Sicherheitsbehörden zum Ende nicht fort. Den Anschlag hätten die Behörden nicht verhindern können, lautet das Fazit des Berichts. Nur die Linke spricht von einem "Persilschein für die schwarz-grüne Innenpolitik". Den Angehörigen der Anschlagsopfer geht der Bericht ebenfalls nicht weit genug, sie fordern Konsequenzen.

22. November: Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Kunstministerin Angela Dorn, die beiden Grünen-Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl, geben bekannt, dass sie sich in die zweite Reihe zurückziehen wollen.

Dezember

1. Dezember: Überlegungen von CDU, SPD und FDP, die Zulagen für Spitzenpolitiker im Landtag zu erhöhen, lassen die Grünen schon vorzeitig auf die Seite der Opposition wechseln. Ihr öffentlicher Protest hat Erfolg, die Pläne werden fallen gelassen.

13. Dezember: Der Staatsgerichtshof kippt das Gesetz zur Gründung der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS) aus dem Jahr 2021. Die Hochschule für Landesbedienstete in Polizei und Verwaltung verstoße in ihrer derzeitigen Form gegen die Verfassung. Die Verfassungshüter stören sich daran, dass der Innenminister den Hochschulpräsidenten einfach absetzen kann. Pikant: Geklagt hat neben der FDP die SPD, die die Änderungen in der neuen Landesregierung selbst umsetzen muss.

Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD

13. Dezember: Mehr als zwei Monate nach der Landtagswahl einigen sich CDU und SPD auf einen Koalitionsvertrag. Acht Ministerposten sollen an die CDU gehen, drei an die SPD. Die wichtigsten Vorhaben stehen fest, die Personalfrage will Ministerpräsident Rhein allerdings erst im Januar klären.

22. Dezember: Der Raunheimer Bürgermeister David Rendel (SPD) wollte verhindern, dass ein städtischer Mitarbeiter hohe Provisionen zurückzahlen muss. Das Verwaltungsgericht Darmstadt verfügt nun, dass er den Weg dafür frei machen muss. Die Kommunalaufsicht des Kreises hält die zusätzlichen Zahlungen in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro für nicht rechtens. Rendel findet weiterhin, die Provisionen hätten sich für die Stadt gelohnt, will aber dem Urteil folgen.

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